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Pusteblume

Pusteblume

Titel: Pusteblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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nahm weder ihre Hand noch ihren Ellbogen, um sie zu führen. Aber er ging nah neben ihr und schuf ein sicheres Kräftefeld um sie herum. Er war so freundlich wie damals, als er im Büro immer zu ihr gekommen war, aber sie betrachtete das nicht mehr als Grund, grausam und abweisend zu sein.
    Das Stadion war riesig. Nachdem sie den Eingang passiert hatten, gingen sie auf einen kleinen Drink in die Bar. Dann brauchten sie fast zehn Minuten, um im Gedränge mit Hunderten von Fans auf schmalen Gängen und über Treppen in die kalte Novemberluft zu gelangen, wo ihnen kräftiges Singen aus nah und fern entgegenschallte.
    Die Plätze waren numeriert, und eine enorme Überdachung bot Schutz vor schlechtem Wetter. Alles war sehr zivilisiert und gar nicht vergleichbar mit der Vorstellung, die Katherine sich ursprünglich gemacht hatte. Sie hatte gedacht, man würde auf einem Stehplatz auf den Rängen im Regen stehen, dabei versuchen, über die Köpfe vor einem zu sehen, und ständig die Ellbogen der anderen in die Rippen bekommen.
    Und es waren Frauen da, viele Frauen. Sie war keineswegs eine Ausnahme. Joe und sie gingen durch eine Reihe mit Plastiksitzen nach der anderen und dann viele Stufen hinunter, bis sie ihre Plätze gefunden hatten. Sie setzten sich, die Sitze waren eng nebeneinander, ihre Oberschenkel berührten sich fast, ihre Arme waren aneinandergedrückt, Joes große schwarze Schulter überragte Katherines schmale blaue. Sie war erstaunt, wie viele Menschen da waren.
Tausende.
Unter ihr reihenweise Köpfe, bis zum Spielfeldrand. Sie drehte sich um und sah eine endlose Menge von Oberkörpern, die eine fast senkrecht ansteigende Fläche bis zu der Metallüberdachung bildeten. Dann beugte sie sich vor: meterweise Knie in beide Richtungen. Auch die anderen drei Ränge waren voller Zuschauer. In der Ferne sah das Gewimmel der Menschen wie rote Seealgen im Wasser aus. Es war ehrfurchtgebietend.
    Das Klatschen und Stampfen hallte von dem Metalldach wider und füllte das Stadion mit einem ohrenbetäubenden, irgendwie urzeitlichen Lärm. Mächtig und machohaft. Ihr Herz klopfte im Rhythmus mit dem donnernden Stampfen. Sie spürte die Vibrationen in ihrem Körper.
    Joe beugte sich zu ihr und sagte: »Alles in Ordnung?«
    »Alles in Ordnung.« Sie nickte zu ihm hinauf, mit einer winzigen Andeutung von einem Lächeln.
    »Ist Ihnen warm genug?«
    Sie nickte wieder.
    »Können Sie sehen?«
    Noch ein Nicken.
    »Nicht, daß es jetzt schon was zu sehen gäbe«, fügte er hinzu.
    Nach einer kurzen Pause fragte er: »Möchten Sie einen Hamburger? Oder das Programm haben?«
    Joe war plötzlich von Panik ergriffen, daß Katherine vielleicht nicht so begeistert von dieser Verabredung war wie er.
    Seine Sorge gefiel ihr, und sie sagte: »Ich hatte nicht gedacht, daß es so…«
    Er betrachtete sie erwartungsvoll. »So…?«
    »So aufregend sein würde.«
    Dankbarkeit und Freude durchströmten ihn. Er hatte recht, er hatte von Anfang an recht gehabt mit ihr! In ihr loderte ein unerkanntes Feuer, und eine Leidenschaft schlummerte unter dem kühlen Äußeren.
    »Wenn Sie das hier schon aufregend finden«, sagte er und grinste, »dann machen Sie sich auf was gefaßt.«
    Befremdet riß sie die Augen auf. Wie vermessen von ihm!
    »Wenn das Spiel angefangen hat«, stammelte er.
    Um sie herum fingen die Menschen an zu singen.
    »My old man
    Said, ›Be an Everton fan‹,
    I said, ›Fuck off, bollocks, you’re a…‹«
    Zum Glück stimmte Joe nicht mit ein. Sie war sich nicht ganz sicher, wie sie das aufgenommen hätte. Aber die rohe Kraft war unmittelbar, überschäumend, sehr männlich und sehr sexy.
    »Sind Sie schon lange Fußballfan?« fragte sie schüchtern.
    »Oh, ja. Lange bevor Nick Hornby Fußball für die Mittelschicht akzeptabel gemacht hat. Ich bin seit meinem vierten Lebensjahr ein treuer Fan von Torquay United.«
    Mit einem Gefühl der Sehnsucht stellte Katherine sich Joe als vierjährigen Jungen vor. »Ist Torquay United ein guter Verein?«
    »Himmel, nein.« Er schüttelte heftig den Kopf und grinste. »Sie sind … wie soll ich sagen? Sie haben nicht den rechten Erfolg. Beziehungsweise sie haben nicht die rechten Talente. Sie sind in der dritten Liga.«
    »Warum unterstützen Sie sie dann? Weil Sie sich auf die Seite der Schwächeren schlagen wollen?«
    Wieder schüttelte er den Kopf. »Nein, es hat damit zu tun, wo man zur Welt kommt und wo man aufwächst. Ich bin aus Torquay, ich habe also keine Wahl.«
    »Kismet.« Sie

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