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Qiu Xiaolong

Qiu Xiaolong

Titel: Qiu Xiaolong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tod einer roten Heldin
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Gremium, das über die Beförderung oder Herabstufung eines Kaders entschied. Vor einer Woche hätte Oberinspektor Chen gesagt, daß er sich in seinem Dienst am Volk auf dem Weg nach oben befände.
    Jetzt war er sich da nicht mehr sicher.

 
    26
     
    ALS OBERINSPEKTOR CHEN wieder im Präsidium eintraf, war es nach zwölf.
    Parteisekretär Li war immer noch nicht da. Hauptwachtmeister Yu auch nicht. Chens Telefon läutete ohne Unterlaß. Der erste Anruf kam aus der Zentrale in Peking. Es ging um einen vor langer Zeit gelösten Fall. Chen war völlig schleierhaft, wieso Oberinspektor Qiao Daxing, mit dem er damals zusammengearbeitet hatte, sich mit ihm darüber unterhalten mußte. Qiao verbrachte das zwanzigminütige Ferngespräch damit, daß er nichts Neues oder Wichtiges erwähnte, und sagte schließlich, daß er sich freue, Chen in Peking zu sehen und ihn in der Wangfujing Lu zu gerösteter Peking-Ente einzuladen.
    Auch der zweite Anruf war eine Überraschung. Er kam von der Wenhui-Zeitung, nicht von Wang Feng, sondern von einem Redakteur, den er kaum kannte. Eine Leserin hatte der Zeitung geschrieben und den Redakteur gebeten, dem Dichter ihren Dank für die realistische Darstellung nüchterner Polizeiarbeit zu übermitteln.
    Der Anruf, mit dem er am wenigsten gerechnet hatte, kam vom Alten Jäger, dem Vater des Kriminalbeamten Yu.
    »Sie erkennen meine Stimme, Oberinspektor Chen. Ich weiß, daß Sie sehr beschäftigt sind, aber ich möchte etwas mit Ihnen besprechen. Guangming, dieser Halunke, bringt mich noch ins Grab.«
    »Was? Guangming? Er ist doch der bravste Sohn unter der Sonne!«
    »Also, wenn Sie mir eine halbe Stunde Ihrer kostbaren Zeit gewähren können, erzähle ich Ihnen genau, worum es geht. Sicher essen Sie jetzt wieder Ihr Mittagessen aus der Dose. Das taugt nichts. Kommen Sie doch zum Teehaus im Herzen des Sees, Sie wissen doch, dem hinter dem Stadtgott-Tempel. Ich lade Sie zu einer Schale echten Drachenbrunnen-Tee ein. Das wird Ihrem Magen guttun. Ich rufe von einem Telefon dort an.«
    Das war eine Bitte, der sich Chen schwerlich verschließen konnte, und zwar nicht nur wegen seiner Freundschaft zu Hauptwachtmeister Yu. Der Alte Jäger war über dreißig Jahre bei der Polizei gewesen. Nun war er zwar im Ruhestand, aber der alte Mann galt wegen seiner Beziehungen inner- und außerhalb des Präsidiums noch immer als Insider.
    »Gut, ich bin in zwanzig Minuten da. Machen Sie sich keine Sorgen, mit Guangming ist alles in Ordnung.«
    Im Falle eines ernsthaften Zerwürfnisses zwischen Vater und Sohn hielt sich Chen jedoch weder für den geeigneten Vermittler, noch war es für ihn der richtige Zeitpunkt, einzugreifen. Das Gespräch, das er vorhin in der Disziplinarkommission geführt hatte, bedrückte ihn sehr. Er schlang sein Mittagessen aus der Plastikdose herunter und machte sich dann eilig auf den Weg zum Tempel.
    Es hieß, der Stadtgott-Tempel sei im 15. Jahrhundert zur Zeit der Südlichen Song-Dynastie entstanden. Der Tempel war viele Male umgebaut und umgestaltet worden, zuletzt 1926. Die Haupthalle hatte man mit Beton verstärkt, die Tonstatuen vergoldet. Zu Beginn der sechziger Jahre waren die Statuen infolge der Bewegung für Sozialistische Erziehung zerstört worden. Anfang der achtziger Jahre wurde der Tempel, nachdem er zwischenzeitlich als Lagerplatz gedient hatte, erneut völlig umgebaut und zu einem Kunsthandwerkszentrum umgewandelt. Jetzt war sein ursprüngliches Erscheinungsbild mit schwarz-gestrichenen Türen und gelben Mauern wieder restauriert worden. In seinem Inneren war eine beeindruckende Zahl glänzender Glasvitrinen und Regale aus Edelstahl zu sehen. An der Tür stand in dicken Pinselstrichen ein Vers geschrieben: Sei ehrlich, dann kannst du ruhig schlafen, / Tu Gutes, damit die Götter es erfahren.
    Kommunisten glaubten natürlich weder an die Götter des Westens noch an die des Ostens, aber vom Standpunkt eines Polizisten aus war es auf jeden Fall ein löblicher Rat, Gutes zu tun und ein reines Gewissen zu haben.
    So hatte man den Tempel zum Markt gemacht.
    Vor dem Tempel fiel Chens Blick jedoch auf eine Gruppe älterer Frauen, die sich um eine Art Kissen geschart hatten. Einige knieten auf dem Boden. Eine Frau machte vor dem Kissen einen Kotau, hielt dabei Bündel brennender Räucherstäbchen in der Hand und murmelte kaum hörbar:
    »Stadtgott … schütze … Familie … Vorräte …«
    Es war augenfällig, daß der Tempel wenigstens für diese Betenden noch immer ein

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