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Qual

Qual

Titel: Qual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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hatte, und musterte die Landschaft mit ungeologischen Zebrastreifen, je nach Verteilung der verschiedenen Unterarten von lithophilen Bakterien. Der Boden war hier nicht einmal für einfachsten Ackerbau geeignet, denn der Kern der Insel war viel zu trocken und hart, ohne jede Vaskularisation. Weiter draußen war der Fels wesentlich poröser und mit kalziumreichem Wasser und den biotechnischen Organismen getränkt, die benötigt wurden, um ihn wachsen zu lassen. Die Straßenbahnlinien führten nicht bis zur Küste, weil der Boden zu weich wurde, um das Gewicht der Wagen zu tragen.
    Ich rief Witness auf und begann zu filmen. Wenn ich so weitermachte, hatte ich mehr Material für ein privates Reisetagebuch als für die Dokumentation, aber ich konnte der Versuchung nicht widerstehen.
    Ich sagte: »Sind Sie wirklich wegen des Lichts hierher gekommen?«
    Munroe schüttelte den Kopf. »Wohl kaum. Ich mußte einfach abhauen.«
    »Wovor?«
    »Vor all dem Lärm. All dem leeren Geschwätz. All den Professionellen Australiern.«
    »Aha.« Ich hatte diesen Begriff zum ersten Mal während meines Studiums der Filmgeschichte gehört. Damit hatte man die großen Regisseure der 1970er und 80er Jahre beschrieben. Wie es ein Historiker ausgedrückt hatte: »Sie besaßen keine charakteristischen Eigenschaften außer ihrer Nationalität. Sie hatten nichts zu sagen und nichts Besseres zu tun, als ihrem Publikum ein klaustrophobisches Vokabular erschöpfter nationaler Mythen und Ikonen aufzudrängen, während sie lautstark von sich behaupteten, den ›Nationalcharakter zu definieren‹ und eine ›Nation auf der Suche nach ihrer Stimme‹ zu verkörpern.« Ich hatte anfangs gedacht, daß es ein recht hartes Urteil war – bis ich einige dieser Filme gesehen hatte. Die meisten waren dümmliche Western – bäuerliche Kolonial-Melodramen – oder sentimentale Kriegsgeschichten. Der Tiefpunkt jener Periode war vermutlich der Versuch einer Komödie, in der Albert Einstein als Sohn eines australischen Apfelfarmers gezeigt wurde, der ›das Bieratom spaltete‹ und sich in Marie Curie verliebte.
    »Ich dachte immer, die visuellen Künste hätten diese Phase schon seit langem überwunden«, sagte ich. »Insbesondere in Ihrem Metier.«
    Munroe zog eine finstere Miene. »Ich rede nicht von den Künsten. Ich rede von der gesamten dominanten Kultur.«
    »Kommen Sie! Es gibt keine ›dominante Kultur‹ mehr. Der Filter ist stärker als der Sender.« Zumindest war das die Net-Devise, obwohl ich mir immer noch nicht sicher war, ob ich selbst daran glaubte.
    Munroe jedenfalls nicht. »Klingt sehr nach Zen. Versuchen Sie mal, die medizinische Biotechnik Australiens nach Stateless zu exportieren, dann werden Sie sehr schnell feststellen, wer das Sagen hat.«
    Darauf hatte ich keine Antwort.
    »Haben Sie es niemals satt, in einer Gesellschaft zu leben, die unaufhörlich über sich selbst redet – und meistens lügt?« fragte er. »In der alle guten Dinge -Toleranz, Ehrlichkeit, Loyalität, Gerechtigkeit – als ›typisch australisch‹ definiert werden? Die vorgibt, die Vielfalt zu fördern, aber niemals aufhören kann, über ihre ›nationale Identität‹ zu plappern? Haben Sie niemals die Nase voll von der endlosen Parade aufgeblasener Hohlköpfe, die das Recht für sich beanspruchen, in Ihrem Namen zu reden: Politiker, Intellektuelle, Prominente, Kommentatoren – die Sie in jedem Detail definieren und charakterisieren… von Ihrem ›typisch australischen Sinn für Humor‹ bis hin zur bescheuerten ›Ikonographie des kollektiven Unbewußten‹? Von all diesen Leuten, die einfach nur Lügner und Diebe sind?«
    Ich war für einen Moment vor den Kopf gestoßen, doch als ich darüber nachdachte, wurde mir klar, daß es eine zutreffende Beschreibung der vorherrschenden politischen und akademischen Kultur war. Oder wenn nicht der vorherrschenden, dann zumindest der lautesten. Ich zuckte die Achseln. »In jedem Land wird auf irgendeiner Ebene ein vergleichbarer beschränkter Unsinn verzapft. Die USA sind fast genauso schlimm.
    Aber ich nehme es kaum noch wahr, am wenigsten zuHause. Ich vermute, ich habe einfach gelernt, diesen Sender die meiste Zeit auszublenden.«
    »Dann beneide ich Sie. Das habe ich nie geschafft.«
    Die Straßenbahn glitt weiter, während der aufgewirbelte Staub leise zischte. Munroes Ausführungen hatten Hand und Fuß. Nationalisten, seien es politische oder kulturelle, die behaupteten, die Stimme ihrer Nation zu sein, konnten jene

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