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Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

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schon gar nicht nach seinem ausdrücklichen Befehl,
sie auf die Burg zu bringen.
    Miss Covington war zweifellos sehr
schön und kultiviert, und der Nachdruck, mit dem Rafael gesprochen hatte,
bewies, daß eine enge und vermutlich auch intime Bindung wischen ihnen bestand.
    Annie hätte am liebsten geweint bei
der Entdeckung, obwohl sie wußte, daß die Neuigkeiten sie eigentlich nicht
überraschen dürften. Es war vollkommen normal für einen Mann wie Rafael,
mindestens eine Geliebte zu haben, es war ein Brauch, der in den Oberklassen
üblich war. Mehrere der Freunde ihres Vaters hielten sich Mätressen; Charlotte
Trevarren dagegen hatte ihrem Mann einen langsamen und qualvollen Tod
versprochen, falls er je den Fehler begehen sollte, sein Ehegelübde zu brechen.
Anscheinend hatte er sich ihre Worte zu Herzen genommen, denn soweit Annie
sagen konnte, war die Leidenschaft, die ihre Eltern miteinander verband,
stürmisch wie eh und je.
    Um ihre bedrückte Miene zu
verbergen, falls Rafael in ihre Richtung schaute, stand Annie auf und kehrte
ihm den Rücken zu, während sie so tat, als betrachtete sie den Raum. Die Wände
waren kahl und wiesen nichts von den Gemälden, Wandteppichen und goldgerahmten
Spiegeln auf, die üblich für solche Säle waren, und obwohl der Raum sehr groß
war, standen auch fast keine Möbel darin. Das einzige, was im Überfluß
vorhanden schien, waren Bücher, sehr alte, mit brüchigen Rücken, und andere,
die noch sehr neu aussahen.
    Während Annie vor dem bleigefaßten
Fenster stand und in den sonnigen Garten hinausschaute, kämpfte sie gegen das
plötzliche und absolut lächerliche Bedürfnis an, zu weinen, der Gefühle wegen,
die Rafael dieser Miss Covington entgegenzubringen schien. Sie, Annie, war eine
Närrin gewesen, sich in ihn zu verlieben, und naiv, zu glauben, daß ein so
vitaler Mann wie er sich keine Geliebte hielt.
    Dabei war es keineswegs so, als ob Annie
erwartet hätte, während ihres Besuchs in Bavia von Rafael als Frau akzeptiert
zu werden. Nein, für ihn war sie nichts als die lästige Schulfreundin seiner
Schwester, die älteste der ungebärdigen Trevarrentöchter, und dies natürlich
erst recht nach ihrer nächtlichen Eskapade auf dem Wehrgang. Im Nachhinein
betrachtet, erschien ihr diese Episode jetzt nicht nur töricht, sondern sogar
auf elende, jammervolle Weise kindisch.
    Annie dachte an Johanna von Orlans,
die sie bewunderte, und bemühte sich, stark zu sein. Sie hatte immer gewußt,
daß ihre Liebe zu Rafael keine Erwiderung finden würde, und hatte sich längst
auf ein Leben als alte Jungfer eingestellt. Alles, was sie sich von diesem
kurzen Besuch in St. James erhoffte, war eine Sammlung schöner Erinnerungen,
die ihr die einsamen Jahre, die vor ihr lagen, erleichtern sollten.
    Warum tat es dann so weh, zu
erfahren, daß Rafael eine gewisse Miss Covington liebte?
    Annie war sehr erleichtert, als die
Besprechung endete und die beiden Abgesandten gingen. Vielleicht würde Rafael
nun seine Entscheidung, den ganzen Tag in seiner Nähe bleiben zu müssen,
rückgängig machen und sie gehen lassen. Im Moment wünschte sie sich nichts
sehnlicher, als allein zu sein, am liebsten in einem der Gärten, um dort ihre
Emotionen unter Kontrolle bringen und sich zu beruhigen.
    Als sie Rafaels Blick auf sich
spürte, drehte sie sich zu ihm um, obwohl sie das eigentlich nicht wollte.
    »Annie ...« begann er rauh, um sich
dann mit den Fingern durch das Haar zu streichen und den Kopf zu schütteln wie
in Antwort auf eine stumme, innere Frage hin. »Lucian und ich hatten uns zum
Fechten verabredet ...«
    Annies berühmtes Temperament wallte
plötzlich wieder auf. »Dann«, sagte sie nach einem tiefen Atemzug, »habe ich
vielleicht das Vergnügen, mit anzusehen, wie Ihr von kaltem Stahl durchbohrt
werdet!«
    Rafael lachte, und die Spannung wich
ein wenig. »Mag sein«, gab er zu, nahm wieder ihren Arm und führte sie aus dem
kahlen Saal. »In der Zwischenzeit jedoch wollen wir sehen, ob Sie sich benehmen
können.«
    »Ihr beurteilt mich zu streng,
Hoheit«, sagte Annie gereizt, während sie sich beeilte, um mit ihm Schritt zu
halten. »Ich habe schließlich nur einen Fehler gemacht, während Ihr so tut,
als hätte ich ein ganzes Leben voller Untugenden hinter mir!«
    Rafael zog eine dunkle Braue hoch
und bedachte Annie mit einem knappen Lächeln. »Phaedra hat mir oft aus St.
Apasia geschrieben«, bemerkte er. »Meistens natürlich nur, um mich um Geld zu
bitten, aber sie hat mir auch

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