Quade 02 - Goldene Sonne die dich verbrennt
eine Gelegenheit zu warten scheinen, uns
alle zu ermorden?«
Patrick schwang die lederne Tasche
über seine Schulter. »Es sind nur Fischer«, entgegnete er seufzend, »keine
Piraten. Nach einer Woche Windstille auf dem Meer brauchten sie frisches
Wasser, das ist alles. Und was Khalif betrifft — nun, da verlasse ich mich auf
dich und Rashad. Ihr werdet euch um ihn kümmern.«
Obwohl der Gedanke an eine Trennung
tiefste Niedergeschlagenheit in ihr auslöste, war Charlotte entschlossen, sich
nichts anmerken zu lassen. »Ich verstehe«, meinte sie kühl.
Patrick betrachtete sie
nachdenklich, und Charlotte hoffte schon, daß er ihr nun endlich sagen würde,
er liebte sie, oder doch zumindest, daß es ihm leid tat, sie zurücklassen zu
müssen. Aber er sprach weder das eine noch das andere aus, schloß sie nur kurz
in die Arme und küßte sie, um dann wortlos hinauszugehen.
Mit bitteren Tränen in den Augen
trat Charlotte ans Fenster und starrte Patrick und seiner kleinen Truppe nach.
Als sein Pferd die Kuppe einer hohen Düne erklomm, drehte er sich um und hob
grüßend die Hand.
Aufschluchzend wandte sie sich ab
und eilte zu Khalif zurück.
Der Sultan erwachte etwa eine Stunde
später. Sein Fieber war beträchtlich gestiegen, und er schien nicht ganz bei
Sinnen, aber es gelang Charlotte, ihm etwas heiße Brühe und kühles Wasser
einzuflößen. Danach sank er wieder in einen unruhigen Schlaf.
Rashads Hand auf ihrer Schulter
weckte Charlotte aus einem leichten Schlummer. »Gehen Sie und ruhen Sie sich
aus, Mrs. Trevarren«, sagte er. »Ich wecke Sie, falls eine Veränderung eintritt.«
Charlotte war müde und sah ein, daß
sie sich ihrem Baby zuliebe schonen mußte. Doch bevor sie sich in ihre eigenen
Gemächer zurückzog, ging sie zu einem Fenster auf der Seeseite des Palasts und
schaute auf das mondbeschienene Meer hinaus.
Das fremde Schiff dümpelte noch
immer auf den Wellen, und Charlotte wurde von einem seltsamen Frösteln erfaßt,
obwohl es eine warme Nacht war. Es sind nur Fischer, beruhigte sie sich und
konnte dennoch ein Schaudern nicht unterdrücken.
In der Nacht träumte sie von Reitern
in der Wüste, denen ein heller Mond den Weg wies, und ihr Herz war bei ihnen,
selbst wenn ihr Körper gezwungen war, an Ort und Stelle zu verweilen.
Am Morgen ging es Khalif besser,
obwohl er noch immer sehr schwach war.
Charlotte las ihm vor und gab ihm
einen Becher kühles Wasser nach dem anderen zu trinken. Als der Sultan am
frühen Nachmittag einschlief, erschien Rashad, um Charlotte abzulösen.
Alles an ihm strahlte tiefstes
Unbehagen aus.
»Was ist?« flüsterte Charlotte
bestürzt.
Zu ihrer Überraschung wich Rashad
diesmal nicht ihrer Frage aus. »Dieses Schiff«, sagte er stirnrunzelnd. »Sie
haben das Wasser, das sie brauchten. Ich verstehe nicht, warum sie noch immer
hier vor Anker liegen.«
»Khalifs Wachen werden sie doch
bestimmt beobachten?«
Rashad nickte. »Trotzdem ist es mir
unheimlich. Ahmed hat mächtige Freunde — innerhalb des Palasts und außerhalb.«
Die Härchen an Charlottes Nacken
richteten sich auf. Der Halbbruder des Sultans hatte von Anfang an eine starke
Abneigung in ihr ausgelöst, weil sie ihn als aufdringlich, heimtückisch und
verschlagen empfand. Und nun, nachdem sie den sichtbaren Beweis seiner
Grausamkeit — Khalifs Wunden vor Augen hatte, wußte sie, daß er auch ein
sadistischer Teufel war.
»Wir müssen sehr wachsam sein«,
sagte sie schließlich.
Da sie sich nach weiblicher
Gesellschaft sehnte, begab sie sich in jenen Teil des Palasts, zu dem nur
Frauen, Eunuchen und der Sultan selbst Zugang besaßen.
Kaum hatte sie den Hamam betreten,
umringten die Frauen des Sultans sie, um sich nach Khalifs Befinden zu
erkundigen. Alle wollten wissen, wie es ihm ging, obwohl einige ganz eindeutig
neidisch auf die Privilegien waren, die Charlotte genoß.
Alev übersetzte und zog Charlotte
dann auf den Innenhof hinaus, wo sie mit überraschender Kraft Charlottes Arm umklammerte.
»Ich hörte, daß du jetzt Khalifs Favoritin bist und nicht mehr im Harem lebst,
weil du sein Bett teilst. Ist das wahr?«
Jäher Zorn trieb Charlotte das Blut
in die Wangen. »Ich bin mit Captain Trevarren verheiratet und ihm treu!«
antwortete sie scharf. »Ich schlafe in dem Zimmer, das ich mit Patrick teile.«
Alev blinzelte erstaunt, dann senkte
sie beschämt den Blick. Nach einer Weile jedoch überwand sie ihre Verlegenheit
und fragte: »Würdest du dem Sultan eine Botschaft von mir
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