Pusteblume
hastig. »Nur noch ein paar Stiefel. Und ein bißchen Schmuck und Make-up. Oh, und Unterwäsche, aber die ist bestimmt nicht das Richtige für mich – bei den anderen Sachen kann man ja noch streiten, aber das war ein riesiger Fehler.«
»Stie-hie-fel!« Taras Kopf war unter dem Bett verschwunden, so daß ihre Stimme gedämpft, aber dennoch ekstatisch darunter hervorklang.
Katherine entnahm daraus, daß Tara die Prada-Stiefel gefunden hatte. »Komm wieder hoch.«
Tara kroch unter dem Bett hervor. »Deswegen bist du am Donnerstag erst um neun bei Fintan gewesen. Du warst einkaufen!«
Ehrfurchtsvoll faltete sie die Jacke auf. »O Gott, ich kann es nicht fassen«, rief sie aus, als sie den Namen sah. »Dolce and Gab –«
»Laß uns lieber nicht darüber sprechen«, unterbrach Katherine sie. »Unerträgliche Schuldgefühle, du weißt schon.«
Tara war erleichtert. Katherine hatte ganz entgegen ihrem Wesen ein Vermögen für unpraktische und teure Sachen ausgegeben, aber wenigstens war sie so anständig, schreckliche Gewissensbisse zu haben.
Endlich war Katherine fertig. Sie trug den neuen Pullover, die Jacke, Stiefel, Ohrringe, Tangahöschen, einen Spitzen-BH, Lippenstift, Lidschatten und einen Tropfen Boudoir an ihrem Hals und auf ihrem kleinen Dekolleté. Dann gestattete sie, daß Tara ihre Haare zu Zöpfen flocht.
»Du siehst aus wie vierzehn«, sagte Tara. »Gehe hin und sündige, mein Kind.«
»Darauf kannst du dich verlassen.«
»Wirklich? Bei der ersten Verabredung?«
»Man soll das Leben in vollen Zügen leben«, sagte Katherine spitz. »Morgen sind wir vielleicht schon tot.«
Sie schien davon tatsächlich überzeugt, und in Tara kam wieder die Angst hoch. Sie konnte darauf verzichten, daß Katherine diese merkwürdigen Dinge sagte.
Als sie aus dem Haus traten, sah Tara sich vorsichtig um.
»Nach wem hältst du Ausschau?«
»Nach Ravi. Es würde mich nicht überraschen, wenn er dir auflauert und einen überbrät und sich dann mit deinen Sachen als du verkleidet, um ins Stadion zu kommen.«
»So begehrt sind die?« sagte Katherine zufrieden.
Fintan war auch zu der großen Vorbereitungszeremonie bei Katherine eingeladen worden, hatte aber schroff abgelehnt. In der Hoffnung, ihn aufheitern zu können, beschlossen Tara und Katherine, ihm die Früchte ihrer Bemühungen vorzuführen, bevor Katherine sich mit Joe traf.
Sandro kam zur Tür, blaß und besorgt und ganz der Leidgeprüfte. Ohne ein Wort, mit zusammengepreßten Lippen deutete er auf das Wohnzimmer.
Fintan lag auf dem Sofa. Er trug eine Afro-LookDiana-Ross-Perücke. Der erste Anblick seines abgemagerten, grauen Gesichts war immer ein Schock. Obwohl man sein Erscheinungsbild mit den Auswirkungen der Chemotherapie und dem Rückgang der weißen Blutkörperchen erklären konnte, war es unmöglich, nicht im ersten Moment zu denken, man starre dem Tod ins Gesicht. Aber sie überwanden den Schreck – schließlich hatte man ihnen erklärt, daß es Fintan schlechtergehen würde, bevor Besserung eintreten konnte.
»Wie geht es dir?« fragte Tara.
»Beschissen!« erklärte er.
»Aber nicht schlechter?« fragte Katherine.
»Nein«, gestand er unwillig ein.
Noch vor zwei Wochen hatten sie jedesmal eine halbe Stunde darauf verwandt, seinen Gesundheitszustand zu erörtern, aber da sie sich versichert hatten, daß es keine neuen Tumore oder Schwellungen gab, keine unerklärlichen Schmerzen, schien alles fast normal. »Hast du es bequem?« frage Tara, worauf die Anspannung stieg.
»Nein. Ich sitze auf den blanken Knochen.«
»Wie er wieder angibt. Bist du soweit, Katherine?« Sie nickte, und Tara verkündete: »Trara, trara! Und hier kommt Katherine Casey, Überbaby, Sex-Mieze und JoeRoth-Fan. Dieses Mädel hat sich was vorgenommen, überzeugen Sie sich selbst.«
Katherine kam in den Raum gesprungen und vollführte einen kleinen Tanz, sie präsentierte ihre neuen Kleider, knöpfte die Jacke auf und reckte ihre mageren Hüften hierhin und dorthin. »Tanzen konntest du noch nie«, sagte Fintan, worauf Katherine gekränkt und stumm stehenblieb.
In dem Moment bemerkte Tara eine Dose Bier auf dem Couchtisch. Die Angst sprang sie an, ihr wurde kalt. Ihre Augen begegneten Katherines, die die Dose auch bemerkt hatte.
»Heute hat Katherine ihre Verabredung mit Joe Roth.« Unwillkürlich verfiel Tara in die langsame und deutliche Art zu sprechen, wie man es bei Verrückten oder Geisteskranken tat. »Meinetwegen braucht sie es nicht zu tun«, sagte Fintan
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