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Qiu Xiaolong

Qiu Xiaolong

Titel: Qiu Xiaolong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tod einer roten Heldin
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fühlte.
    Und es war, wie Oberinspektor Chen erkannte, eine Demonstration, die nicht nur ihm galt.
    Er mochte auf verlorenem Posten stehen, aber Chen sah, daß er nicht allein war. Hauptwachtmeister Yu, der Alte Jäger, der Überseechinese Lu, Ruru, Wang Feng, der Kleine Zhou … und jetzt Dr. Xia.
    Ihnen zuliebe würde er nicht aufgeben.
    Er wandte sich wieder der Lektüre der Akte Guan Hongying zu und machte bis lange nach Dienstschluß Notizen. Danach aß er ein wenig von der gebratenen Ente. Der Anblick der goldbraunen, knusprigen Haut hatte seinen Appetit geweckt. Dr. Xia hatte sogar zwei Pfannkuchen dazugelegt. Zusammen mit der Spezialsauce und grünen Zwiebeln in den Pfannkuchen gerollt, schmeckte die Ente vorzüglich. Den Rest packte Chen in den Kühlschrank.
    Gegen neun verließ er das Präsidium. Es dauerte nicht lange, bis er an der Nanjing Lu war. Zu dieser späten Stunde wirkte sie weniger bevölkert, doch der ständige Wechsel der Neonreklame erfüllte die Szenerie mit Leben.
    Jetzt kam das Kaufhaus Nr. 1 in den Blick. Ein Mann mittleren Alters, der in eines der Schaufenster gesehen hatte, entfernte sich, als er Chens Schritte hörte. Auch Chen, dessen Bild sich schwach in der Scheibe spiegelte, blieb vor der Auslage mit neuer Sommermode stehen. Die Scheinwerfer beleuchteten eine Reihe von Schaufensterpuppen, die eine verwirrende Fülle von Badeanzügen trugen – mit schmalen Trägern, mit tulpenförmigem Ausschnitt, rückenfrei mit Nackenband, mit Bikinihöschen, dazu eine schwarzweiße Schaufensterdekoration. Die Plastikpuppen wirkten in dem künstlichen Licht lebendig.
    »Kandierte Rotdornfrüchte am Stiel!«
    »Wie?« Chen fuhr herum.
    »Kandierte süßsaure Rotdornfrüchte am Stiel! Kaufen Sie!«
    Ein alter Straßenhändler war mit seinem roten Wägelchen näher gekommen und bot Rotdornfrüchte feil, mit einer glänzenden Zuckerglasur überzogen, deren Fleischrot fast sinnlich wirkte. Ein ungewöhnlicher Anblick in der Nanjing Lu. Vielleicht wegen der vorgerückten Stunde hatte sich der Händler in diese Gegend gewagt. Chen kaufte einen Stiel. Er schmeckte recht sauer, anders als die kandierten Rotdornfrüchte, die seine Mutter ihm gekauft hatte. Er mochte damals kaum fünf oder sechs Jahre alt gewesen sein, seine Mutter, ganz jugendlich, trug ihr orangefarbenes Qm-Kleid und hielt in der einen Hand einen blumenbedruckten Sonnenschirm, an der anderen ihn.
    Nach einem letzten Blick in das Schaufenster ging er weiter.
    Ein kleines Obstgeschäft auf der anderen Straßenseite hatte noch geöffnet. Er kannte es gut, weil seine Mutter es als Abkürzung zu einer kleinen Gasse benutzt hatte, in der eine ihrer besten Freundinnen lebte. Die Gasse hatte mehrere Zugänge. Einen davon, eben den zur Nanjing Lu, hatte zunächst ein Obststand teilweise versperrt; dann war der Stand zu einem Laden ausgebaut worden und hatte den Durchgang endgültig blockiert. Doch gab es hinter den hohen Obstregalen noch immer eine Hintertür auf jene Gasse hinaus, die auch von den Angestellten des Ladens aus Gründen der Bequemlichkeit benutzt wurde. Chen hatte keine Ahnung, wie seine Mutter sie entdeckt hatte.
    Oberinspektor Chen hatte die Abkürzung durch den Laden bisher noch nie genommen, doch grüßte ihn der Ladenbesitzer herzlich wie einen alten Kunden. Dann verschwand Chen hinter der ersten Regalreihe und prüfte einen Apfel wie ein mißtrauischer Käufer. Die hintere Tür gab es noch. Er drückte dagegen, und sie öffnete sich auf eine halbverlassene Gasse. Er durchmaß sie mit schnellen Schritten. Das andere Ende der Gasse mündete in die Guizhou Lu, wo Chen ein vorbeifahrendes Taxi anhielt und dem Fahrer das Fahrtziel angab: »Qinghe Lane, an der Hubei Lu.«
    Er vergewisserte sich, daß ihnen niemand folgte.

 
    36
     
    DIE KANDIERTEN ROTDORNFRÜCHTE am Stiel waren noch nicht aufgekaut, als das Taxi an der Qinghe Lane hielt.
    Oberinspektor Chen warf den Stiel in einen Abfallkorb. Ein paar Schritte weiter stand ein Schwachsinniger, der still in sich hineingluckste und sich dazu eine Plastiktüte wie eine Kapuze über den Kopf hielt. Sonst konnte Chen in der Nähe von Guans Unterkunft niemanden entdecken. Die Leute von der Inneren Sicherheit schoben wahrscheinlich unter Chens eigener Wohnung Wache.
    Auf dem Weg nach oben in Guans Zimmer begegnete Chen ebenfalls niemandem. Es war Freitag nacht. Die Leute sahen sich im Fernsehen eine beliebte japanische Seifenoper an; es ging um ein junges Mädchen, das dabei war, seinen

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