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Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

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aber
Rafael spürte seinen Blick auf seinem Rücken. Er haßt mich, dachte er
ohne großes Bedauern. Die Entfremdung zwischen ihm und Lucian bedrückte ihn
manchmal, aber er hatte gelernt, damit zu leben.
    Annie versuchte gar nicht erst, sich
ihm zu entziehen — sie verfügte über geradezu königliche Würde — aber sie
preßte die Lippen zusammen und schwieg. Rafael hatte den Eindruck, daß sie
ihren dramatischen Abgang vielleicht sogar ein bißchen auskostete. Sie war ihm
ein Rätsel, das stand fest, und seine eigenen Reaktionen auf sie waren es auch.
    Rafael wünschte plötzlich, sie nach
einer kurzen Strafpredigt entlassen zu haben, anstatt sich den ganzen Tag mit
ihr zu belasten. Aber dazu war es jetzt zu spät.
    Zwei seiner Kabinettsminister
warteten bereits, als sie den großen Saal betraten, von dem aus Rafael seine
unführbaren Regierungsgeschäfte führte.
    Hier entzog Annie ihm ihren Arm und
schwebte majestätisch zum Kamin hinüber; ihr gelbes Kleid schimmernd wie ein
warmer Sonnenstrahl in dem ansonsten düsteren Raum. Dort raffte sie in einer
anmutigen Geste ihre weiten Röcke, ließ sich auf einem steifen, hochlehnigen
Stuhl nieder und faltete die Hände.
    Die älteren Herren schienen
verblüfft, eine Frau im Ratssaal vorzufinden, aber keiner von ihnen erhob
Einwände. Statt dessen nahmen sie ihre Plätze vor Rafaels mächtigem
Schreibtisch ein, einem der ältesten und wertvollsten Möbelstücke in der Burg,
und taten so, als ob Annie nicht vorhanden wäre.
    Rafael räusperte sich und strich
sich mit steifer, wunder Hand über sein Haar. Es geschieht dir recht — dafür,
daß du dich wie ein idiotischer Despot verhalten hast, dachte er. Er hatte
wichtige Angelegenheiten zu regeln, und Annie stellte eine beträchtliche
Ablenkung für ihn dar ...
    »Welche Neuigkeiten bringt ihr aus
Morovia?« fragte er die Besucher, seine Stimme eine Spur lauter als gewöhnlich
und ein bißchen schroffer auch.
    Morovia, die Landeshauptstadt, lag
am Mittelmeer wie die Burg von St. James, und es war nur ein kurzer Ritt bis in
    die Stadt. Doch obwohl sich dort der
Palast befand und der formelle Sitz der Bavianer Regierung, suchte Rafael die
von hohen Mauern umgebene Stadt nur selten auf; sie enthielt zu viele
schmerzliche, aber auch bittersüße Erinnerungen für ihn.
    »Im Moment herrscht Ruhe«, sagte von
Freidling, der Gesandte aus Bavias nördlicher Provinz. Sein Blick glitt
    dabei zu Annie, die in kühlem
Schweigen auf der anderen Seite des Raums an ihrem Platz saß, und kehrte dann
zu Rafael zurück.
    Rafael war nicht beruhigt von den
Nachrichten, die von Freidling überbrachte. Es hatte auch »Ruhe« in der Stadt
    geherrscht, kurz bevor Georgiana
erschossen worden war. »Keine Gewalttätigkeiten also?« fragte er in einem Ton,
der deutlich sein Mißtrauen verriet.
    Von Freidling und Butterfield
wechselten einen Blick.
    »Es hat einen Zwischenfall in Miss
Covingtons Residenz gegeben, Euer Hoheit«, gestand Butterfield äußerst widerstrebend.
Auch er warf jetzt einen verstohlenen Blick auf Annie.
    Rafael beugte sich erschrocken vor,
kalte Angst breitete sich in seinem Magen aus. Felicia Covington war seine
    Geliebte gewesen im Jahr nach
Georgianas Tod, und obwohl ihr Verhältnis sich längst in reine Freundschaft verwandelt
hatte, empfand er noch sehr viel für sie. Falls Felicia etwas zustieß, würde
sein Gewissen ihm für den Rest seines Lebens keine Ruhe mehr lassen.
    »Was für eine Art von Zwischenfall?«
fragte er mühsam beherrscht.
    Von Freidling bewegte sich unbehaglich
auf seinem Stuhl. »Rebellen versuchten einzubrechen. Mr. Barretts Männer
konnten sie jedoch vertreiben, und Miss Covington ist nichts zugestoßen.«
    Rafael war nicht beruhigt. Wenn er
bessere Maßnahmen getroffen hätte, um Georgiana zu schützen, wäre sie jetzt
noch am Leben. »Ich möchte, daß sie sofort hierhergebracht wird! Unter
bewaffneter Eskorte selbstverständlich.«
    Keiner der beiden Männer erhob
Einspruch, aber aus dem Augenwinkel sah Rafael, wie Annie sich gespannt auf
ihrem Stuhl vorbeugte. Sämtliche Anzeichen würdevoller Auflehnung waren aus
ihrem Gesicht verschwunden, ersetzt von einem mißtrauischen, nachdenklichen
Ausdruck.
    Und Rafael kam zu einer Einsicht,
die ihn sehr beunruhigte.
    Annie war bestürzt über das, was sie in
Rafaels Gesicht sah und in seiner Stimme hörte, als er und die Besucher über
die mysteriöse Miss Covington sprachen. Es war nicht zu übersehen, wie wichtig
diese Frau dem Prinzen war,

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