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Qual

Qual

Titel: Qual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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Farbe etwas hat, ich will wissen, wie es schmeckt. Das letzte, was ich hier gegessen habe, sah wie eine Gartenbohne aus und schmeckte wie gekochter Kohl.«
    Gina ließ sich Zeit und tippte auf die Namen mehrerer Gerichte, um sich die fertigen Produkte anzusehen und die Auflistungen der Inhaltsstoffe zu überfliegen. »Du kannst dir eine Enttäuschung ersparen, wenn du genau achtgibst«, sagte sie. »Wenn du weißt, welche Gene man von wo nach wo und warum übertragen hat, läßt sich eine recht gute Vorhersage über Konsistenz und Geschmack treffen.«
    »Nur zu, beeindrucke mich mit deinem Fachwissen!«
    Sie drückte auf die Taste, mit der die Bestellung abgeschickt wurde. »Diese grünen Blätter dürften wie Pasta mit Spinataroma schmecken – aber das enthaltene Eisen wird im Gegensatz zu Spinat von deinem Körper genauso mühelos wie Bluteisen in tierischem Fleisch absorbiert. Die gelben Körner, die wie Mais aussehen, müßten wie eine Kreuzung zwischen Tomate und grünem Paprika mit Oregano-Gewürz schmecken – doch die Nährstoffe und das Aroma leiden nicht so schnell unter ungünstigen Lagerbedingungen und zu starkem Kochen. Und das blaue Püree müßte fast wie Parmesankäse schmecken.«
    »Wieso blau?«
    »In den neuen selbstfermentierenden Laktobeeren gibt es ein blaues Pigment, ein photoaktiviertes Enzym. Man könnte es während der Verarbeitung entfernen, aber dann hat sich herausgestellt, daß wir es direkt zu Vitamin D abbauen – was viel sicherer als die herkömmliche Methode durch UV-Strahlung auf der Haut ist.«
    »Ein Gericht für Menschen, die niemals die Sonne sehen. Wie könnte ich da widerstehen?« Ich bestellte es.
    Der Service war schnell – und Ginas Vorhersagen erwiesen sich als größtenteils zutreffend. Die Kombination der Speisen war sogar recht angenehm.
    »Du vergeudest deine Talente mit Windturbinen«, sagte ich. »Du solltest die Frühlingskollektion für United Agronomics entwerfen.«
    »Danke, danke. Aber ich kann mich nicht über mangelnde intellektuelle Stimulation beklagen.«
    »Apropos, wie macht sich übrigens Mega-Harold?«
    »Eher wie Mikro-Harold, fürchte ich. Und daran wird sich in absehbarer Zeit auch nicht viel ändern.« Mikro-Harold war der Prototyp einer geplanten Zweihundert-Megawatt-Turbine im Maßstab eins zu tausend. »Es sind chaotische Resonanzen aufgetaucht, von denen wir in den Simulationen nichts bemerkt haben. Es sieht allmählich danach aus, als müßten wir die Hälfte der Vorhersagen des Software-Modells revidieren.«
    »Das werde ich nie begreifen. Ihr habt sämtliche physikalischen Daten, alle Grundgleichungen der Aerodynamik, Ihr habt unbegrenzte Zugangszeiten zu Supercomputern…«
    »Wieso bauen wir also trotzdem Mist? Weil wir nicht berechnen können, wie sich jedes einzelne beteiligte Molekül verhält, wenn Tausende von Tonnen Luft durch eine komplexe Struktur strömen. Alle diese dynamischen Gleichungen sind letztlich nur Annäherungen, und wir arbeiten ganz bewußt in einem Bereich, wo die am besten verstandenen Annäherungen zusammenbrechen. Wir haben leider keine magische neue Physik zur Verfügung, sondern wir bewegen uns in einer Grauzone zwischen verschiedenen halbwegs brauchbaren Vermutungen. Und die besten dieser Kompromisse und Annäherungen sind weder praktisch noch einfach. Und wie sich herausgestellt hat, sind sie nicht einmal korrekt.«
    »Das tut mir leid.«
    Sie zuckte die Achseln. »Es ist frustrierend – aber auf eine Art und Weise frustrierend, die mich vor dem Verrücktwerden bewahrt.«
    Ich verspürte einen Stich der Sehnsucht, denn ich verstand so wenig über diesen Teil ihres Lebens. Sie hatte mir alles erklärt, was ich nachvollziehen konnte, aber ich hatte immer noch keine genaue Vorstellung davon, was ihr durch den Kopf ging, wenn sie an ihrem Arbeitsplatz saß und mit Strömungssimulationen jonglierte oder wenn sie im Windkanal herumkrabbelte, um neue Einstellungen an Mikro-Harold vorzunehmen.
    »Es wäre schön, wenn ich dich einmal bei deiner Arbeit filmen könnte«, sagte ich.
    Gina warf mir einen mißtrauischen Blick zu. »Keine Chance, Herr Frankensteinologe. Jedenfalls nicht, bevor du mir kategorisch erklärt hast, ob Windturbinen ein Werk des Guten oder des Bösen sind.«
    Ich wand mich. »Du weißt, daß diese Entscheidung nicht an mir liegt. Außerdem ändert es sich von Jahr zu Jahr. Neue Studien werden veröffentlicht, Alternativen kommen in Mode und werden wieder verworfen…«
    Sie schnitt mir

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