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Qual (German Edition)

Qual (German Edition)

Titel: Qual (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King , Richard Bachman
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Blaze damit fertig war, zog er sein eigenes Unterhemd aus und schnüffelte an dem, was das Baby ausgespuckt hatte. Es roch ganz leicht nach Käse. Vielleicht, dachte er, war die Milch doch noch ein bisschen zu dick. Oder vielleicht hätte er auch eine Pause machen und ihn schon nach einem halben Fläschchen mal aufstoßen lassen sollen. George hatte recht. Er brauchte ein Buch. Unbedingt.
    Er schaute zu Joe hinab. Das Baby hatte eine Ecke von der Decke in seinen Händen zusammengeknüllt und untersuchte sie nun. Er war ein süßer kleiner Scheißer. Sie würden sich Sorgen um ihn machen, Joe Gerard III. und seine Frau. Dachten wahrscheinlich, das Kind wäre in irgendeine Kommodenschublade gesteckt worden, weinend und hungrig und mit vollgeschissenen Windeln. Oder noch schlimmer, es lag in einem flachen Loch, das in die gefrorene Erde gehackt worden war, ein winziges Stückchen Mensch, das seine letzten paar Atemzüge in die eiskalte Luft hinauskeuchte. Und dann ab in den grünen Müllsack …
    Wie war er denn auf diesen Gedanken gekommen?
    George. George hatte das gesagt. Er hatte von der Lindbergh-Entführung erzählt. Der Kidnapper hatte Hopeman geheißen, Hoppeman, irgend so was.
    »George? George, tu ihm bitte nicht weh, wenn ich weg bin.«
    Keine Antwort.
     
    Er hörte Nachrichten, während er sein Frühstück zubereitete. Joe lag auf dem Boden, auf einer Decke, die Blaze für ihn dort ausgebreitet hatte. Er spielte mit einer von Georges Tageszeitungen. Er hatte eine Seite zu einem Zelt über seinen Kopf gezogen und strampelte vor Begeisterung.
    Der Sprecher beendete gerade seinen Bericht über einen republikanischen Senator, der Bestechungsgelder angenommen hatte. Blaze hoffte, dass George das mitbekommen hatte. George stand auf solche Sachen.
    »Die Top-Lokalnachricht ist jedoch eine mutmaßliche Entführung in Ocoma Heights«, sagte der Sprecher jetzt. Blaze legte den Löffel, mit dem er seine Kartoffeln in der Bratpfanne gewendet hatte, beiseite und hörte aufmerksam zu. »Der Säugling Joseph Gerard IV., Erbe des Reedereivermögens der Gerards, wurde entweder am späten gestrigen Abend oder am frühen Morgen des heutigen Tages vom Anwesen der Gerards in Ocoma Heights entführt. Eine Schwester von Joseph Gerard, dem Urgroßvater des Jungen – früher bekannt als ›das Wunderkind der amerikanischen Transportschifffahrt‹ – , wurde am frühen Morgen vom Koch der Familie bewusstlos auf dem Boden der Küche gefunden. Norma Gerard, die etwa Mitte siebzig sein soll, wurde ins Maine Medical Center gebracht, das ihren Zustand als kritisch bezeichnet.
Auf die Frage, ob bereits das FBI um Unterstützung gebeten worden sei, war Sheriff John D. Kellahar aus dem Castle County derzeit zu keinem Kommentar bereit. Ebenso wenig wollte er sich dazu äußern, ob von den Entführern bereits eine Lösegeldforderung eingegangen war …«
    Ach ja, dachte Blaze, so was muss ich denen ja noch schicken.
    »… allerdings betonte er, dass die Polizei eine ganze Reihe von Spuren habe, die derzeit untersucht würden.«
    Wie zum Beispiel was?, fragte sich Blaze und lächelte leicht. So ein Zeug sagten die immer. Welche Spuren konnten sie denn schon groß haben, wenn er die alte Dame ausgeknockt hatte? Er hatte ja sogar die Leiter mitgenommen. Die redeten immer so ein Zeug, das war alles.
    Er aß sein Frühstück und setzte sich dann auf den Boden und spielte mit dem Baby.
     
    Als er sich an diesem Nachmittag fertig machte, um das Haus zu verlassen, war das Baby gefüttert und frisch gewickelt und lag schlafend in der Wiege. Blaze hatte an dem Mischungsverhältnis noch ein wenig herumprobiert und hatte den Jungen nach einem halben Fläschchen aufstoßen lassen. Es funktionierte richtig gut. Erste Sahne. Anschließend hatte er bei dem Kleinen die Windeln gewechselt. Beim Anblick der ganzen grünen Kacke bekam er einen Schreck, aber dann fielen ihm die Erbsen ein.
    »George? Ich fahr jetzt los.«
    »Okay«, sagte George aus dem Schlafzimmer.
    »Besser, du kommst jetzt her und passt auf den Kleinen auf. Falls er wach wird.«
    »Das werde ich schon, keine Panik.«
    »Gut«, sagte Blaze wenig überzeugt. George war tot. Er redete mit einem Toten. Er bat einen Toten, den Babysitter zu machen. »Hey, George. Vielleicht sollte ich …«
    »Sollte-bollte. Würde-hürde. Geh jetzt, verschwinde endlich. «
    »George …«
    »Geh, hab ich gesagt! Zisch ab!«
    Blaze ging.
     
    Es war ein heller, funkelnder Tag und auch ein bisschen wärmer.

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