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Quade 02 - Goldene Sonne die dich verbrennt

Quade 02 - Goldene Sonne die dich verbrennt

Titel: Quade 02 - Goldene Sonne die dich verbrennt Kostenlos Bücher Online Lesen
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hier gab es ein Podium, eine erhöhte Fläche, deren Stufen mit Tausenden
von kleinen Spiegeln besetzt waren. Frauen in ähnlichen Kleidern, wie Charlotte
sie trug, tanzten zum Klang der winzigen Glöckchen an ihren Fußgelenken.
    Khalif hockte mit gekreuzten Beinen
zwischen den Tänzerinnen, ganz der Sultan in seiner kostbaren blauen
Seidenrobe und dem Turban, den ein riesiger Saphir schmückte. Khalifs wache
dunklen Augen nahmen einen nachdenklichen Ausdruck an, als er den Neuankömmling
musterte.
    »Charlotte«, sagte er, und sie
glaubte, ein Lächeln um seine Mundwinkel zu erkennen. »Kommen Sie«, forderte er
sie mit einer einladenden Geste auf. »Ich möchte Sie sehen.«
    Charlotte befeuchtete nervös die
Lippen und trat auf ihn zu. »Drehen Sie sich um«, befahl der Sultan, nicht
unfreundlich, doch mit jener gleichgültigen Arroganz, die sich nur ein Herrscher
leisten konnte.
    Zögernd drehte Charlotte sich vor
ihm.
    »Ah«, seufzte er. »Die Ehre ist
manchmal eine schwere Last.« Charlotte runzelte verwirrt die Stirn.
    »Setzen Sie sich«, sagte Khalif nach
einem weiteren Seufzer und deutete auf ein nahes Kissen. »Genießen Sie den
Tanz. Allah hat uns heute froh gestimmt.«
    Erleichtert und verwirrt ließ
Charlotte sich auf dem Kissen nieder. Ein Diener reichte ihr einen goldenen
Becher mit Boza, und als sie den Tänzerinnen zuschaute, die
vorbeischwirrten wie farbenfrohe Vögel, begann sie sich sogar ein wenig zu entspannen.
    »Haben Sie meine Söhne gesehen?«
fragte Khalif, nachdem er den Tanz mit einem Händeklatschen unterbrochen hatte.
    Charlotte lächelte und schüttelte
den Kopf. »Man hat mich nicht zu Alev gelassen. Aber ich hörte, daß sie
Zwillingssöhne zur Welt gebracht hat.«
    Khalif nickte stolz. »Es ist gut für
einen Mann, viele Söhne zu haben«, sagte er.
    »Haben Sie noch andere?«
    Der Sultan wirkte plötzlich besorgt.
»Ja«, sagte er düster. »Aber man kann nie wissen, ob sie sicher sind.«
    Trotz der im Raum herrschenden Wärme
überfiel Charlotte ein Frösteln. »Ihre Kinder werden doch geschützt sein im
Palast ...«
    »Es gibt immer Spione«, erwiderte
Khalif nachdenklich. »Wir haben Feinde, und die Frauen spinnen Intrigen ...« Im
nächsten Augenblick verblaßte sein nachdenklicher Gesichtsausdruck, und er hob
die Hand und rief die Tänzerinnen zurück. Und dann wieder wirbelten sie um ihn,
um diesen Mann, der das Zentrum ihres Lebens war; gelbe, rote, grüne und blaue
Farbflecken, die sich in den Spiegeln der Podiumstufen reflektierten.
    Charlotte wurde schwindlig vom
Zuschauen, und sie wandte den Blick ab. Da sah sie Ahmed, der mit verschränkten
Armen an einer fernen Wand lehnte und sie anstarrte. Wie Khalif trug er heute
abend einen Turban und eine Robe, wenn seine Kleider auch vielleicht nicht ganz
so kostbar waren.
    Charlotte biß sich auf die Lippen
und zwang sich, den Blick wieder auf die Tänzerinnen zu richten.
    Der Abend erstreckte sich schier und
endlos; noch mehr Tanz, noch mehr Essen, noch mehr Gelächter. Schließlich traf
Khalif eine Wahl unter den Haremsdamen, die ihm treu gedient hatten, und
schickte die anderen mit einer gleichgültigen Geste fort.
    Charlotte schloß sich ihnen eilig
an, von grenzenloser Erleichterung erfaßt, daß sie nicht unter den Auserwählten
war, die Khalifs Lager teilen würden. Sie spürte Ahmeds Blick, als Rashad
kam, um die Frauen abzuholen, und hielt sich dicht hinter dem Eunuchen.
    An diesem Abend auf ihrem Diwan
brannten Tränen der Einsamkeit, Angst und Verzweiflung in ihren Augen. Es wäre
sinnlos gewesen, sich nicht länger etwas vorzumachen: Patrick würde nicht zu
ihr zurückkehren, und Quade's Harbor würde sie nie wiedersehen.
    Statt dessen würde sie ihr Leben in
Khalifs Harem verbringen. Irgendwann würde der Sultan sie holen lassen, und
dann mußte sie seinem Befehl gehorchen. Vielleicht würde sie später sogar
Kinder haben und ein stilles Glück finden, so wie Alev.
    Sie wischte mit dem Handrücken über ihre
Wangen. Kein anderer Mann sollte sie so berühren, wie Patrick es getan hatte.
Lieber starb sie in der Wüste ...
    Langsam, mit klopfendem Herzen,
richtete sich Charlotte auf und lauschte. Nichts rührte sich; sie wußte, daß
die Sultanin in ihren eigenen Gemächern schnarchte, und Rashad hatte sie nicht
mehr gesehen, seit er sie zum Harem zurückgebracht hatte.
    Sie tastete auf dem Boden unter dem
Diwan, bis sie ein Paar flache Sandalen gefunden hatte. Dann stand sie auf und
öffnete vorsichtig den Deckel

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