Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Quade 02 - Goldene Sonne die dich verbrennt

Quade 02 - Goldene Sonne die dich verbrennt

Titel: Quade 02 - Goldene Sonne die dich verbrennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Charlotte ruhig, um
das schüchterne Mädchen nicht zu erschrecken, »willst du damit sagen, daß Nora
in diesem Sturm nicht nur einmal hinausgegangen ist, sondern gleich zweimal?«
    »Deborah«, sagte Charlotte mahnend.
    »Ja!« rief das Mädchen. »Ja, sie ist
draußen — ich habe sie angefleht, nicht hinauszugehen, aber sie sagte, sie
könnte Mattie nicht im Sturm umkommen lassen ...«
    Charlotte wandte sich an Mary
Fängt-viel-Fisch. »Gehen Sie zu Captain Trevarren und berichten Sie ihm davon.
Jemand muß Nora folgen und sie zurückbringen.«
    Mary nickte und eilte aus dem Raum.
    Die Welt schien sich zu verdunkeln,
während Charlotte dasaß und auf das wütende, unheimliche Geheul des Sturmes lauschte.
Falls unten im Erdgeschoß Aufregung entstand, als Patrick erfuhr, daß sein
Mündel nicht nur seine Anweisungen mißachtet, sondern auch noch ihr Leben aufs
Spiel gesetzt hatte, hörte Charlotte es oben nicht.
    Etwa eine halbe Stunde verging, bis
Jacoba erschien, um Charlotte abzuholen. Sie trug einen Kandelaber in der Hand
und eine solch düstere Miene zur Schau, als würde heute im Haus ihres Herrn
keine Hochzeit, sondern ein Begräbnis stattfinden.
    »Ist Nora inzwischen gefunden und
zurückgebracht worden?«
    »Sie und dieser verflixte Affe kamen
vor fünf Minuten herein«, antwortete Jacoba, als sie Charlotte aus dem
Schlafzimmer und über den Korridor begleitete. »Dem Tier ist nichts passiert,
aber ich glaube, der Bräutigam ist in diesem Augenblick dabei, Nora eine
Lektion zu erteilen, an die sie sich noch erinnern wird, wenn sie schon
hundert Jahre im Himmel ist.«
    Charlotte seufzte. Sie kannte
Patricks Zorn, und Nora tat ihr leid. Gemessen an ihren eigenen Erfahrungen,
würde das Mädchen nach dieser Strafpredigt vermutlich Blasen an den Ohren
haben.
    Als sie und Jacoba den Salon
erreichten, dem Kerzen eine sanfte, feierliche Atmosphäre vermittelten, kauerte
Nora beim Klavier, weinte leise vor sich hin und sah aus wie ein kleiner,
gerupfter Vogel. Deborah, Jayne und Stella umringten sie, unerschütterlich in
ihrer Unterstützung, obwohl sie zweifellos übereinstimmten, wie dumm es von
Nora gewesen war, das Haus bei diesem Sturm um eines Affen willen zu verlassen.
    Auch der Bräutigam wirkte noch
düsterer als sonst. Er bedachte Charlotte mit einem Blick, der eine Warnung
auszudrücken schien, sich in die Erziehung seiner Mündel einzumischen, aber
Charlotte verzichtete darauf, die Herausforderung anzunehmen. Seine Strafe war
nicht gewalttätiger Natur gewesen, und die Insel war sein Machtbereich. Als der
Beschützer der Mädchen besaß er das Recht, gewisse Regeln aufzustellen und zu
erwarten, daß sie befolgt werden.
    Gideon stand unsicher und nervös vor
dem Kamin, in Kleidern, die ihm viel zu groß waren, da er keine eigenen besaß,
ein kleines Gebetbuch in der Hand. Die abgegriffene Ausgabe war ihm von Jacoba
zum Geschenk gemacht worden, kurz nachdem er aus seiner Bewußtlosigkeit erwacht
war. Seine eigenen Bücher waren bei dem Schiffsbruch verlorengegangen.
    Charlotte und Patrick nahmen ihre
Plätze vor ihm ein; Charlotte scheu und verlegen wie eine jungfräuliche Braut,
Patrick so arrogant und überlegen wie eh und je. Aus dem Augenwinkel sah
Charlotte, daß ein harter, grimmiger Zug um seinen Mund lag.
    Gideon schaute Patrick an und wandte
sich dann, ein wenig traurig, an Charlotte. »Sind Sie sicher, daß es das ist,
was Sie wollen?« fragte er mit leiser, aber entschlossener Stimme. »Es gibt
andere Möglichkeiten, das wissen Sie.«
    »Fangen Sie endlich mit der
Zeremonie an«, warf Patrick grollend ein und verschränkte die Arme hinter dem
Rücken wie ein Soldat bei einer Paradepause.
    »Charlotte?« beharrte Gideon, ohne
den Einwand des Captains zu beachten.
    Sie holte tief Luft, atmete langsam
wieder aus und stellte sich vor, in Australien zu sein und Gideon bei der
Bekehrung von Ureinwohnern zu unterstützen. Nein, ich wäre keine gute Missionarin,
entschied sie schließlich, weil sie ihre Schwäche für Luxus und für schöne
Kleider kannte.
    Und doch war Gideon nicht unattraktiv
als Mann, er würde ein liebevoller, wenn nicht sogar leidenschaftlicher Gatte
sein und ein wunderbarer Vater. Sie würde ein interessantes, aufregendes Leben
an seiner Seite führen.
    Charlotte schaute zu dem Mann an
ihrer Seite auf. Das Einzige was gegen eine Ehe mit Gideon sprach, war, daß
sie Patrick liebte, von ganzen Herzen und mit ihrer ganzen Seele, so
unmöglich er auch war. Er gab ihr noch so viele

Weitere Kostenlose Bücher