Qiu Xiaolong
Einzelheiten.«
»Dann waren Sie also ziemlich oft zusammen?«
»Nein, nur zweimal, wenn Sie das meinen. Tagsüber war ich beschäftigt, ich mußte den Ansprüchen aller Reisenden gerecht werden. Es waren ungefähr zwanzig Personen in der Gruppe. Außerdem konnte er nur abends zu mir kommen, nachdem Guan schon eingeschlafen war.«
»Und wie war er im Bett.’’«
»Was meinen Sie damit?«
»Na ja, sexuell.«
»Wollen Sie das wirklich wissen.’«
»Ja, Einzelheiten können in einem Fall wie diesem von entscheidender Bedeutung sein.«
»Soweit ich das beurteilen kann, war er nur durchschnittlich und ich auch.«
»Können Sie das ein bißchen präzisieren?«
»Präzisieren? Also gut, ich will, daß es ein Mann so lange mit mir macht, bis ich völlig fertig bin. Er war zufällig so einer. Bum, bum, bum, bis zum Ende der Welt.«
»Hatte er irgendwelche perversen Vorlieben?«
»Nein, er wollte immer, daß ich auf dem Rücken liege, und ich mußte mir ein Kissen unter die Hüften legen und die Beine breit machen. Scharf, aber nichts Abartiges.« In sarkastischem Ton setzte sie nach: »Wir hätten im Massageraum bleiben sollen, da könnte ich Ihnen das zu Ihrer vollsten Zufriedenheit demonstrieren.«
»Nein«, sagte Chen, »das interessiert mich nicht. Ich bin Polizeibeamter, deshalb muß ich Ihnen diese Fragen stellen. Tut mir leid.«
»Nein, das braucht Ihnen nicht leid zu tun. Wer bin ich schon? Ein kleines mieses Massagemädchen. Ein hochrangiger Polizeibeamter kann doch alles mit mir machen.«
»Eine andere Frage«, sagte er, weil er merkte, daß ihre Stimme wieder leicht hysterisch wurde. »Wie kam es zu dem Streit zwischen Ihnen und Guan?«
»Sie muß etwas herausbekommen haben. Wu ist mehr als einmal in mein Zimmer gekommen. Vielleicht hat sie auch ein Polaroidfoto von mir gesehen.«
»Wann kam es zu dem Streit?«
»Zwei oder drei Tage nach der Fotositzung. Ich war allein in meinem Zimmer und ruhte mich aus, als sie hereinstürmte. Sie schrie mich an, ich würde mit ihrem Mann schlafen. Aber sie war ja nicht seine Frau. Das hatte Wu mir gesagt. Sie saß im Glashaus und warf mit Steinen.«
»Was haben Sie zu ihr gesagt?«
»Ich habe gesagt: ›Fassen Sie sich lieber an die eigene Nase!‹ Da fiel sie über mich her wie eine Tigerin. Eine wahre Furie! Sie kreischte und kratzte mich mit sämtlichen Fingern.«
»Kamen die Leute vom Sicherheitsdienst des Hotels?«
»Nein, aber Wu kam. Er ergriff ihre Partei und versuchte so gut wie möglich, sie zu beruhigen. Für mich hatte er nicht ein einziges nettes Wort übrig, er behandelte mich wie einen alten Putzlumpen, den man in die Ecke wirft. Sie war völlig ausgerastet und schrie und kreischte auch ihn an.«
»Erinnern Sie sich noch an das, was sie sagte?«
»Nein, ich war völlig fertig. Selbst heute noch, wenn ich daran denke … Geben Sie mir eine Zigarette.«
Sie verdrehte die Augen, die sie wegen des Rauchs halb geschlossen hatte.
Er beobachtete sie abwartend durch den Rauch hindurch.
»Was wollte sie von ihm?« fragte er.
»Er sollte nett zu ihr sein – so, als wäre er tatsächlich ihr Ehemann, glaube ich. Völlig zusammenhangloses Zeug. Sie zeterte wie eine eifersüchtige Frau, die ihren untreuen Mann auf frischer Tat ertappt.«
»Lassen Sie mich Ihnen noch eine Frage stellen«, sagte er. »War die Auseinandersetzung der Grund dafür, daß Sie Ihren Job bei dem Reiseveranstalter aufgegeben haben?«
»Nein, eigentlich nicht. Das passierte ja hinter verschlossenen Türen. Selbst wenn jemand etwas mitbekommen hätte – das ging niemanden etwas an. Guan drohte zwar damit, sich an meinen Chef zu wenden, aber unternommen hat sie nichts.«
»Das hätte sie bei ihrer Stellung auch gar nicht gekonnt«, sagte er.
Ihre Serviette fiel auf den Boden. Höflich bückte er sich, um sie ihr aufzuheben. Unter dem Tisch sah er ihre nackten Füße, wie abgeschnitten durch das weiße Tischtuch.
»Danke«, sagte sie und wischte sich mit der Serviette die Lippen ab. »Ich glaube, das ist alles, an was ich mich erinnern kann, Genosse Oberinspektor.«
»Danke, Xie Rong. Sie haben uns wichtige Informationen geliefert.«
Die Rechnung war höher, als Oberinspektor Chen erwartet hatte, aber Xies Informationen waren es wert. Die Kellnerin geleitete sie hinaus und hielt ihnen die Tür auf.
Schweigend machten sie sich auf den Weg zurück zu Xies Wohnung. Sie sprach wenig, bis das Haus, in dem sie wohnte, in Sicht kam.
»Eigentlich haben Sie doch noch nicht
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