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Qiu Xiaolong

Qiu Xiaolong

Titel: Qiu Xiaolong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tod einer roten Heldin
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oberste Stelle zu setzen. Was Kommissar Zhang betrifft, so hat auch er trotz seines Alters einen besonderen Beitrag geleistet, für den wir ihm unseren aufrichtigsten Dank aussprechen möchten. Schließlich möchte ich Dr. Xia bei unserer heutigen Sitzung begrüßen. Nach dem Zwischenfall auf dem Platz des Himmlischen Friedens im vorigen Jahr sind manche Menschen in ihrem Glauben an unsere Partei irregeworden. Dr. Xia hat hingegen aus freien Stücken gegenüber Oberinspektor Chen die Absicht geäußert, unserer Partei beizutreten. Aus diesem Grund haben wir ihn heute zu uns eingeladen. Genosse Oberinspektor Chen, Sie können im Anschluß an die Sitzung die Einzelheiten mit Dr. Xia besprechen und ihm als sein Fürsprecher beim Ausfüllen des Antragsformulars helfen.«
    »Ja, auch ich bin froh, daß der Gerechtigkeit Genüge getan wurde, Genosse Oberinspektor Chen«, stammelte Dr. Xia, der eher betreten als geschmeichelt wirkte. »Meine Gratulation zu Ihrer Arbeit.«
    Chen wandte den Kopf und sah zu Parteisekretär Li, der freundlich zurücknickte.
    Sobald die Sitzung vorüber war, nahm Chen Yu beiseite. Sein Mitarbeiter konnte impulsiv werden, wie Chen während der Ermittlungen erlebt hatte. Sie hatten gerade begonnen, halblaut miteinander zu reden, als Kommissar Zhang sich zu ihnen gesellte. Ein undefinierbarer Ausdruck lag auf seinem zerfurchten Gesicht.
    »Alles ist im Interesse der Partei geschehen«, sagte Zhang.
    »Alles, was unter der Sonne geschieht«, versetzte Yu, »und alles, was nicht unter der Sonne geschieht, läßt sich auf diese Art bequem erklären.«
    »Solange wir unsere Arbeit mit dem richtigen Bewußtsein tun«, meinte Chen, »haben wir nichts zu befürchten.«
    »Bürgerliche Einflüsse gibt es überall, Genossen«, warnte Zhang. »Sogar so jemand wie Wu Xiaoming, ein junger Kader aus einer Familie mit revolutionärem Hintergrund, ist nicht immun. Wir müssen alle auf der Hut sein.«
    »Ja, auf der Hut vor Verleumdern«, sagte Yu. »In der Tat…«
    Abermals wurde ihr Gespräch unterbrochen. Diesmal war es Parteisekretär Li, der herüberkam, um Chen beiseite zu nehmen. Sie begaben sich zum anderen Ende des Konferenzsaals, wo man den lebhaften Verkehr auf der Fuzhou Lu überblickte.
    »Was hat das alles zu bedeuten?« fragte Chen.
    »Sie wissen doch, wie kompliziert die Lage ist«, erwiderte Li. »Das Verdienst kommt Ihnen zu, aber wir müssen uns gegen mögliche Konsequenzen absichern.«
    »Das ist mein Fall. Wenn es irgendwelche Konsequenzen gibt, muß ich sie auch tragen.«
    »Die Bevölkerung kennt doch den familiären Hintergrund von Wu ganz genau. Es könnte leicht sein, daß manche Leute diesen Fall als ein Warnsignal oder als einen gezielten Schlag gegen Menschen mit ähnlichem Hintergrund sehen. Daß sie ihn nicht als Einzelfall, sondern als Präzedenzfall begreifen. Und Sie stehen dann als das Werkzeug da, durch das Schande über die alten Kader gebracht wird.«
    »Verstehe, Genosse Parteisekretär Li«, sagte Chen. »Aber wie ich schon so oft gesagt habe: Ich habe nichts gegen die alten Kader.«
    »Die Leute sind unberechenbar. Jede Art von Öffentlichkeit würde Ihnen in diesem Stadium des Falles schlecht bekommen.«
    »Und was ist mit Hauptwachtmeister Yu?«
    »Machen Sie sich seinetwegen keine Sorgen. Wir werden den Abschluß des Falles als kollektive Leistung des Präsidiums hinstellen. Yu wird also ohnehin nicht im Rampenlicht stehen.«
    »Ich fürchte, daß ich dieses plötzliche Ende des Falles noch immer nicht verstehe.«
    »Sie werden es schon noch verstehen, da können Sie sicher sein! Sie haben Ihren Teil geleistet, lassen Sie jetzt andere den Rest erledigen.« Und nach einer kurzen Pause setzte Parteisekretär Li hinzu: »Ich will Ihnen sagen, daß der Fall nicht nur das Anliegen unseres Präsidiums ist. Auch einige führende Genossen teilen unsere Sorge.«
    »Wer denn?«
    »Das brauche ich Ihnen doch nicht zu sagen! Sie wissen es ja – oder werden es erfahren.«
    Es wäre zwecklos gewesen, weiter in Li zu dringen.
    »Ich gebe Ihnen mein Wort darauf«, versprach Li. »Der Gerechtigkeit wird Genüge getan. Sie werden vollauf mit der Konferenz beschäftigt sein. Wir halten Sie natürlich auf dem laufenden.«
    »Danke sehr, Genosse Parteisekretär Li«, sagte Chen. »Danke für alles.«
    Im Hinblick auf Oberinspektor Chens Zukunft war die Analyse des Parteisekretärs schlüssig – falls es denn eine solche Zukunft gab. Chen verließ den Konferenzsaal ohne weiteren

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