Quantum
wir unser Erbe ehren«, beginnt die
Älteste. Ihre Stimme ist so durchdringend wie die einer Sängerin. »Unser Zoku
ist sehr alt. Wir können unsere Anfänge bis zu den Spielclans vor dem Großen
Zusammenbruch zurückverfolgen.« Sie lächelt. »Einige von uns können sich noch
gut an diese Zeit erinnern. Das war, kurz bevor die Uploads so richtig in Mode
kamen. Der Wettbewerb war hart, und man nützte jede Chance, um eine
konkurrierende Gilde zu übertrumpfen.
Wir waren unter den Ersten, die mit quantenökonomischen
Kooperationsmechanismen experimentierten. Am Anfang standen zwei durchgedrehte otaku , die in einem Physiklabor arbeiteten. Sie stahlen
verschränkte Qubits aus den Ionenfallen und integrierten sie in ihre
Spieleplattformen. So koordinierten sie Gildenangriffe und machten
Riesengeschäfte in den Auktionshäusern. Wie sich zeigte, kann man mit
Verschränkungen komische Dinge anstellen. Spiele werden ›strange‹. Zum Beispiel das Gefangenendilemma mit Telepathie. Perfekte
Koordination. Neue Spielegleichgewichte. Wir haben es allen gezeigt und
schwammen im Gold.«
»Wir zeigen es immer noch allen«, sagt Drathdor.
»Pst. Aber der Zauber gelingt nicht ohne Verschränkung. Damals hatte
man noch keine Quantenkommunikationssatelliten. Deshalb veranstalteten wir
Partys wie diese hier. Dabei tragen die Gäste ihre Qubits mit sich herum und
verschränken sie mit so vielen anderen Leuten wie möglich.« Die Älteste
lächelt. »Und dann erkannten wir, was alles möglich war, wenn man perfekte
Ressourcenplanung und Koordination mit Hirncomputer-Interfaces kombinierte.«
Sie klopft leicht auf den Griff ihres Schwerts. Es ist ein eigroßer
Edelstein, der ganz und gar nicht zu ihrer unscheinbaren Rüstung passt,
transparent, facettenreich, eine Spur Violett im Ton.
»Seither ist viel geschehen. Wir haben den Großen Zusammenbruch
überlebt. Auf dem Saturn eine Stadt gebaut. Einen Krieg gegen den Sobornost verloren.
Aber dann und wann sollte man sich doch wieder in Erinnerung rufen, woher man
kommt.«
»Pixil hat mir davon nie etwas erzählt«, erklärt Isidore.
»Pixil«, sagt die Älteste, »interessiert sich weniger dafür, woher
sie kommt, als dafür, wohin sie geht.«
»Und Sie sind also ein Spieler?«, fragt Drathdor. »Pixil redet oft
von Ihren Spielen da draußen in Dirt City. Sie sagt, sie lässt sich davon für
ihre Arbeit inspirieren, deshalb würde ich gern etwas über das Ausgangsmaterial
erfahren.«
» Wo sollen diese Spiele stattfinden?«
»Ach so, wir sprechen manchmal von Dirt City«, sagt Sagewyn. »Das
ist ein Scherz.«
»Verstehe. Ich glaube, Sie verwechseln mich mit jemand anders.
Eigentlich beteilige ich mich gar nicht an Spielen …«
Die Älteste legt ihm die Hand auf die Schulter. »Ich glaube, der
junge Isidore will sagen, dass er seine Tätigkeit nicht unbedingt als Spiel
betrachtet.«
Isidore runzelt die Stirn. »Hören Sie, ich weiß nicht, was Pixil
Ihnen erzählt hat, aber ich studiere Kunstgeschichte. Die Leute bezeichnen mich
zwar als Detektiv, aber im Grunde beschäftige ich mich nur mit
Problemlösungen.« Bei diesen Worten schmerzt ihn die Ablehnung des Zaddik noch
mehr.
Sagewyn sieht ihn verdutzt an. »Aber wie stellen Sie die
Punktestände fest? Wie teilen Sie die Level ein?«
»Darum geht es eigentlich gar nicht. Das Ziel ist vielmehr … dem
Opfer zu helfen, den Täter zu fassen, dafür zu sorgen, dass Gerechtigkeit
geschieht.«
Drathdor schnaubt in sein Bier und bläst etwas Schaum auf sein Kostüm.
»Das ist abscheulich .« Er wischt sich mit dem
Handschuh über den Mund. »Einfach abscheulich. Heißt das, Sie sind so ein
toxischer Mem-Zombie? Und Pixil hat Sie hierher gebracht? Sie fasst Sie an ?« Er wirft der Ältesten einen schockierten
Blick zu. »Ich muss mich wundern, dass du das zulässt.«
»Meine Tochter kann mit ihrem Leben machen, was sie will und mit wem
sie will. Außerdem sollten wir uns meiner Ansicht nach gelegentlich in
Erinnerung rufen, dass es um uns herum eine menschliche Gesellschaft gibt und
dass wir mit ihr leben müssen. Im Realm vergisst man das so leicht.« Sie
lächelt. »Und für Kinder ist es gut, im Dreck zu spielen, das stärkt das
Immunsystem.«
»Moment mal«, sagt Isidore. »Ihre Tochter?«
»Wie auch immer«, sagt Drathdor und steht auf. »Ich gehe, bevor ich
mich noch mit ›Gerechtigkeit‹ anstecke.«
Er zieht ab. Die anderen schweigen betreten.
»Ich verstehe immer noch nicht, wie Sie den Punktestand
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