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Qual

Qual

Titel: Qual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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hatte: die automatische Verbreitung ihrer UT über die Welt.
    Längere Zeit schwieg Akili mit konzentriert gerunzelter Stirn. In heinem Gesicht hatte sich etwas verändert, seit ich hie das letzte Mal im Krankenhaus gesehen hatte. Der tiefe Schock der Erkenntnis über die Natur der angeblichen Vermischungsseuche war einer stillen Erwartung gewichen – als wäre hie jetzt bereit jeden Moment zum Opfer von Qual zu werden, als wäre hie trotz der zu erwartenden Schrecken und Leiden geradezu begierig auf diese Erfahrung. Selbst die wenigen Opfer, die auf jene seltsame Art kurzfristig ruhig und klar geworden waren, hatten bald einen Rückfall erlitten. Wenn ich daran geglaubt hätte, daß jedem Menschen ein solches Schicksal bevorstand, hätte ich nicht mehr weiterleben wollen.
    »Wir können unsere Modelle immer noch nicht mit den Daten in Einklang bringen«, gestand Akili. »Von allen, mit denen ich Kontakt hatte, konnte sich keiner erklären, was vor sich geht.« Hie schien sich mit der Tatsache abgefunden zu haben, daß sich die Seuche vorläufig einer präzisen Analyse entzog, obwohl hie grundsätzlich immer noch von heiner Erklärung überzeugt war. »Die neuen Fälle treten viel zu schnell auf, die Rate übersteigt ein exponentielles Wachstum.«
    »Dann hast du dich vielleicht mit der Vermischung geirrt. Du hast ein exponentielles Wachstum vorhergesagt, was sich als Irrtum erwiesen hat. Also hast du vielleicht zuviel Anthrokosmologie in das Gefasel von vier Seuchenopfern hineininterpretiert.«
    Hie schüttelte den Kopf, um diese Möglichkeit ruhig und entschieden zurückzuweisen. »Inzwischen sind es siebzehn. Dein SeeNet-Kollege ist nicht der einzige, der das Phänomen gesehen hat. Von anderen Journalisten liegen mittlerweile ähnliche Berichte vor. Und es gibt eine Erklärung für die Diskrepanz der Zahlen.«
    »Welche?«
    »Mehrere Schlüsselfiguren.«
    Ich lachte erschöpft. »Wie lautet der Sammelbegriff dafür? Bestimmt nicht eine Galerie der Schlüsselfiguren. Ein Pantheon? Ist es nicht die ganze Voraussetzung für die Anthrokosmologie, daß eine Person mit einer Theorie das Universum durch Erklärung schafft?«
    »Eine Theorie, ja. Und eine Person erschien uns immer als das wahrscheinlichste Szenario. Wir haben immer gewußt, daß man die UT der Welt bekanntmachen würde – aber wir sind davon ausgegangen, daß die letzten Details zuerst von ihrem Entdecker ausgearbeitet würden. Doch wenn der Entdecker im Koma liegt, während die vollständige UT gleichzeitig an Zehntausende von Menschen verschickt wird… dann ist das ein Fall, den wir niemals in Erwägung gezogen haben. Und dafür können wir unmöglich ein Modell erstellen, weil die Mathematik viel zu kompliziert wäre.« Hie breitete die Hände in einer schicksalsergebenen Geste aus. »Was soll’s? Wir werden ohnehin alle demnächst die Wahrheit erfahren.«
    Ich bekam eine Gänsehaut. In Akilis Gegenwart wußte ich nicht mehr, was ich glauben sollte. »Wie werden wir es erfahren?« fragte ich. »Mosalas UT sagt keine telepathische Verbindung mit der Schlüsselfigur – oder zwischen den Schlüsselfiguren – voraus, genausowenig wie eine Auflösung des Universums. Wenn sie recht hat, müßt ihr euch irren.«
    »Das hängt davon ab, womit sie recht hat.«
    »Mit allem. Darum geht es in einer Theorie für Alles!«
    »Alles könnte sich schon heute abend auflösen – und die meisten UTs hätten dazu nichts zu sagen, so oder so. Die Regeln des Schachspiels verraten dir nicht, ob das Schachbrett stark genug ist, jede erlaubte Figurenkonstellation auszuhalten.«
    »Aber jede UT hat doch einiges über das menschliche Gehirn zu sagen, nicht wahr? Es ist ein Klumpen ganz gewöhnlicher Materie, die all den gewöhnlichen Gesetzen der Physik unterliegt. Es beginnt nicht plötzlich mit der ›Vermischung von Information‹, nur weil jemand auf der anderen Seite des Planeten eine Universal-Theorie vervollständigt hat.«
    »Noch vor zwei Tagen hätte ich dir zugestimmt«, sagte Akili. »Doch eine UT, die nicht ihre eigene Informationsbasis berücksichtigt, ist genauso unvollständig wie… die Allgemeine Relativitätstheorie, die einen Urknall erforderte, doch genau an diesem Punkt in sich zusammenfiel. Erst durch die Vereinheitlichung aller vier Grundkräfte könnte die Singularität ausgeglichen werden. Und nun sieht es danach aus, als ob eine weitere Vereinheitlichung nötig wäre, um den Erklärungs-Urknall zu verstehen.«
    »Aber vor zwei

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