Quantum
herumlaufen, um sie zu finden.
Das erste Objekt entdeckt er unweit eines Marktplatzes, eingezwängt
zwischen einer Synagoge und einem kleinen öffentlichen Fabber-Zentrum. Es ist
so groß wie ein kleines Haus und wirkt ausgesprochen bizarr. Es besteht aus
einem glatten schwarzen Material und ist scheinbar willkürlich aus
geometrischen Flächen, Ebenen oder Würfeln zusammengesetzt: Dennoch ahnt er,
dass dem Ganzen ein Konzept zugrunde liegt. Die Flächen bilden Räume, die an
Zimmer und Korridore erinnern, aber eigentümlich verformt sind, so als sähe man
sie in einem Zerrspiegel. Nahe dem Bereich, den man als Eingang bezeichnen
könnte, verkündet ein kleines Schild: Aeternitas.
Das Gebäude scheint weniger von einem Menschen als durch einen
algorithmischen Prozess geplant worden zu sein. Und manche Teile wirken
verschwommen, so als würden sich die Flächen außerhalb des für Menschen
sichtbaren Bereichs immer weiter fraktal gabeln und verzweigen. Insgesamt zeigt
es sich ziemlich abweisend. Jemand aus der näheren Umgebung hat ein paar
Topfpflanzen hineingestellt. Sie lassen das schwarze Innere etwas weniger
bedrohlich und wie ein Grab aussehen. Und sie haben Ranken getrieben, die sich
auf der Suche nach Licht um die vorstehenden Flächen und Spitzen winden.
Ein kleiner lokaler Exospeicher öffnet sich, während Isidore das
Gebäude studiert. Er beschreibt Aeternitas als
»Experiment zur direkten Umsetzung von Exospeicherdaten in Architektur und
bewohnbare Räume«. Die Oubliette ist voll von ähnlichen Kunstprojekten –
tatsächlich arbeiten viele von Isidores Kommilitonen an weitaus befremdlicheren
Dingen –, aber in diesem Werk verbirgt sich eindeutig ein tieferer Sinn,
irgendetwas, das für den Dieb einmal wichtig war oder noch ist.
Einer plötzlichen Regung folgend, zieht der Detektiv sein
Vergrößerungsglas heraus. Und dann stockt ihm der Atem. Als er die Oberfläche
heranzoomt, offenbart sie sich als unendlich komplex: schwarze Blätter,
Spitzen, Pyramiden, ganze Architekturen, die sich mit erschreckender
Regelmäßigkeit bis hinunter zur molekularen Ebene fortsetzen. Und das Glas kann
nicht einmal erkennen, um was für einen Baustoff es sich handelt, es stellt
Ähnlichkeiten mit einem Stoff fest, den es Zoku-Q-Materie nennt, aber dieses
Material hat eine höhere Dichte; trotz seiner relativ geringen Größe muss das
Gebäude ungeheuer schwer sein. Unter dem Glas sieht es weniger aus wie ein
Stück Architektur als wie ein Teil einer unvorstellbar komplexen und in der Zeit
erstarrten Maschine.
Und es gibt neun von dieser Sorte? Isidore
holt tief Luft. Vielleicht bin ich wirklich überfordert.
Tief in Gedanken versunken, macht er sich auf den Weg zur
nächsten Reflexion , die nur ein paar Hundert Meter
entfernt ist. Sein Orientierungssinn wird ihm den Weg durch das Labyrinth schon
weisen.
Was hat das alles mit Unruh zu tun?, überlegt
er. Zeit, Gedächtnispaläste, Eigenschaften Gottes?
Vielleicht ergibt es gar keinen Sinn; vielleicht ist le Flambeur einfach nur
verrückt. Aber seine Instinkte versichern ihm, dass hinter alledem eine
höhere Logik steht; dass er bisher nur den winzigen Bruchteil eines größeren
Eisbergs sieht.
Ein Geräusch lässt ihn zusammenfahren. Auf einem Dach gleich in der
Nähe zeichnet sich die Silhouette eines Parkroller-Läufers ab. Isidore befindet
sich in einem der Teile des Labyrinths, wo Bauten begonnen und wieder
eingestellt wurden, weil sie durch die Bewegung der Stadtplattformen in eine
ungünstige Position gerieten: Alles hier wirkt unfertig und verlassen. Die
Gebäude an den schmalen Straßen sehen aus wie faule Zähne. Während er noch
hinsieht, verschwindet der Läufer und wird zu einem Gevulot-Fleck. Isidore
bleibt nicht stehen, sondern geht noch schneller.
Nach einer Weile hört er Schritte hinter sich. Anfangs glaubt er
noch an einen Verfolger. Doch als er stehen bleibt
und lauscht, verrät das Echo ganz deutlich, dass es mehrere sind, die
vollkommen im Gleichschritt marschieren wie Soldaten. Er geht schneller und
biegt von der Hauptstraße ab in eine kleinere Gasse, nur um zusehen zu müssen,
wie sich durch die langsame Drift des Labyrinths das andere Ende schließt und
die Gasse zur Sackgasse wird. Als er sich umdreht, kommen vier Sebastiane auf
ihn zu.
Sie sehen alle aus wie Élodies Freund: sechzehn Erdenjahre alt,
makellose Züge, blondes Haar, die enge, vom Zoku-Stil beeinflusste Kleidung
eines jungen Marsianers. Zunächst sind ihre Züge noch
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