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Quadriga: Kriminalroman (German Edition)

Quadriga: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Quadriga: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Loibelsberger
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muss ihn nicht noch
einmal töten. Weder beim Braten noch beim Filetieren. Er hatte so einen Hunger,
dass nach einer Viertelstunde nur mehr ein Haufen Gräten sowie der hässliche Kopf
des Butts übrig geblieben waren. Leises Rülpsen unterdrückend bestellte er sich
einen Espresso doppio und einen doppelten Grappa. Beides genoss er mit Andacht,
still in sich versunken. Und als er so ganz mit sich selbst im Reinen dasaß, vor
sich ins Leere starrte und mit der Seele baumelte, registrierte er mit Verwunderung,
dass Luciana ihm beim Vorbeigehen zärtlich über den Kopf streichelte. Diese liebevolle
Geste regte seine erotischen Fantasien an. Vor seinem geistigen Auge sah er neuerlich
die unglaublich langen Beine Silvana Vitis. Er stellte sich vor, wie sie ihn mit
Handschellen fesselte, er sich wehrte, ihr Minirock dabei noch ein Stück weiter
hinauf rutschte und …
    »Lupino!
Guarda! Sei in TV … [27] «
    Marcellos
dröhnende Bassstimme riss ihn aus seinen Träumen. Desorientiert schweifte sein Blick
durch den Raum und blieb auf seinem eigenen Konterfei, das über den Bildschirm des
TV-Geräts flimmerte, hängen. Marcello erhöhte die Lautstärke per Fernbedienung.
Nun war er klar und deutlich zu hören. Seine Schilderung der Fakten rund um den
Eklat mit Philipp Mühleis sowie seine Stellungnahme zum ›Venedig-Ripper‹. Die Venezianer
in der Osteria spendeten seinem Statement Applaus, die Touristen sahen ihn groß
an, so wie man ein fremdes, faszinierendes Tier anstarrt. Marcello gab eine Runde
Prosecco zu seinen Ehren aus. Als er mit Luciana anstieß, sah sie ihm tief in die
Augen und näherte sich ihm ganz langsam. Lupino ging aufs Ganze und küsste sie.
Zu seiner Überraschung spürte er eine Welle von Wärme und Zuneigung. Und plötzlich
war wieder dieses erotische Knistern da, aus dem ihn Marcellos Stimme vorher herausgerissen
hatte. Still vor sich hinlächelnd schlürfte er seinen Prosecco. Dann trank er einen
weiteren Espresso doppio. Heute Abend wollte er fit bleiben.
     
    Als gegen ein Uhr früh Luciana aufstand
und ihn fragte, wo denn in seiner Wohnung das Klo sei, dachte er sich: Sie hat zwar
nicht so lange Beine wie Silvana Viti, dafür aber einen tollen Busen. Lucianas Busen,
den er heute erstmals in natura sah, war so, wie er weibliche Brüste liebte: groß
und birnenförmig. Brüste, deren Gewicht er in den letzten Stunden immer und immer
wieder in den Händen gehalten und genossen hatte. Außerdem liebte er Lucianas tiefe,
heisere Stimme. Dagegen erinnerte ihn die wesentlich höhere und schärfere Stimme
der Polizistin an das Kratzen eines Nagels auf Metall. Ja, und was seine Fantasie
mit den Handschellen betraf, wer weiß? Vielleicht würde Luciana ja einmal darauf
Lust bekommen …

Einunddreißig
     
    Marco genierte sich. Und dies nicht
nur eine kurze Zeit lang, so wie es bisher manchmal der Fall gewesen war, wenn er
irgendwas besonders Dummes angestellt hatte. Nein, diesmal genierte er sich lange
und anhaltend. Okay, er war zwar mittlerweile um 100 Euro reicher, aber irgendwo
nagten massive Zweifel, ob das wirklich so ein tolles Geschäft war, auf das er sich
da eingelassen hatte. Denn tief in ihm drinnen steckte eine Scham, die er merkwürdiger
Weise nicht loswerden konnte. Im Gegenteil, sie fraß sich wie Säure immer weiter
in ihn hinein und verfolgte ihn auch in der Nacht in seinen Träumen. Signor Smith,
den er bisher immer als seinen starken Freund und Beschützer empfunden hatte, hatte
sich gewandelt. Es war, wie wenn er die freundliche Maske ihm gegenüber abgenommen
hätte und darunter sich ein Raubvogelgesicht zeigte, vor dem er Angst hatte. Signor
Smith’ spitze, lange Nase erschien Marco nun wie ein Schnabel. Seine kalten, forschenden
Augen waren die eines Greifvogels, der von ganz weit oben seine Beute fixierte und
sie nicht mehr aus den Augen ließ. Cristo! [28] Vor diesen Augen graute Marco.
Früher waren sie ihm nicht so aufgefallen, aber nun, wenn er stillhalten musste
und ihn diese Augen fixierten und über jede Kleinigkeit, jedes Grübchen, jede noch
so geheime Falte seines Körpers glitten, schauderte ihn. Nein, da war nicht mehr
das amüsierte, nachsichtige Lächeln, mit dem er Marco damals das heiße Pizzablech
auffangen geholfen hatte. Da war nur mehr ein kalter, forschender Blick, der seinen
Körper abtastete. So intensiv, dass es fast wehtat. Vor diesem schamlosen Blick
graute Marco. Und deshalb genierte er sich so sehr. Eigentlich unfassbar, dass Signor
Smith, sein

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