Quantum
nicht einmal meinen
Schmerz hinausschreien könn…
Alles in Ordnung?, fragt Perhonen. Was geht da unten vor?
Mieli will den Irren mit dem gleichen simplen Gevulot-Kniff wie
zuvor – vollständige Privatsphäre – aus ihrem Umfeld ausschließen und
umgekehrt, aber die Gevulot-Schicht teilt ihr in wenigen Worten mit, dass er
mit einem anderen Individuum einen Gevulot-Kontrakt abgeschlossen hat, der
beiden für die nächsten fünfzehn Minuten gestattet, einander von außen zu
beobachten.
Vor mir steht ein nackter Irrer , antwortet
sie dem Schiff in hilflosem Ton.
Ich dachte, er wäre dir entkommen.
»Wenn ich Sie nur bewegen könnte, mir ein paar wertlose Sekunden,
ganz unbedeutende Splitter Ihrer Zeit zu überlassen, würde ich Ihnen alle meine
Geheimnisse offenbaren. Ich war am Hof des Königs nicht weniger als ein Graf.
Nicht das, was Sie jetzt vor sich sehen, sondern ein Aristokrat mit einer
eigenen Robot-Burg und einer Million Gogols, die mir jeden Wunsch erfüllten.
Und in der Revolution gehörte ich zu den Truppen des Herzogs von Tharsis. Sie
dürfen den wahren Mars, den alten Mars sehen, all das gebe ich Ihnen für ein
paar jämmerliche Sekunden« Jetzt strömen die Tränen über das lange, bleiche
Gesicht. »Mir bleiben nur noch Dekasekunden, haben Sie Erbarmen …« Mieli erhebt
sich mit einem Fluch und marschiert los, nur um von dem Mann wegzukommen. Doch
dann bemerkt sie, wie plötzlich Stille einkehrt. Sie steht mitten auf der
Agora.
Hier lassen die Marsianer bei jedem Schritt übertriebene Vorsicht
walten. Keiner nimmt vom anderen Notiz. Nur Touristen – ein paar
leuchtkäfergleiche Schnelle, ein zartgliedriger Polymorph aus dem Ganymed-Zoku
und ein paar andere –, die mit schwebenden Nanomaterie-Linsen die eingravierten
Namen auf dem Revolutionsdenkmal studieren, drehen sich um und sehen sie an.
Der Mann hat sich an den Saum ihrer Toga gehängt. »Eine Minute, ja,
ein paar Sekunden für alle Geheimnisse des alten Mars …« Jetzt ist er vollends
nackt, auf der Agora schützt ihn kein Gevulot. Sie schiebt seinen Arm nur mit
menschlicher Kraft beiseite, anstatt ihn aus dem Schultergelenk zu reißen.
Dennoch stößt er ein schrilles Fiepen aus und bricht, die Hand immer noch in
ihr Gewand gekrallt, zu ihren Füßen wimmernd zusammen. Plötzlich ist sie
überzeugt, dass alle sie ansehen, obwohl sie scheinbar niemand beachtet.
»Nun gut«, sagt sie und hebt ihre UHR ,
ein Kristallmodell, das sie wegen seiner Ähnlichkeit zu oortischem Schmuck
ausgesucht hat. »Zehn Minuten. Um dich loszuwerden, würde ich länger brauchen.«
Sie sendet dem Gerät einen Gedanken, und der goldene Zeiger bewegt sich um eine
Winzigkeit. Der Bettler springt auf und leckt sich die Lippen.
»Der Geist des Königs segne Sie«, ruft er. »Der Fremde sagte schon,
dass Sie großzügig sind.«
»Der Fremde?«, fragt Mieli, obwohl sie die Antwort bereits kennt.
»Der Fremde mit der blau getönten Brille, der Himmel möge ihn
segnen, und er segne auch Sie.« Ein breites Grinsen legt sich über sein
Gesicht. »Und noch ein guter Rat«, sagt er in geschäftsmäßigem Ton. »Sie
sollten diese Agora schleunigst verlassen.« Ringsum ziehen alle ab, bis auf die
Touristen. »Blut und Wasser. Sie verstehen schon, was ich meine.« Dann hebt der
Splitternackte seine dürren Beine und rennt, was er kann, weg von der Agora.
Ich werde den Dieb doch foltern ,
verspricht Mieli. Blut und Wasser? Was hat er wohl damit
gemeint?«
Auf der Erde , sagt Perhonen, gab es eine
Fischart, die man Hai nannte. Ich glaube, die Zeitbettler
überwachen die Feeds zum öffentlichen Exospeicher, vor allem die von den
Agoren, wo es keine Privatsphäre gibt, deshalb werden sie gesehen haben, wie du
einem ZEIT gegeben –
Plötzlich nähern sich unzählige nackte Füße mit schnellen Schritten
der Agora, und Mieli sieht sich einem ganzen Heer von Bettlern gegenüber.
Ich verfolge den Jungen über die dicht bevölkerte Allee. Er hält
seinen Vorsprung, steuert mühelos und so schnell durch den Wald von Beinen,
dass seine bloßen Füße verschwimmen wie die Nadel eines Fabbers. Ich stoße
Leute beiseite, rufe Entschuldigungen und lasse einen Rattenschwanz empörter
grauer Gevulot-Flecken hinter mir zurück.
An einem Spinnentaxistand, wo die Allee sich in hundert verschiedene
Gassen verzweigt, die ins Labyrinth führen, erwische ich ihn fast. Er steht vor
den langbeinigen Maschinen – reich verzierten pferdelosen Kutschen, die ihre
Messingbeine unter sich
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