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Qiu Xiaolong

Qiu Xiaolong

Titel: Qiu Xiaolong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tod einer roten Heldin
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nicht. Wir unterhielten uns eigentlich immer nur einmal im Monat«, sagte sie und wendete ein Ei in der Pfanne. »Nämlich dann, wenn sie ihren Anteil an den Nebenkosten bezahlte, immer am Ersten des Monats. Sie überreichte mir das Geld in einem weißen Umschlag und sagte irgend etwas Höfliches, während ich die Quittung ausstellte.«
    »Sie haben sich also nie über etwas anderes unterhalten.’’«
    »Na ja, einmal meinte sie, eigentlich sei es ungerecht, daß sie den gleichen Anteil zahlen müßte wie die anderen, weil sie hier im Wohnheim ja nicht viel kochte. Aber sie beharrte nicht darauf, weniger zu zahlen, und kam dann später auch nie wieder darauf zurück. Was wirklich in ihr vorging, behielt sie strikt für sich.«
    »Anscheinend war sie sehr verschlossen.«
    »Aber ich will ihr nichts Schlechtes nachsagen.«
    »Ich verstehe, Genossin Zuo«, sagte er. »Einer Nachbarin zufolge ging Guan am Abend des 10. Mai, also in der Nacht, in der sie ermordet wurde, um etwa halb elf aus dem Haus. Ist Ihnen um diese Zeit etwas aufgefallen.’’«
    »Ich glaube nicht, daß ich sie in dieser Nacht gesehen oder gehört habe. Meistens gehe ich um zehn ins Bett.«
    »Nun gut, Genossin Zuo. Sie sind ja auch Mitglied des Komitees für Nachbarschaftssicherheit. Haben Sie denn in den letzten Tagen, als Guan noch lebte, irgend etwas Verdächtiges bemerkt, entweder hier im Wohnheim oder auch in der Umgebung?«
    Sie nahm ihre Brille ab, inspizierte sie, putzte sie mit ihrer Schürze und setzte sie wieder auf. Dann schüttelte sie den Kopf. »Eigentlich nicht, bis auf eins«, sagte sie, »aber ich weiß nicht, ob man es als etwas Verdächtiges bezeichnen kann.«
    »Was denn?« Chen zog sein Notizbuch heraus.
    »Vor ungefähr einer Woche habe ich mir im Fernsehen Bürogeschichten angesehen. Alle sehen sich diese Serie an, sie ist wirklich komisch. Aber mein Fernseher ging kaputt. Deshalb wollte ich zu Xiangxiang gehen. Als ich die Tür öffnete, sah ich einen Fremden aus einem Zimmer am Ende des Ganges kommen.«
    »Aus Guans Zimmer?«
    »Ich war mir nicht sicher. Am Ende des Gangs gibt es insgesamt drei Zimmer. Die Sus waren in dieser Nacht nicht in der Stadt, das wußte ich. Der Fremde hätte auch ein Gast von Yuan sein können, aber mit einer einzigen trüben Birne und dem ganzen Zeug, mit dem der Gang zugemüllt ist, würde es einem Fremden schwerfallen, seinen Weg zu finden. Der Gastgeber würde seinen Gast zur Treppe begleiten, denke ich.«
    »Das war vor einer Woche, also nach Guans Tod?«
    »Ja, zu der Zeit wußte ich allerdings noch nicht, daß sie tot war.«
    »Es könnte tatsächlich eine wichtige Spur sein, wenn er wirklich aus Guans Zimmer kam, Genossin Zuo«, sagte er und notierte sich ein paar Stichworte.
    »Danke, Genosse Oberinspektor«, sagte sie, geschmeichelt ob seiner Aufmerksamkeit. »Ich bin der Sache von mir aus nachgegangen, ohne sie in Zusammenhang mit Guans Tod zu sehen. Ich fand es einfach nur verdächtig, weil es nach elf Uhr war. Deshalb habe ich am nächsten Tag Yuan gefragt, die aber meinte, sie habe am Abend zuvor keinen Besuch gehabt.«
    »Hätte er denn nicht auch aus dem Gemeinschaftsklo am Ende des Gangs kommen können?« fragte Chen.
    »Das halte ich für unwahrscheinlich«, erwiderte sie. »Sein Gastgeber hätte ihn auch dorthin begleitet, alleine hätte es ein Fremder nicht gefunden.«
    »Ja, da haben Sie recht. Wie sah der Mann denn aus?«
    »Groß, ordentlich gekleidet. Aber das Licht ist so schwach, daß ich ihn nicht sehr deutlich sehen konnte.«
    »Wie alt war er wohl Ihrer Meinung nach?«
    »Na ja, schwer zu sagen – so Mitte Dreißig, vielleicht auch schon vierzig.«
    »Vielen Dank, Genossin Zuo. Wir werden der Sache nachgehen«, sagte er. »Rufen Sie mich an, wenn Ihnen noch etwas einfallt.«
    »Ja, selbstverständlich, Genosse Oberinspektor. Sagen Sie es uns, wenn Sie den Fall gelöst haben.«
    »Das werden wir tun. Auf Wiedersehen.«
    Auf dem Weg nach unten runzelte Chen die Stirn: Er zumindest hätte ein Gemeinschaftsklo auch ohne Begleitung gefunden.
    An der Bushaltestelle auf der Zhejiang Zhonglu mußte er ziemlich lange warten. In dieser Zeit versuchte er, sich noch einmal darüber klarzuwerden, was er an diesem Tag erreicht hatte.
    Eigentlich hatte sich nur eine einzige Tatsache bestätigt: In der Nacht vom 10. Mai hatte Guan Hongying das Wohnheim vor elf Uhr verlassen, und zwar mit einem schweren Koffer, offenbar unterwegs zu einem anderen Ort.
    Und noch etwas war zwar nicht

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