Qual (German Edition)
Hausarzt des Hetton House (einem kettenrauchenden alten Quacksalber namens Donald Hough) als lediglich ein übler Fall von Grippe diagnostiziert worden. Diese Fehldiagnose würde Johns Tod bedeuten, allerdings dauerte es bis dahin noch ein Jahr.
»Hier ist eure Hütte«, sagte Doug Bluenote. Er hatte das Bauerngesicht seines Vaters, nicht jedoch dessen merkwürdig blasse Augen. »Es haben schon eine Menge Jungs vor euch hier gewohnt. Wenn’s euch gefällt, behandelt alles so, dass auch noch viele Jungs nach euch drin wohnen können. Falls es nachts frisch werden sollte, gibt es einen Holzherd, aber wahrscheinlich wird’s nicht kalt. Es gibt vier Betten, also
kann sich jeder von euch eins aussuchen. Wenn wir noch einen Jungen finden, kriegt er das, was übrig bleibt. Es gibt eine Kochplatte für kleine Snacks und Kaffee. Zieht morgens bitte den Stecker raus, bevor ihr geht, und zieht den Stecker auch abends raus, bevor ihr schlafen geht. Es gibt Aschenbecher. Da gehören eure Kippen rein. Nicht auf den Boden. Nicht auf den Hof. Alkohol und Poker sind verboten. Falls ich oder mein Dad euch beim Trinken oder Pokerspielen erwischen, seid ihr draußen. Es gibt keine zweite Chance. Frühstück gibt’s um sechs im Haupthaus. Mittagessen gibt’s um zwölf, und das werdet ihr da draußen einnehmen.« Er wedelte mit dem Arm in die grobe Richtung der Blaubeerfelder. »Abendessen ist um sechs, wieder im Haupthaus. Morgen früh um sieben geht die Ernte los. Gentlemen, ich wünsche euch einen schönen Tag.«
Als er weg war, schauten sie sich um. Es war gar nicht so übel. Der Herd war ein massives altes Ding mit einem einfachen Backofen. Die Betten standen alle auf dem Boden – zum ersten Mal seit Jahren würden sie nicht übereinandergestapelt wie Münzen in einem Schlitz schlafen müssen. Außer der Küche und den beiden Schlafzimmern gab es einen ziemlich großen Gemeinschaftsraum. Hier waren Apfelsinenkisten zu einem einfachen Bücherregal zusammengestellt worden. Darin die Bibel, ein Sexualkundebuch für junge Menschen, ein Roman über die Erlebnisse eines Alkoholikers und Vom Winde verweht . Auf dem Boden lag ein einfacher, verschossener Teppich. Der Boden selbst bestand aus losen Brettern, so ganz anders als die Fliesen und das gebohnerte Holz im HH. Diese Bretter hier knarrten und rumpelten, wenn man darüber lief.
Während die anderen ihre Betten machten, ging Blaze hinaus auf die Veranda, um nach dem Fluss Ausschau zu halten. Ja, da war der Fluss. An dieser Stelle seines Laufes schlängelte er sich durch eine sanfte Senke, aber nicht sehr weit flussaufwärts konnte er das einlullende Donnern eines Wasserfalles hören. Knorrige Bäume, Eichen und Weiden, beugten sich weit über das Wasser, als wollten sie ihre Spiegelbilder betrachten. Libellen und Moskitos sausten dicht über die Wasseroberfläche, berührten sie manchmal kurz. Von irgendwo weit weg in der Ferne kam das raue Summen einer Zikade.
Blaze spürte, wie sich etwas in ihm löste.
Er setzte sich auf die oberste Stufe der Veranda. Nach einer Weile kam John heraus und setzte sich neben ihn.
»Wo ist Toe?«, fragte Blaze.
»Liest in diesem Sexbuch. Er sucht nach Bildern.«
»Hat er welche gefunden?«
»Noch nicht.«
Eine Weile saßen sie schweigend da.
»Blaze?«
»Ja?«
»Gar nicht so übel, oder?«
»Nein.«
Aber er erinnerte sich trotzdem an die Bowies.
Um halb sechs gingen sie zum Haupthaus. Der Weg folgte dem Flussverlauf und brachte sie schon bald zu den Bend Cabins, wo ein halbes Dutzend Mädchen untergebracht waren.
Die Jungs aus dem HH und die harten Typen aus der South Portland gingen weiter, als wären sie jeden einzelnen gottverdammten
Tag mit Mädchen zusammen – Mädchen mit Brüsten ! Die Mädchen schlossen sich ihnen an, manche schminkten sich die Lippen, während sie miteinander schwatzten, als wäre mit Jungs zusammen zu sein – Jungs mit einem Anflug von Bartstoppeln – so normal wie Fliegen zu erschlagen. Ein oder zwei von ihnen trugen Nylons, die anderen Söckchen. Die Söckchen waren bei allen an exakt der gleichen Stelle auf dem Schienbein umgeschlagen. Kleine Makel in ihren Gesichtern waren mit Make-up überdeckt worden – in einigen Fällen so dick wie Zuckerguss. Ein von den anderen offensichtlich sehr beneidetes Mädchen hatte grünen Lidschatten aufgelegt. Alle hatten diesen Gang mit wiegenden Hüften perfektioniert, den John Cheltzman später mit Nuttengang umschrieb.
Einer der harten Typen aus der South
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