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Pusteblume

Pusteblume

Titel: Pusteblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Idioten.« Tara schauderte. »Ihr seid so unglaublich bescheuert.«
    JaneAnn packte Tara mit eisernem Griff am Arm. »Hör sofort mit dem Unsinn auf, Tara Butler«, sagte sie streng. »Er ist noch nicht tot.«
    Die Behandlung fing am selben Morgen an. Er sollte im Krankenhaus bleiben und sich fünf Tage lang einer konzentrierten Chemotherapie unterziehen. Alle mußten gehen.
    »Aber ich bin seine Mutter«, sagte JaneAnn. Sie bot allerdings nur schwachen Widerstand. »Ich müßte doch bleiben können.«
    »Komm schon, Mam«, sagte Milo und führte sie zur Tür. »Du kannst ihn heute abend besuchen.«
    Sie gingen ihrer Wege – JaneAnn, Milo, Timothy, Liv, Tara, Katherine und Sandro. Sie, die während des Wartens unzertrennlich gewesen waren, wurden von der Nachricht, die wie eine Bombe eingeschlagen hatte, in alle Richtungen zerstreut.
    Es entstand eine peinliche Fremdheit zwischen ihnen, jeder war böse auf sich selbst und böse auf die anderen. Was hatte ihre positiv gestimmte, hoffnungsvolle Anteilnahme bewirkt? Warum hatten sie sich gegenseitig und Fintan Mut gemacht und immer das Beste gehofft? Ihre ganzen Bemühungen waren nutzlos gewesen, von Anfang an.
    Es hatte keinen Sinn mehr, als menschliche Amulette an seinem Bett zu sitzen, um die Katastrophe abzuwehren. Sein Schicksal bestimmten nun die starken Medikamente, die chemischen Substanzen, die so gefährlich waren, daß die Krankenschwestern bei der Behandlung Schutzkleidung tragen mußten, und die so heftige Nebenwirkungen hatten, daß Fintan manchmal lieber sterben wollte, als die Behandlung zu ertragen.
    Jeder mußte für sich einen Weg finden, mit den schwierigen Gefühlen zurechtzukommen. JaneAnn wurde Dauerbesucherin in St. Dominic und führte Verhandlungen mit Gott, in denen sie sich erbot, Fintans Platz einzunehmen, wenn schon einer sterben mußte. Timothy ging zu Katherine in die Wohnung, wo er den ganzen Tag fernsah, eine Zigarette nach der anderen rauchte und seine Stiefel überall verteilte. Milo ging stundenlang spazieren, dann zu Harvey Nichols, ins Museum of Mankind und ins Victoria and Albert Museum und klapperte verschiedene Touristenattraktionen ab. Die anderen gingen zur Arbeit. Während sie bei Fintan Wache gehalten hatten, war es äußerst wichtig gewesen, die Arbeit zu vernachlässigen, aber das Schlimmste war jetzt eingetreten. Und statt daß ihre Arbeit dadurch noch mehr in den Hintergrund geriet, war es plötzlich lebenswichtig, dort wieder die Kontrolle zu übernehmen.
    Es war ein klarer, kalter Oktobermorgen mit blauem Himmel, und als Katherine aus dem Krankenhaus kam und im Taxi die Fulham Road entlangfuhr, sah sie eine Frau ihres Alters, die unbeschwert ihrer Wege ging und einen Einkaufsbeutel schwenkte. Die Frau sah nicht unbedingt sehr glücklich aus, sie schien nur frei von Sorgen und schweren Gedanken. Wie gern hätte Katherine mit ihr getauscht. Auch sie hatte Zeiten gekannt, in denen sie unbekümmert ihren Einkaufsbeutel hin und her geschwenkt hatte. Wie oft war sie so durch die Straßen gelaufen, und nie hatte sie das glückselige Gefühl genossen, die reine Lebensfreude, frei von dem Druck eines Alptraums.
    Als sie ins Büro kam, war sie überrascht, wie geschäftig alle waren. Jeder hatte zu tun. Wie Außerirdische kamen sie ihr vor, die ihren Schwänzen hinterherjagten. Sie war an den Rand des Lebens katapultiert worden, wo alles verzerrt, verdreht und fremd war.
Was für eine Bedeutung konnte das hier schon haben!
    Die Kollegen nickten ihr zu, als sie wie in Trance zu ihrem Schreibtisch ging. Und dann stand sie davor und mußte sich erst vergewissern, daß es wirklich ihrer war. Sie fühlte sich wie in Watte, alle ihre Gedanken und Reaktionen schienen ihr unwirklich und fern.
    Noch bevor sie sich gesetzt hatte, suchten ihre Augen Joe Roth. Eigentlich wollte sie das nicht, aber sie hatte nicht dieselbe Willenskraft wie sonst, um es sich zu verbieten.
    Er saß zurückgelehnt auf seinem Stuhl, telefonierte und drehte einen Bleistift zwischen seinen langen, schönen Fingern. Der Hörer lag an seiner hageren, glattrasierten Wange.
    Sie wollte ihn. Das war der einzige glasklare Gedanke in einer verschwommenen, unerreichbaren Welt. Wie ein Leuchtfeuer im Nebel. Sie begehrte Joe Roth leidenschaftlich, heftig. Unangemessenerweise. Und wieder einmal dachte sie: Wie kann ich nur? Sie verstand sich selbst nicht.
    Der Grund für die hektische Betriebsamkeit war, so stellte sich heraus, die Nachricht, daß der Auftrag von

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