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Qual

Qual

Titel: Qual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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unsere Möglichkeiten steht. Was glauben Sie? Daß wir die letzten zwanzig Jahre in seliger utopischer Apathie verbrachten und auf die Gewißheit vertrauten, daß unser positives Karma jeden Invasoren von uns fernhalten würde?« Sie setzte ihre Arbeit fort, jedoch ein wenig unsanfter.
    Ich war amüsiert. »Nein. Ich erwarte, daß Sie sehr gut darauf vorbereitet sind, sich zu verteidigen. Aber diesmal, denke ich, sind Sie der Bedrohung nicht gewachsen. Sie sind hoffnungslos unterlegen.«
    Sie entrollte einen Streifen Verbandsstoff und warf mir einen strengen Blick zu. »Hören Sie mir zu, weil ich es nur einmal sagen werde. Wenn die Zeit kommt, sollten Sie lieber auf uns vertrauen.«
    »Daß Sie was tun?«
    »Daß wir es besser wissen als Sie.«
    Ich lachte verbissen. »Das ist nicht zuviel verlangt.«
     
    Als ich in den Korridor einbog, der zu Mosalas Zimmer führte, sah ich, wie De Groot sich in gedämpftem Tonfall, aber mit unübersehbarer Aufregung mit den zwei Sicherheitskräften unterhielt. Sie entdeckte mich und winkte mir zu. Ich beschleunigte meine Schritte.
    Als ich die kleine Gruppe erreicht hatte, hob De Groot schweigend ihr Notepad und drückte eine Taste. Eine Nachrichtensendung wurde abgespielt.
    »Die neuesten Entwicklungen in der Krise auf der abtrünnigen Insel Stateless. Die gewaltbereite anarchistische Splittergruppe, die zur Zeit den Flughafen besetzt hält, hat soeben der Forderung südafrikanischer Diplomaten nachgegeben, die dringend notwendige Evakuierung von Violet Mosala zu gestatten, der siebenundzwanzigjährigen Nobelpreisträgerin, die gegenwärtig an der umstrittenen Einsteinkonferenz teilnimmt.« Im Hintergrund drehte sich unter einem Bild von Mosala ein stilisierter Globus, und auf das Stichwort wurde zuerst Stateless, dann Südafrika herangezoomt. »Angesichts der primitiven medizinischen Einrichtungen auf der Insel waren die einheimischen Ärzte nicht in der Lage, eine akkurate Diagnose abzugeben, doch Mosalas Zustand ist offensichtlich lebensbedrohlich. Wie es aus Mandela hieß, hat Präsidentin Nchabaleng sich mit einer persönlichen Bitte an die Anarchisten gewandt und vor wenigen Minuten die Antwort erhalten.«
    Ich nahm De Groot in die Arme, hob sie auf und wirbelte sie ein paarmal herum, bis mir schwindlig vor Freude war. Die Wachleute sahen uns zu und grinsten wie Kinder. Vielleicht war es nur ein mikroskopischer Sieg angesichts der Invasion, aber es war trotzdem das erste Gute, das seit sehr langer Zeit geschehen war.
    »Es genügt«, sagte De Groot leise. Ich stellte sie wieder auf die Beine und ließ sie los. »Das Flugzeug landet um drei Uhr morgens«, sagte sie. »Fünfzehn Kilometer westlich vom Flughafen.«
    Ich hielt den Atem an. »Weiß sie schon Bescheid?«
    De Groot schüttelte den Kopf. »Ich habe ihr noch gar nichts gesagt. Im Augenblick schläft sie. Das Fieber ist immer noch recht hoch, aber ihr Zustand wird eine Weile stabil bleiben. Die Ärzte wissen nicht, was das Virus als nächstes tun wird, aber sie können die Ambulanz mit einer Auswahl von Medikamenten bestücken, um auf die wahrscheinlichsten Notfälle vorbereitet zu sein.«
    »Es gibt da etwas, das mir große Sorgen macht«, sagte ich ernüchtert.
    »Welche?«
    »Wie ich Violet kenne, befürchte ich… wenn sie herausfindet, was wir hinter ihrem Rücken in die Wege geleitet haben, wird sie vermutlich hierbleiben wollen – aus reiner Dickköpfigkeit.«
    De Groot bedachte mich mit einem seltsamen Blick, als wäre sie sich nicht ganz sicher, ob ich es ernst meinte oder sie auf den Arm nehmen wollte – diesmal im übertragenen Sinne.
    »Wenn Sie das wirklich glauben«, sagte sie, »wissen Sie nicht das geringste über Violet.«

 

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26

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    Ich sagte De Groot, daß ich etwas schlafen und um 2.30 Uhr zurück sein wollte. Ich wollte Mosala auf jeden Fall eine gute Reise wünschen.
    Ich machte mich auf die Suche nach Akili, um hie die gute Neuigkeit zu erzählen, doch man hatte hie bereits entlassen. Ich schickte hie eine Botschaft und kehrte dann zum Hotel zurück, wusch mir das Gesicht und wechselte mein angesengtes Hemd. Meine Verbrennungen fühlten sich taub an und wie abgelöst von meiner Haut – die Lokalanästhetika hatten sie weggezaubert. Ich fühlte mich angeschlagen, aber siegreich – und zu aufgedreht, um ruhig sitzen, geschweige denn schlafen zu können. Es war fast elf, aber die Geschäfte hatten noch geöffnet. Ich machte mich auf den Weg und kaufte mir eine neue

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