Qual
um. »Kein Problem«, sagte hie.
Wir tauschten unsere Koordinaten aus. Sarah befand sich auf der anderen Seite der Insel, doch sie arbeitete sich von einem Lager zu nächsten vor, einmal rundherum, indem sie sich von Fahrzeugen der Miliz mitnehmen ließ.
»Um fünf Uhr früh?« schlug sie vor.
Akili lachte und warf mir einen verschwörerischen Seitenblick zu. »Warum nicht? Heute nacht wird auf Stateless ohnehin niemand Schlaf finden.«
Im Lager wurde laut gefeiert. Menschen strömten lachend und rufend am Zelt vorbei, als geschrumpfte Silhouetten vor dem Mondlicht. Von den Satelliten kam Musik – aus Tonga, aus Berlin, aus Kinshasa –, die auf dem Hauptplatz abgespielt wurde, und irgendwo hatte jemand Feuerwerkskörper gefunden oder hergestellt. Ich war immer noch vom Adrenalin berauscht, aber zutiefst erschöpft. Ich wußte nicht, ob ich mich der Party anschließen oder mich verkriechen und zwei Wochen lang durchschlafen wollte. Ich hatte versprochen, keins von beiden zu tun.
Akili und ich saßen auf heinem Schlafsack, warm angezogen und bei geschlossener Zelttür, denn die Elektrizität ließ nach. Wir hatten die Stunden damit verbracht, zu reden, die Nets zu durchstöbern und immer wieder in betretenes Schweigen zu verfallen. Ich wollte hie irgendwie in die Aura der Unverletzbarkeit einbeziehen, die ich verspürte, nachdem ich meine eingebildete Apokalypse überlebt hatte. Ich wollte hie auf jede nur erdenkliche Weise trösten. Doch mein Urteilsvermögen war beeinträchtigt, denn heine Körpersprache war für mich undurchschaubar geworden, und ich wußte nicht, wann oder wie ich hie berühren konnte. Wir hatten uns nackt umarmt – aber diese Erinnerung, dieses Bild würde für mich immer viel mehr bedeuten als für hie. Also saßen wir getrennt.
Ich fragte, warum hie Sarah nichts von der Vermischungsseuche gesagt hatte.
»Weil sie es vielleicht ernst genug genommen hätte, um es sofort weiterzuerzählen und eine Panik auszulösen.«
»Meinst du nicht, es wäre für die Menschen erträglicher, wenn sie die Ursache kennen?«
Akili schnaufte. »Nicht einmal du glaubst, was ich dir über die Ursache erzählt habe. Meinst du, die Leute würden auf diese Neuigkeit anders als mit Unverständnis oder Hysterie reagieren? Auf jeden Fall werden die ›Opfer‹ im Aleph-Moment viel mehr wissen, als jeder, der die Vermischung nicht erlebt hat, ihnen jemals erzählen könnte. Und dann wird sich das Problem der Panik von selbst lösen, denn die Qual wird im selben Moment verschwinden.« Die meisten heiner Worte waren mit absoluter Überzeugung gesprochen, nur bei der letzten Ankündigung schien heine Stimme etwas unsicher zu werden.
»Warum haben sich die Gemäßigten so sehr getäuscht?« fragte ich vorsichtig. »Sie hatten doch ihre eigenen Supercomputer zur Verfügung. Sie schienen genausoviel über die Anthrokosmologie zu wissen wie jeder andere. Wenn sie sich in der Gefahr der Auflösung geirrt haben…«
Akili bedachte mich mit einem langen, strengen Blick. Offenbar schien hie sich immer noch nicht sicher zu sein, wie weit hie mir vertrauen konnte. »Ich habe keine absolute Gewißheit, daß sie sich in diesem Punkt irren. Ich hoffe es sehr, aber ich weiß es nicht.«
Darüber dachte ich eine Weile nach. »Du meinst, die Verzerrung der Vermischung vor dem Aleph-Moment könnte bislang die Auflösung verhindert haben – aber sobald die UT vervollständigt ist…?«
»Genau.«
Ich fühlte einen kalten Schauder, mehr aus Unverständnis als aus Angst. »Und du hast dich trotzdem bemüht, Mosala zu beschützen? Weil du an die Möglichkeit glaubtest, sie könnte allem ein Ende setzen?«
Akili starrte auf den Boden, während hie nach den passenden Worten suchte. »Wenn es geschieht, bleibt uns nicht einmal genügend Zeit, um es zu bemerken – aber ich bin nach wie vor überzeugt, daß es falsch gewesen wäre, sie zu töten. Außer wenn es keinen Zweifel an der Auflösung gegeben hätte – und wenn es keine andere Möglichkeit gegeben hätte, etwas dagegen zu tun. Niemand kann mit einer Situation umgehen, in der das Ende des Universums eine ungewisse Möglichkeit ist. Wie viele Menschen kann jemand aus einem derartigen Grund töten? Einen? Einhundert? Eine Million? Es ist… als würde man versuchen, ein unendlich großes Gewicht am Ende eines unendlich langen Hebels zu bewegen. Ganz gleich, wie sehr man sich um ein akkurates Urteil bemüht, man wird niemals gut genug sein. Man kann sich nur den Tatsachen
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