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Qiu Xiaolong

Qiu Xiaolong

Titel: Qiu Xiaolong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tod einer roten Heldin
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haben die Kerzen vergessen«, sagte sie und trank einen Schluck.
    »Ja, die könnte ich jetzt gebrauchen«, sagte er. »Und eine CD mit dem Bolero wäre auch wunderbar.«
    Auch das kam in dem Film vor. Die Liebenden hörten, als sie miteinander schliefen, ihre Lieblingsplatte: den Rhythmus eines immer näher rückenden Höhepunktes.
    Sie hatte den Zeigefinger an ihre Wange gelegt und musterte ihn genau, als ob es das erste Mal wäre. Sie löste das elastische Band von ihrem Pferdeschwanz und schüttelte ihr Haar, daß es frei über den Nacken fiel. Sie sah entspannt aus, als ob sie sich wohl und wie zu Hause fühlte.
    Dann kniete er sich zu ihren Füßen auf den Boden.
    »Was ist das?«
    »Was meinen Sie?«
    Sein Finger berührte ihren nackten Fuß. An ihrem kleinen Zeh war ein Saucenfleck. Er rieb ihn mit seinen Fingern ab.
    Ihre Hand glitt herab und ergriff die seine. Er schaute auf ihre Hand, auf ihren Ringfinger. Unterhalb des Gelenks, wo sie sonst einen Ehering getragen hatte, war ein Streifen Haut hell geblieben.
    Sich an den Händen haltend, saßen sie da.
    Er schaute in ihr gerötetes Gesicht und hatte das Gefühl, in ein offenes, einladendes Buch zu sehen. Oder las er da zuviel heraus?
    »Alles ist so wunderschön heute abend«, sagte sie. »Danke.«
    »Das Beste kommt erst noch«, erwiderte er.
    Lange hatte er auf diesen Augenblick gewartet.
    Durch das sanfte Licht hoben sich die Konturen ihres Körpers gegen den glatten Stoff ihres Kleides ab. Sie sah völlig verändert aus, reif, weiblich und verführerisch.
    Er fragte sich, wie viele weitere Frauen in ihr stecken mochten.
    Sie schaukelte zurück, weg von ihm, und berührte seine Wange mit ihrer Handfläche. Sie war leicht wie eine Feder.
    »Denken Sie wieder an Ihren Fall?«
    »Nein. Jetzt gerade nicht.«
    »Ich muß Sie um einen Gefallen bitten«, sagte sie.
    »Alles, was Sie wollen«, antwortete er.
    »Ich möchte nicht, daß Sie mich falsch verstehen.« Sie atmete tief ein, dann hielt sie für einen Augenblick inne. »Es ist etwas zwischen uns, nicht wahr?«
    »Meinen Sie?«
    »Ich wußte es, als wir uns kennenlernten.«
    »Ich auch.«
    »Wie Sie wissen, war ich mit Yang verlobt, bevor ich Sie kennenlernte, aber Sie haben mich nie danach gefragt.«
    »Sie haben mir ja auch keine Fragen gestellt«, sagte er und ergriff ihre Hand. »Das ist nicht so wichtig.«
    »Doch, Sie haben eine vielversprechende Karriere vor sich«, sagte sie. »Das ist sehr wichtig für Sie, und für mich auch.«
    »Vielversprechende Karriere … ich weiß nicht…« Es war ihm klar, daß diese Worte ein Vorspiel waren. »Aber warum müssen wir jetzt über meine Karriere reden?«
    »Ich hatte mir alle Worte zurechtgelegt, aber es fällt mir schwerer, als ich dachte. Hier bei Ihnen, wo Sie so nett zu mir sind, ist es schwerer … sehr viel schwerer.«
    »Sagen Sie’s mir einfach, Wang.«
    »Nun, ich war heute nachmittag im Shanghaier Fremdspracheninstitut, und das Institut verlangt eine Entschädigung für das, was man für ihn getan hat, für Yang, wissen Sie – eine Entschädigung für seine Ausbildung, seinen Lohn und die Krankenversicherung während seiner Zeit an der Hochschule. Sonst bekomme ich das Dokument für meinen Paß nicht. Es ist viel Geld, zwanzigtausend Yuan. Vielleicht könnten Sie in der Paßabteilung des Präsidiums ein Wort für mich einlegen. So könnte ich einen Paß bekommen ohne das Dokument vom Fremdspracheninstitut.«
    »Sie wollen einen Paß – um nach Japan zu gehen?«
    Damit hatte er überhaupt nicht gerechnet.
    »Ja, ich habe ihn vor einigen Wochen beantragt.«
    Um China zu verlassen, benötigte sie einen Paß. Dafür mußte sie einen Antrag vorlegen, der mit der Zustimmung ihrer Arbeitseinheit versehen war. Auch für ihre Heirat mit Yang brauchte sie ein Dokument von Yangs Arbeitseinheit, selbst wenn es sich bei der Heirat nur um eine Formalität handelte.
    Das war vielleicht schwierig, aber nicht unmöglich. Es hatte Fälle gegeben, wo Pässe ohne die Genehmigung der Arbeitseinheit ausgestellt worden waren. Oberinspektor Chen war in der Lage zu helfen.
    »Also gehen Sie zu ihm.« Er stand starr.
    »Ja.«
    »Warum?«
    »Er hat alle Dokumente bekommen, die notwendig sind, damit ich zu ihm kommen kann. Er hat mir sogar eine Stelle bei einem chinesischen Fernsehsender in Tokio besorgt. Es ist nur ein kleiner Sender, nicht mit hier vergleichbar, aber es ist immerhin etwas in meiner Richtung. Zwischen ihm und mir ist nicht viel, aber es ist eine

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