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Qual

Qual

Titel: Qual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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Sekunden geleert. Ich konnte mich durch die Menge drängen, die sich auf dem schmalen Platz zwischen den Marktbuden und dem Restaurant gebildet hatte, doch dann wurde ich wieder fortgerissen, als die Leute in panischer Angst zurückwichen.
    Ein junger Fidschianer war durch eine unsichtbare Maschinerie mehrere Meter in die Höhe gehoben worden. Er hatte die Augen vor Entsetzen weit aufgerissen und schrie um Hilfe. Er wehrte sich verzweifelt, doch seine Arme hingen schlaff herab, blutig und unbrauchbar, und weißer Knochen ragte aus einem Ellbogen hervor. Er konnte nicht das geringste gegen das Ding ausrichten, das ihn gepackt hatte.
    Die Menschen heulten und schrien – und versuchten aus der Menge zu flüchten. Vor Schrecken erstarrt leistete ich zu lange Widerstand, so daß ich auf die Knie geworfen wurde. Ich bedeckte meinen Kopf und kauerte mich auf den Boden, aber ich blieb trotzdem ein Hindernis für die Massenflucht. Ein schwerer Körper stolperte über mich, und ich bekam seine Knie und Ellbogen zu spüren. Dann stützte er sich auf mir ab, um das Gleichgewicht wiederzufinden, und hätte mir dabei fast die Wirbelsäule gebrochen. Ich blieb in Kauerstellung, während die Zusammenstöße weitergingen. Ich wäre gerne aufgestanden, aber ich war überzeugt, daß ich unmittelbar darauf wieder zu Boden gerissen und möglicherweise mein Gesicht zertrampelt würde. Die verzweifelten Schreie des Mannes verursachten mir zusätzlichen Schmerz. Ich zog den Kopf noch tiefer zwischen die Arme und versuchte, seine Klagen auszublenden. Irgendwo in der Nähe stürzte sachte ein Zelt ein.
    Mehrere Sekunden verstrichen, in denen niemand mehr mit mir zusammenstieß. Ich hob den Kopf und sah, daß der Platz verlassen war. Der Mann war noch am Leben, aber er verdrehte immer wieder die Augen, während sein Kinn sich schwach bewegte. Jetzt waren auch seine beiden Beine zertrümmert. Blut tropfte auf seinen unsichtbaren Angreifer – jeder Tropfen wurde mitten im Fall aufgehalten und breitete sich aus, der einzige Hinweis auf eine greifbare Oberfläche, bevor er im verborgenen Panzer versickerte. Ich suchte den Boden nach meiner Kamera ab und gab leise und erstickte Laute der Wut von mir. Meine Kehle war zugeschnürt, mein Brustkorb zusammengequetscht. Jeder Atemzug, jede Bewegung war eine Tortur. Schließlich fand ich die Kamera, brachte sie an, erhob mich wankend auf die Beine und begann zu filmen.
    Der Mann starrte mich fassungslos an. Er schaute mir direkt in die Augen und sagte: »Helfen Sie mir!«
    Ich streckte machtlos eine Hand in seine Richtung. Das Insekt ignorierte mich – und ich wußte, daß mir keine Gefahr drohte, denn es wollte, daß ich alles sah. Doch mir war schwindlig vor Wut und Hilflosigkeit, während mir kalte, stinkende Bäche aus Schweiß über Gesicht und Brust rannen.
    Ein kompliziertes Interferenzmuster lief über die Umrisse des Roboters, als er den Mann noch höher emporhob. Die Kamera folgte meinem Blick, bis ich wußte, daß nur noch der geschundene Körper und der gleichgültige Himmel im Bild waren.
    Ich hörte mich selbst brüllen: »Wo bleibt eure verdammte Miliz? Wo sind eure Waffen? Wo sind eure Bomben? Tut doch etwas!«
    Der Kopf des Mannes kippte zur Seite, und ich hoffte, daß er das Bewußtsein verloren hatte. Unsichtbare Greifzangen zerbrachen seine Wirbelsäule und warfen ihn dann fort. Ich hörte, wie die Leiche auf die Markise über der Wasserpumpe prallte und dann zu Boden rutschte.
    Das gesamte Lager der zehntausend Flüchtlinge schien in meinem Kopf zu schreien, und ich brüllte zusammenhanglose Flüche, aber ich hielt den Blick starr auf die Stelle gerichtet, an der sich der Roboter befinden mußte.
    Auf dem Boden vor mir wurde ein lautes Scharren hörbar. Eine lähmende Stille breitete sich in den Gassen aus, die zu diesem Platz führten. Dann spielte das Insekt mit dem Licht und deutete uns seine Umrisse an – in Felsgrau vor dem Himmel und in Himmelblau vor dem Fels. Der Körper, der an den sechs Stelzenbeinen hing, war länglich und segmentiert. An jedem Ende drehte sich unruhig witternd ein neugieriger Kopf. Vier gelenkige, mit scharfen Klauen bewaffnete Tentakel schoben sich aus Öffnungen im Panzer und wurden wieder eingezogen.
    Ich stand schwankend in der Stille und wartete, daß etwas geschah – daß jemand mit Plastiksprengsätzen in den Armen zwischen den Zelten hervorkam und in einer Kamikaze-Aktion direkt auf die Maschine zulief… doch er wäre dem Ding nicht näher

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