Quantum
zu Häufchen sortiert, und
Werkzeuge. Im Hintergrund spielt aggressive Musik, zu der der UHR macher bei der Arbeit hektisch im Takt mit dem Kopf
wippt. Nachdem Isidore ihm Unruhs Geschichte erzählt hatte, zeigte er sich
ausnehmend hilfsbereit, allerdings kostet es den jungen Mann einige
Überwindung, die lüsternen Blicke zu ignorieren, die ihm der Ältere
gelegentlich zuwirft.
Er trägt an einer Hand einen Handschuh mit Zangen an den
Fingerspitzen – Miniaturhänden, deren Finger bis auf die molekulare Ebene
reichen. Damit holt er nun etwas aus der UHR und
hält es gegen das Licht. Es ist eine winzige fleischfarbene Spinne, kaum zu
erkennen. Er steckt sie in eine winzige Tempmaterie-Blase und vergrößert sie zu
einem Monsterinsekt so groß wie eine Hand. Isidore zieht sein Vergrößerungsglas
und erntet dafür einen neugierigen Blick.
»Das Baby hier hat EPR-Zustände im Bauch«, sagt der UHR macher. »Es hat sich in die Ionenfallen der UHR hineingebohrt, wo die ZEIT -Guthaben
gespeichert sind, hat das Zeug in seinem Magen mit den Quantenzuständen der
Ionenfallen verschränkt, irgendein Signal ausgesandt – und puff ,
schon wurden die Zustände wegteleportiert. Einer der ältesten Tricks aus dem
Lehrbuch des Quantenmechanikers, allerdings erlebe ich zum ersten Mal, dass
jemand damit ZEIT stiehlt.«
»Wo könnte der Empfänger sein?«, fragt Isidore.
Der UHR macher breitet die Hände aus.
»Eigentlich überall. Zum Qupten braucht man kein starkes Signal. Vielleicht
sogar im Weltall, wer weiß? Diese kleine Wanze stammt im Übrigen definitiv
nicht von hier. Sobornost, möchte ich wetten.« Er spuckt auf den Boden. »Ich
hoffe, Sie kriegen die Diebe.«
»Ich auch«, sagt Isidore. »Vielen Dank.« Er sieht sich im Laden um.
Die UHR EN unter der Glastheke kommen ihm
irgendwie bekannt vor, in seinem Bewusstsein regt sich etwas –
Eine UHR . Ein Zifferblatt aus schwerem Messing. Ein silbernes Armband. Das
Wort Thibermesnil –
Woher kommt diese Erinnerung?
»Alles in Ordnung mit Ihnen, mein Sohn?«, fragt der UHR macher.
»Ja, es geht mir gut. Ich muss mich nur für einen Moment setzen.«
Isidore lässt sich auf den Stuhl fallen, den ihm der Quanten-Handwerker
anbietet. Er schließt die Augen und lässt die Erinnerungen aus dem Exospeicher
der Party noch einmal an sich vorüberziehen. Da: das
bizarre Gefühl, doppelt zu sehen, kurz nachdem er mit dem Dieb gesprochen
hatte, kurz bevor dieser Unruh ZEIT stahl.
Natürlich: Wenn der Dieb Isidores Identitätsschlüssel verwendete, um sich für
ihn auszugeben, hat auch Isidore selbst Zugriff auf die Erinnerungen im
Exospeicher, die in diesen Momenten geschaffen wurden.
»Könnten Sie die Musik bitte etwas leiser stellen?«
»Sicher, sicher. Möchten Sie ein Glas Wasser?«
Er reibt sich die Schläfen, sichtet die Erinnerungen mit aller
Sorgfalt und trennt die seinigen von denen, die eigentlich nicht da sein
sollten. Er hat auf seine UHR geschaut. Das ist seine UHR . Er findet noch mehr:
kurze Blicke auf Architekturskizzen, eine schöne Frau mit einer Narbe im
Gesicht und ein Raumschiff wie ein Schmetterling mit glitzernden Tragflächen.
Auch Emotionen: Arroganz, Selbstvertrauen und ein Draufgängertum, das ihn
wütend macht. Ich werde dich kriegen , denkt er. Du wirst schon sehen.
Er schlägt die Augen auf, sein Kopf hämmert, er nimmt das Glas, das
ihm gereicht wird, und trinkt einen großen Schluck. »Danke.« Er holt tief Atem.
»Noch eine Frage, dann werde ich Sie nicht weiter belästigen. Ist Ihnen diese UHR schon einmal untergekommen?« Er schickt dem UHR macher eine Mit-Erinnerung an den ZEIT -Messer, den er soeben gesehen hat.
Der Mann überlegt. »Nicht, dass ich wüsste. Aber sie erinnert mich
an die Stücke, die die alte Antonia zwei Straßen weiter anfertigt. Sagen Sie
ihr, Justin hätte Sie geschickt.« Er zwinkert Isidore zu.
»Nochmals vielen Dank«, sagt Isidore. »Sie haben mir sehr geholfen.«
»Nicht der Rede wert. Heutzutage findet man kaum noch junge Leute,
die eine gute UHR zu würdigen wissen.« Er grinst
und legt die Hand, die keinen Handschuh trägt, auf Isidores Schenkel. »Wenn Sie
allerdings Ihre Dankbarkeit noch deutlicher zum Ausdruck bringen möchten, ließe
sich sicherlich etwas finden …«
Isidore ergreift die Flucht. Als er die Straße hinuntereilt, setzt
die Musik wieder ein, und sie mischt sich mit lautem Gelächter.
»Ja, an die kann ich mich erinnern«, sagt Antonia. Sie ist gar
nicht alt, zumindest äußerlich
Weitere Kostenlose Bücher