Quade 01 - Verzaubert von deinen Augen
erschien in seinen schiefergrauen Augen, aber Lydia nahm keinen Groll
oder Ärger an ihm wahr. »Hier ist die Antwort, Mrs. Quade: Solange du mir eine
anständige Frau bist, werde ich dir ein anständiger Ehemann sein.«
Lydia schwieg und schaute
mißtrauisch zu ihm auf. »Um mich damit zufriedenzugeben, müßte ich zuerst
wissen, was du unter >anständig< verstehst«, entgegnete sie schließlich.
Brigham fuhr sich mit der Hand durch
sein verschwitztes Haar, und Lydia wunderte sich wieder einmal, wie attraktiv
er war, sogar schmutzig und in diesem ungepflegten Zustand.
»Es bedeutet, daß ich mich keiner
anderen Frau zuwenden werde, solange du mich in deinem Bett willkommen heißt.«
Lydia errötete bei seinen
freimütigen Worten, obwohl es ihr Wunsch gewesen war, die ungeschminkte
Wahrheit von ihm zu hören. Sie schwieg abwartend und hoffte, daß er ihr nicht
die Gefühle ansah, die die Erinnerung an seine leidenschaftlichen
Zärtlichkeiten und die Erwartung zukünftiger Freuden in ihr auslösten.
»Angenommen, ich wäre krank oder könnte dich aus anderen Gründen nicht ... empfangen.«
Er seufzte. »Du fragst, ob ich dir
auch treu bliebe, wenn du krank wärst oder im letzten Stadium einer
Schwangerschaft?« Lydia nickte verlegen. »Ja.«
»Ich möchte noch mehr Kinder haben,
Lydia, und du wirst feststellen, daß ich während deiner Schwangerschaft der aufmerksamste,
rücksichtsvollste Ehemann sein werde, den du dir vorstellen kannst. Was
Krankheit betrifft, so werde ich dir selbstverständlich auch treu sein —
vorausgesetzt, die Krankheit ist echt und nicht nur dazu erdacht, um mich von
deinem Bett fernzuhalten.«
Lydia schwieg und versuchte, seinen
Gesichtsausdruck zu ergründen. »Wenn du mich besser kennenlernst, Brigham,
wirst du merken, daß ich nicht zu den Menschen gehöre, die um eines Vorteils
willen Krankheiten vortäuschen.«
Er beugte sich vor und senkte seine
Stimme zu einem spöttischen Flüstern. »Sind wir jetzt fertig, Frau? Ich habe
noch eine Menge Arbeit zu erledigen.«
Lydia holte tief Luft und atmete
langsam wieder aus. »Noch nicht ganz. Da ist noch immer die Sache mit dem ...
Bordell.« Das letzte Wort hinterließ einen unangenehmen Geschmack auf ihrer
Zunge. »Es wäre nicht fair von mir, mich mit deinem Versprechen
zufriedenzugeben, daß du dieses Etablissement nicht aufsuchen wirst.« Sie
machte eine nachdenkliche Pause. »Denn selbst wenn du dein Versprechen
einhältst, würden die anderen Männer hier trotzdem hingehen und ihr schwerverdientes
Geld für Alkohol und Frauen ausgeben. Als deine Ehefrau trage ich die gleiche
Verantwortung den anderen Frauen gegenüber wie du den Männern. Ich muß einen
klaren, eindeutigen Standpunkt einnehmen.«
Eine zornige Röte stieg in Brighams
staubbedeckte Wangen. »Ich werde den Saloon nicht schließen«, entgegnete er
schroff. »Ist dir noch nicht aufgefallen, daß die meisten Männer in dieser Stadt
gar keine Frauen haben? Wenn es hier keinen Whiskey und keine Dirnen
gäbe, würden sie nicht bleiben, und ich könnte meine Geschäfte schließen.«
Aus purem Instinkt trat Lydia einen
Schritt zurück. »Unsinn. Deine Arbeiter sind bisher ja auch geblieben, und du
hast dieses schöne Haus gebaut und es mit kostbaren Gegenständen aus der
ganzen Welt gefüllt ...«
»Als ich herkam«, unterbrach Brigham
sie barsch, »existierte wenig Konkurrenz, und ich konnte meine Leute halten,
weil ich sie gut behandelte und weil sie nirgendwo anders Arbeit fanden. Aber
jetzt gibt es überall im Washingtoner Territorium Sägewerke, und wenn meine
Arbeiter nicht zufrieden sind, brauchen sie nur das nächste Postboot nach
Seattle zu nehmen. Noch vor Ende eines Tages hätten sie alle einen neuen Job.«
Lydia schluckte. »Aber du wirst doch
einsehen ...«
Brigham nahm seine Uhr aus der
Hosentasche und klappte gereizt den Deckel auf. »Wir reden später weiter, Mrs.
Quade. Ich würde vorschlagen, daß du jetzt nach Hause gehst.«
Lydia starrte ihn an, verwundert und
empört über die Art, wie er sie fortschickte, und enttäuscht, weil sie sah, daß
sie keinen Schritt weitergekommen war. »Wie bitte?«
»Ich sagte, geh nach Hause«,
wiederholte Brigham und kam um den Schreibtisch herum. »Wenn ich mit meiner
Arbeit fertig bin, ein Bad im Teich genommen und zu Abend gegessen habe, bin
ich vielleicht bereit, mir deine Klagen anzuhören.«
Lydia begriff selbst nicht, warum es
sie so maßlos überraschte, sich ganz am Ende der Liste seiner
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