Pusteblume
gutmütig.
»Ich habe sie nicht gekauft. Sie war hier. Wieso siehst du sie nicht?« beschwerte sich Tara. »Als ich ins Zimmer kam, fing die Tüte wie ein Leuchtfeuer an zu blinken. Sie hat meine Aufmerksamkeit sofort auf sich gezogen. Sie ist vor mir auf und ab stolziert. Mit lüsternen Blicken. Und sie hätte sich glatt ausgezogen, wenn sie etwas angehabt hätte…«
Katherine lachte, und Tara fiel undeutlich auf, daß Katherine ungewöhnlich gut aussah.
»Ich habe die Wolle für Thomas’ Pullover gekauft«, verkündete sie.
»Große Neuigkeiten.«
»Das kann man wohl sagen. Es bedeutet, daß ich mein Leben in die Hand nehme. Stricken, Diät halten und sparen. Das neue Ich.« Tara vergaß für einen Augenblick die Schuhe, die seit knapp fünfunddreißig Minuten in ihrem Besitz waren und auf dem Rücksitz ihres Autos alle Vorsätze Lügen straften. »Und wo warst du heute? Ich habe um halb vier angerufen, und du warst immer noch beim Lunch.«
Katherine antwortete nicht.
»Wo warst du?« wiederholte Tara.
»Hmmmm? Wie bitte?« fragte Katherine verträumt.
Was zum Teufel ist mit ihr los? wunderte Tara sich. Irgend etwas war verändert. Ein Leuchten stand in Katherines Augen, ein Lächeln lag um ihren Mund. Eine gewisse Erregung ging von ihr aus. »Dein ausgedehnter Lunch – wo warst du…?« Tara zögerte einen Moment und sagte dann: »Hörst du mir auch zu?«
»Ja«, sagte Katherine, allerdings wenig überzeugend.
Tara musterte sie genau. Katherines Haut war von einem rosa Hauch überzogen, eher pfirsichfarben, und sie sah aus, als hütete sie ein süßes Geheimnis. »Du hast doch nicht … hast du etwa … du hast mit jemandem geschlafen, oder?« fragte Tara.
»Nein!«
»Na, irgendwas tut dir gut. Bist du scharf auf jemanden?«
»Nein.«
»Ist jemand scharf auf dich?«
»Nein«, sagte Katherine, aber Tara bemerkte ihr winziges Zögern.
»Aha«, sang sie. »Ahaaa. Jemand ist hinter dir her. Wer ist es? Erzähl!«
»Es gibt nichts zu erzählen«, sagte Katherine kühl.
Tara war ganz aufgeregt. Sie war froh, daß wenigstens eine von ihnen etwas Schönes erlebte. »Ich wette, er ist großartig«, sagte Tara begeistert. »Deine Typen sind immer großartig.«
Katherines Freunde – wenn sie einen Freund hatte, was selten genug vorkam – waren immer außergewöhnlich attraktiv. Scharfe Typen. Umwerfend gutaussehend. Für Tara unerreichbar. Es dauerte zwar nie lange, aber trotzdem.
»Es muß jemand im Büro sein«, überlegte Tara. »Wo würdest du sonst einen Mann kennenlernen?«
»Was du machst, gehört sich nicht«, sagte Katherine.
»Was hast du denn? Warum solltest du nicht auf jemanden scharf sein?«
»Ich bin auf keinen scharf.«
»Na gut, warum sollte nicht jemand scharf auf dich sein?«
Katherine erwiderte nichts. Aber das Leuchten in ihrem Gesicht war erloschen, ihre Miene eisig.
»Katherine«, sagte Tara sanft. »Ich weiß, wir haben uns manchmal darüber gestritten, aber es ist schön, verliebt zu sein, es ist eine gute Sache. Ich weiß, daß du die Kontrolle nicht verlieren willst, und ich weiß, daß du nicht gern verletzbar bist, aber manchmal muß man sich auf etwas einlassen.«
»Beziehungen sind ein einziges Elend, von Anfang bis Ende«, sagte Katherine kühl.
»Das stimmt nicht«, widersprach Tara energisch, und wollte fortfahren: »Sieh dir doch Thomas und mich an, bei uns gibt es kein Elend«, aber dann vermochte sie es nicht.
»Ich bin vollkommen glücklich allein«, sagte Katherine mit versteinertem Gesicht. »Allein sein heißt nicht gleichzeitig einsam sein.«
»Du kannst dich nicht auf ewig raushalten«, sagte Tara erregt. »Verliebt zu sein gehört zum menschlichen Schicksal. Ohne das lebst du dein Leben nur halb. Jeder braucht einen Partner, das ist ein grundlegendes menschliches Bedürfnis.«
Als Katherine keine Miene verzog, sagte Tara noch: »In Beziehungen gibt es nicht nur Schmerz.« Katherine schien noch unnachgiebiger in ihrer Haltung als beim letzten Mal, als sie darüber gestritten hatten.
»In Beziehungen gibt es nicht nur Schmerz, ja?« sagte Katherine. »Du bist wohl kaum in einer Position, das zu sagen. Guck doch mal, wie kreuzunglücklich du mit diesem Mistkerl Thomas bist.«
»Ich bin nicht kreuzunglücklich«, behauptete Tara steif und fest.
Trotz ihrer Verärgerung bemerkte Katherine, daß Tara nicht geleugnet hatte, daß Thomas ein Mistkerl war. »Na gut, wenn du glücklich bist, dann geht es mir gut, so wie ich bin«, sagte sie zu
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