Quadriga: Kriminalroman (German Edition)
in
Augenschein und sagte grinsend:
»Gratulation,
Herr Mühleis. Dank Ihrer Unbeherrschtheit ist uns der Eingangsschlüssel mehr oder
weniger in den Schoß gefallen.«
Er steckte
vorsichtig den Schlüssel ins Schloss. Dann drehte er ihn zweimal um, und die Tür
sprang auf. Lupino wandte sich Ranieri zu, der mittlerweile gut zehn Meter von ihnen
entfernt war und heftig gestikulierend telefonierte.
»Ludwig,
wir haben den Schlüssel gefunden!«
Ranieri
schaute ihn zweifelnd an, dann, als Lupino auf die offene Tür deutete, schaltete
er einfach sein Handy aus und stürmte auf Mühleis und Lupino zu. Ohne nach den näheren
Umständen zu fragen, ging er in den Laden und knurrte:
»Schau
mer mal.«
Dreiundfünfzig
Mit hochrotem Schädel riss Renzo
Mastrantonio die Tür seines Büros auf und brüllte Signora Orsetto an, dass sie ihn
schleunigst mit dem Handy von Commissario Ranieri verbinden solle. Er informierte
sie aufgebracht, dass er gerade mit Ranieri telefoniert hatte und plötzlich unterbrochen
worden war. Die Kröte duckte sich und verharrte in dieser Haltung. Das brachte den
Vicequestore noch mehr in Rage. Er schrie sie an, dass er ihn sofort und nicht übermorgen
sprechen wolle. Nun bewegte sich die krötengesichtige Vorzimmerdame. Mit aufreizend
langsamen Bewegungen blätterte sie in einem Telefonverzeichnis, wobei sie für jedes
Mal umblättern den Finger an den Lippen befeuchtete. Endlich griff sie zum Telefon
und wählte Ranieris Handynummer. Dabei hatte sie den Zimmerlautsprecher eingeschaltet,
sodass Mastrantonio das Tuten am anderen Ende der Leitung mitverfolgen konnte. Als
das Tuten plötzlich aufhörte und Ranieris Mailbox sich meldete, verzog er das Gesicht
zu einer Grimasse. Dann folgte ein Schwall von Flüchen. Der Vicequestore brüllte
Signora Orsetto an, sie solle es gefälligst so lange versuchen, bis Ranieri sich
meldete. Worauf die Kröte ihn mit einem langen müden Blick bedachte. Dann schlug
sie vor, doch Silvana Viti herauf zu zitieren. Die liebe Kollegin müsste doch wissen,
wo sich der Commissario herumtreibe. Mastrantonio verstummte, sah seine Sekretärin
verblüfft an und herrschte sie an, dass sie sofort die Viti heraufholen solle. Signora
Orsetto wählte, ohne eine Miene zu verziehen Vitis Nummer und teilte ihr in kurzen
Worten und in barschem Ton mit, dass sie sofort zum Dottore kommen solle. Zwei Minuten
später klopfte es an der Vorzimmertür, und Silvana Viti schlich wie ein Schulmädchen,
das etwas angestellt hatte, herein. Der Vicequestore brüllte sie an:
»Dov’
é Ranieri? [48] «
Die Inspektorin
zuckte wegen des rüden Tonfalls zusammen und dachte sich: Um Gottes willen! Was
hat denn Ranieri schon wieder ausgefressen? Dann antwortete sie cool und freundlich:
»Ranieri?
Penso che sia a casa del Signor Cecchetti. ** «
»Cecchetti?«,
brüllte Mastrantonio. »Chi cazzo è questo Cecchetti? *** «
Nun
wurde Silvana Viti rot. Hatte Ranieri dem Vicequestore keinen Bericht geschickt?
Gestern
Abend sprach er doch noch von einer E-Mail, die er dem Chef schicken wollte. Zögernd
und mit leiser Stimme fragte die Inspektorin ihren Vorgesetzten, ob er heute schon
in seine E-Mails hineingeguckt habe. Der Dottore schnauzte sie an, dass sie das
nichts anginge. Noch ehe sie etwas erwidern konnte, hatte die heftig auf der Tastatur
ihres Computers herumtippende Signora Orsetto trocken festgestellt, dass gestern
Abend noch eine interne E-Mail vom Commissario gekommen sei. Mastrantonio warf ihr
einen bösen Blick zu und wollte wissen, was Ranieri geschrieben habe. Mit neutraler
Stimme las Signora Orsetto ihm vor, dass Ranieri den begründeten Verdacht habe,
dass sich im Rahmenmachergeschäft und im dazugehörigen Haus des Signor Cecchetti
der ›Venedig-Ripper‹ eingenistet habe. Signor Cecchetti sei seit mehreren Wochen
unauffindbar, seine Tochter in den USA, zu der er reisen wollte, war ermordet worden.
Cecchetti selbst sei nie in die USA eingereist. Deshalb ersuche Ranieri den Vicequestore
dringend, mit dem Untersuchungsrichter zu sprechen, dass dieser einen Hausdurchsuchungsbefehl
ausstelle. Es sei dringend. Signora Orsetto blickte mit einem sybillinischen Lächeln
auf den krötenartigen Gesichtszügen zu Mastrantonio und bemerkte trocken, dass der
Commissario selbst gestern Abend noch hier bei ihr gewesen sei und den Vicequestore
gesucht habe. Er sei aber leider außer Haus und unauffindbar gewesen. Mastrantonio
wurde plötzlich ganz unsicher. Silvana Viti, die das bemerkte,
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