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Qual

Qual

Titel: Qual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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in die Industriegebiete kamen, wo sich vereinzelte Fabriken und Lagerhäuser über die Fläche aus nacktem Fels verteilten, gab es plötzlich genügend Raum, sich frei zu bewegen. Als das blickdichte Gedränge rund um mich herum durchsichtiger wurde, konnte ich in einiger Entfernung ein halbes Dutzend Vierräder und sogar einen elektrischen Laster erkennen, die im Schrittempo mit der Menge fuhren.
    Zu diesem Zeitpunkt waren wir seit fast zwei Stunden unterwegs, aber die Sonne stand immer noch niedrig, und als sich die Menge verdünnte, war allmählich eine erfrischende Brise zu spüren. Meine Stimmung besserte sich ein wenig. Trotz des Ausmaßes dieses Exodus hatte ich nirgendwo echte Gewalt erlebt. Das Schlimmste, was ich beobachtet hatte, war ein wütendes Paar, das sich angeschrien und gegenseitig mangelnde eheliche Treue vorgeworfen hatte, während beide mit dem Strom dahintrotteten und gemeinsam die Enden eines zusammengerollten Zeltes trugen, in dem sich ihr Besitz befand.
    Mir wurde klar, daß diese Evakuierung lange vor der Invasion mehrfach geübt worden war – oder zumindest detailliert diskutiert worden war. Zivilverteidigungsplan D: An der Küste sammeln. Und eine geplante Evakuierung mit Zelten, Decken und Solarenergieöfen mußte sich nicht zu einer Katastrophe entwickeln, wie es beinahe überall sonst geschehen wäre. Wir kamen den Riffen und Meeresfarmen immer näher – den Quellen sämtlicher Nahrung für die Insel. Die Süßwasserarterien im Fels ließen sich verhältnismäßig leicht anzapfen, genauso wie die Abwasserleitungen. Wenn die Gefahren des Verhungerns, der Austrocknung und der Infektion die tödlichsten Waffen der modernen Kriegsführung darstellten, dann waren die Bewohner von Stateless hervorragend darauf vorbereitet, allem zu begegnen.
    Das einzige, was mir Sorgen machte, war die Gewißheit, daß die Söldner über all diese Dinge sehr gut Bescheid wissen mußten. Falls es ihre Absicht war, uns mit dem Granatbeschuß aus der Stadt zu treiben, mußte ihnen bewußt sein, wie wenig Elend sie damit erzeugen würden. Vielleicht glaubten sie, daß ausgewählte Aufnahmen vom Exodus genügten, um der breiten Öffentlichkeit den politischen Zusammenbruch von Stateless zu beweisen. Selbst ohne Szenen mit Hungersnot und Krankheit bestand kein Zweifel, daß die Position der Anti-Boykottisten bereits geschwächt worden war. Ich hatte jedoch den unangenehmen Verdacht, daß EnGeneUity sich nicht mit der Vertreibung einer Million Menschen in Zeltdörfer zufriedengab.
    Ich hatte die Aufnahmen aus Buzzos Suite zusammen mit einer knappen Aussage, die den Zusammenhang erklärte, an das FBI und die Zentrale der Sicherheitsfirma in Suva übermittelt. Dieser Weg erschien mir angemessen, um die Familien der drei Männer vom Tod ihres Angehörigen in Kenntnis zu setzen und eine Untersuchung einzuleiten, soweit dies unter den Umständen möglich war. SeeNet hatte ich keine Kopie geschickt – weniger aus Rücksicht gegenüber den trauernden Angehörigen, sondern eher weil ich zögerte, vor Lydia entweder einzugestehen, daß ich Fakten über Mosala und die AKs zurückgehalten hatte, oder das Verbrechen zu verschleiern, indem ich vorgab, nicht zu wissen, aus welchem Grund Buzzo ermordet worden war. Ganz gleich, was ich tat, am Ende geriet ich wohl ohnehin in Schwierigkeiten, aber ich wollte das Unvermeidliche zumindest noch ein paar Tage hinausschieben, sofern das möglich war.
    Nach drei Stunden langsamen Marsches aus der Stadt entdeckte ich in der Ferne etwas Verschwommenes und Buntes, das sich bald in ein weitläufiges Muster aus hellgrünen und orangefarbenen Quadraten auflöste, die sich mehrere Kilometer weit über den Fels erstreckten. Wir hatten soeben das Zentralplateau hinter uns gelassen, und nun neigte sich der Boden sanft bis zur Küste hinab. Ob es dieses bescheidene Gefälle war oder die Aussicht auf ein Ende des Marsches, jedenfalls ging es sich auf einmal leichter. Dreißig Minuten später blieben die Menschen um mich herum stehen und bauten ihre Zelte auf.
    Ich setzte mich auf meinen Koffer und ruhte mich eine Weile aus, bis ich pflichtbewußt begann, alles aufzuzeichnen. Ob die Evakuierung nun geübt worden war oder nicht, die Insel arbeitete jedenfalls bereitwillig mit den Flüchtlingen zusammen, während sie ihre Lager aufschlugen. Der Vorgang wirkte gar nicht wie der verzweifelte Versuch, in einem Notfall zu improvisieren, sondern eher, als würden die fehlenden Teile einer komplizierten

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