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Quantum

Quantum

Titel: Quantum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannu Rajaniemi
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ausdruckslos. Dann
lächeln sie alle gleichzeitig, und ihre Münder verziehen sich zu grausamen
Strichen ohne jede Heiterkeit.
    »Hallo, Kopienmörder«, grüßt einer von ihnen.
    »Wir erkennen dich wieder«, sagt der zweite.
    »Du hättest dich …«
    »… um deine eigenen Angelegenheiten kümmern sollen«, vollendet der
letzte.
    »Sehr unklug, mit dem Geruch der Unterwelt am Leib in unser Reich zu
kommen.«
    »Sehr unklug, in die Nähe der Orte zu kommen, die wir auf Befehl der
Verborgenen hüten.«
    Wie ausgebildete Soldaten treten sie einen einzigen Schritt nach
vorne und ziehen kleine Messer.
    Isidore macht kehrt und rennt, was er kann, zugleich sucht er nach
Griffen, um an dem Hindernis emporzuklettern, das die Gasse abgeriegelt hat.
    Ein Sebastian auf Parkrollern springt ihn an und wirft ihn zu Boden.
Die Luft wird ihm aus den Lungen gepresst, er kracht zuerst mit beiden Ellbogen
auf das Pflaster, die Nase folgt gleich hinterher. Die ganze Welt färbt sich
rot. Als er wieder sehen kann, liegt er flach auf dem Rücken und schaut nach
oben in einen Kreis aus vier Porzellangesichtern. Etwas Kaltes und Scharfes
wird ihm an die Kehle gedrückt. Hände halten seine Gliedmaßen fest. Verzweifelt
öffnet er sein Gevulot und sucht nach dem Not-Feed der Polizei-Schweiger. Aber
die Verbindung fühlt sich an, als sei sie sehr weit weg, er bekommt sie nicht
zu fassen: Die Gogol-Piraten blockieren sie auf irgendeine Weise.
    Upload-Fasern tanzen über seinem Gesicht wie die Feuerwerksschlangen
auf der Party; er glaubt sie sogar zischen zu hören. Dann spürt er einen
schmerzhaften Einstich an der Kehle. Einer der Sebastiane hält eine kleine
Injektionsspritze in die Höhe. »Jetzt holen wir uns dein Bewusstsein,
Kopienmörder«, frohlockt er. »Was für ein Glücksfall, dass wir herausfinden
konnten, wie du aussiehst. Als wir die Zeitung sahen, priesen wir Fjodorow. Du
wirst schreien wie der Chocolatier in den Erinnerungen meines Bruders. Bete
darum, dass dir die Gründer in ihrer Weisheit eine Rolle bei der Großen
Gemeinsamen Aufgabe zuweisen. Als Raketenlenksystem vielleicht. Oder als Futter
für die Drachen.« Die Spitzen der Filamente berühren seine Kopfhaut wie scharfe
elektrische Küsse.
    »Lasst ihn los«, befiehlt eine Stimme wie ein Reibeisenchor.
    Der Gentleman steht schwarz und silbrig glänzend am anderen Ende der
Gasse, am Rand von Isidores verschwimmendem Blickfeld.
    »Wohl kaum«, sagt der erste Sebastian. Einige der Filamente züngeln
aus seinem Mund wie ein Strauß leuchtender Schlangen. »Ich erreiche gerade sein
Gehirn. Und auch dein Hexennebel ist nicht schneller als das Licht, du
Miststück.«
    Licht . Die Sebastiane sehen jetzt den
Gentleman an. Isidore löst mit einem Gedanken die Quantenpunkt-Blase um die
Blume des Diebes auf, die er in der Tasche trägt. Hoffentlich
wirkt das Virus schnell genug. Hoffentlich wirkt es bei ihnen. Er öffnet
dem Gentleman sein Gevulot so weit, dass der seine Oberflächengedanken erkennen
kann. Feuerwerk , sendet er dem Zaddik. Licht.
    »Du darfst sogar zuhören, wenn er schreit –«
    Ein Lichtblitz zuckt auf, und dann folgt ein langer Sturz in die
Dunkelheit.
    Endlich kehrt das Licht zurück. Isidore liegt auf einer weichen
Unterlage. Die Gesichter der Sebastiane flimmern ihm noch vor den Augen, doch
dann erkennt er, dass es sein eigenes Gesicht ist, das sich in der Maske des
Gentleman spiegelt.
    »Versuche nicht zu sprechen«, sagt der Zaddik. »Hilfe ist
unterwegs.« Isidore schwebt in der Luft auf einem dicken Kissen: Es fühlt sich
besser an als sein eigenes Bett.
    »Lass mich raten«, sagt Isidore. »Das war die zweit größte
Dummheit, die du jemals erlebt hast?«
    »Nicht unbedingt.«
    »Jedenfalls bist du genau im richtigen Moment erschienen«, sagt Isidore.
»Wir hätten dich vergangene Nacht auf der Party gut brauchen können.«
    »Wir können nicht überall sein. Ich nehme an, diese alberne Jagd hat
mit dem berühmten ungeladenen Gast zu tun?«
    Isidore nickt.
    »Isidore, ich will schon seit Längerem mit dir reden. Ich muss mich
entschuldigen. Mein Urteil nach unserem letzten Fall war … zu hart. Ich finde
durchaus, dass du alles hast, was nötig ist, um einer von uns zu werden. Ich
hatte daran niemals Zweifel. Aber das heißt nicht, dass du es werden musst . Du bist noch jung. Du kannst mit deinem Leben etwas
anderes anfangen. Studieren. Arbeiten. Kreativ sein. Leben.«
    »Warum müssen wir das gerade jetzt erörtern?«, fragt Isidore. Er
schließt

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