Pyramiden
machen.«
»Eine ziemlich üble Angelegenheit«, entgegnete IIb betont ernst. »Ich weiß, wie das ist. Ich hatte mal eine Warze, und sie wollte einfach nicht verschwinden.«
Teppic ging vor dem gesplitterten Schlußstein in die Hocke.
»Dieses Ding …«, brummte er. »Was hat es damit auf sich? Ich meine, es ist mit Metall überzogen. Warum?«
»Die Spitze der Pyramide muß aus Metall bestehen, damit sie sich entladen kann«, erklärte IIb.
»Ach?« erwiderte Teppic. Es klang fast enttäuscht. »Mehr steckt nicht dahinter? Handelt es sich um Gold?«
»Um Elektrum. Eine Legierung aus Gold und Silber. Der Schlußstein muß aus Elektrum bestehen.«
Teppic kratzte an dem Stein. Hauchdünne Metallfladen lösten sich.
»Hm«, machte er und sah den Baumeister an.
»Tja, äh, wissen Sie«, sagte Ptaclusp, »er muß nicht unbedingt massiv sein. Äh, Folie genügt.«
»Könnten Sie nicht etwas Billigeres verwenden? Zum Beispiel Stahl?«
Ptaclusp schnaubte abfällig. Er hatte keinen besonders guten Tag hinter sich. Vernunft und Rationalität waren nur mehr Erinnerungen. Aber einige Fakten blieben Fakten.
»Stahl taugt nichts«, sagte er. »Würde nur ein oder zwei Jahre lang halten. Denken Sie an den Tau und so. Rost leitet keine temporale Energie. Es wären höchstens zwei- oder dreihundert Entladungen möglich.«
Teppic stützte den Kopf an die Pyramide und spürte das Vibrieren der kalten Wand. Irgendwo surrte etwas, und hinzu kam ein lauter werdendes Schrillen, das man nicht in dem Sinne hören, sondern eher fühlen konnte.
Die Große Pyramide wuchs gen Himmel. IIb hätte Teppic darauf hinweisen können, daß dieser Effekt auf die um exakt sechsundfünfzig Grad geneigten Mauern zurückging. Der Umstand, daß sich die Pyramide nach oben hin verjüngte, verstärkte diesen Eindruck. IIb wäre vermutlich bereit gewesen, Fachbegriffe wie Perspektive und virtuelle Höhe zu verwenden.
Der schwarze Marmor war so glatt wie Glas – die Steinmetze hatten gute Arbeit geleistet. Der junge Pharao beobachtete die dünnen Spalten zwischen den einzelnen Blöcken, gerade breit genug, um ein Messer hineinzuschieben. Gerade breit genug …
»Genügt eine Entladung?« fragte Teppic.
Koomi knabberte geistesabwesend an den Fingernägeln. »Feuer«, sagte er, »Feuer ist bestimmt wirkungsvoll. Die trockenen Binden brennen wie Zunder. Oder Wasser. In Wasser lösen sie sich einfach auf.«
»Einige von ihnen haben Pyramiden zerstört«, wandte der Hohepriester Jufs des Kobraköpfigen Gottes Aller Papyrusrollen ein.
»Warum sind Tote so verärgert und wütend, wenn sie aus dem Jenseits zurückkehren?« fragte ein anderer Priester.
Koomis Verwirrung nahm zu, als er die heranmarschierende Mumien-Armee beobachtete.
»Wo ist Dios?« erkundigte er sich.
Man schob den alten Hohenpriester nach vorn.
»Was soll ich ihnen sagen?« fragte Koomi.
Man kann nicht gerade behaupten, daß Dios lächelte. Er hielt es nur selten für erforderlich, amüsiert zu schmunzeln; seine Mimik war einfach nicht daran gewöhnt. Aber diesmal zuckten seine Lippen kurz, und einige Falten fraßen sich tiefer in die Augenwinkel.
»Sie könnten ihnen sagen, daß eine neue Epoche begonnen hat, die neue Männer erfordert«, antwortete er. »Sie könnten ihnen sagen, daß die Stunde für junge, einfallsreiche Leute geschlagen hat. Sie könnten ihnen sagen, daß sie zu alt und aus der Mode gekommen sind. Ja, das alles könnten Sie ihnen sagen.«
»Sie brächten mich auf der Stelle um.«
»Ich bezweifle, ob die auferstandenen Toten solchen Wert auf Ihre ewige Gesellschaft legen.«
»Sie sind noch immer der höchste Hohepriester.«
»Möchten Sie wirklich darauf verzichten, mit ihnen zu sprechen?« fragte Dios. »Vergessen Sie nicht, die Mumien darauf hinzuweisen, daß man sie ohne Gnade ins Jahrhundert der Kobra zerren wird.« Er reichte Koomi seinen Amtsstab. »Vorausgesetzt, dies ist das Jahrhundert der Kobra.«
Koomi fühlte die Blicke der priesterlichen Brüder und Schwestern auf sich ruhen. Er hüstelte, rückte seinen Umhang zurecht und wandte sich den Toten zu.
Die Mumien murmelten und brummten ein ganz bestimmtes Wort. Koomi konnte es nicht verstehen, aber es schien der Grund für den Zorn der zurückgekehrten Ahnen zu sein.
Er hob den Stab, und im dunkler werdenden Zwielicht wirkten die geschnitzten Schlangen seltsam lebendig.
Die Götter der Scheibenwelt – und hier sind die wahren Götter gemeint, die über dem religiösen Glauben stehen,
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