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Quantum

Quantum

Titel: Quantum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannu Rajaniemi
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wie der Dieb über den Platz gelaufen ist.
    »Oh«, sagt der Gentleman, und gleich darauf empfängt sie eine
Gevulot-Anfrage, in der er sie bittet, seine Reaktion zu vergessen.
Unverzüglich stimmt sie zu: Ihr Metakortex wird sie trotzdem speichern. Sie
versieht sie mit einem Merkzeichen, um sie sich später anzusehen. Eigenartig.
    »Ich kann die Regeln ein wenig beugen, um Ihnen bei der Suche zu
helfen. Wir Zaddiks verfügen über … besondere Mittel.« Der Zaddik schraubt den
Griff seines Spazierstocks ab. Eine winzige Kugel springt heraus. Nanonebel. Er
schwebt neben Mieli in der Luft wie eine Seifenblase und leuchtet auf. »Das
sollte genügen: Sie brauchen nur dem Leuchtkäfer zu folgen, er führt Sie zu
ihm.«
    »Ich danke Ihnen.«
    »Es war mir ein Vergnügen. Passen Sie gut auf sich auf.« Der Zaddik
tippt noch einmal grüßend an seinen Hut, dann umhüllt ihn ein Hitzeschleier,
und er entschwebt in die Luft.
    Siehst du? Das war doch gar nicht so schwer, sagt Perhonen .
    »Bedaure«, wehre ich ab. »Ich weiß nicht, von wem Sie sprechen.«
Ich blockiere die Gevulot-Anfrage des Gärtners oder glaube es
zumindest. Das Gevulot-Interface, das man den Besuchern gibt, ist eigentlich
nicht für alle Feinheiten im täglichen Umgang der Oubliette geeignet, es
liefert nur grobe Stufen zwischen vollem Zugriff und vollständiger
Privatsphäre. Ich erinnere mich vage an einen eigenen Privatsphäre-Sinn:
verglichen damit sieht man als Besucher nur schwarz-weiß.
    »Ihre Körperdesigner verehren offenbar denselben Filmstar«, sagt der
Gärtner. »Sie sehen genauso aus wie ein Typ, der immer mit seiner Freundin
hierherkam. Übrigens ein sehr hübsches Mädchen.«
    Ich steige langsam von dem Roboter herunter.
    »Was wollten Sie eigentlich da oben?«, fragt er und sieht mich
erstaunt an.
    »Ich wollte mir einen besseren Überblick über das Spielbrett
verschaffen«, sage ich. »Man könnte mich als fanatischen Spieler bezeichnen.«
Ich klopfe mir den Schmutz von meinem Jackett. »Sind Sie derjenige, der sich
hier um die Blumen kümmert? Die sind wunderschön.«
    »Ja, der bin ich.« Er schiebt die Daumen unter die Hosenträger
seines Overalls und grinst. »Jahrelange Arbeit. Der Park war schon immer ein
Treffpunkt für Liebespärchen. Ich bin für so etwas zu alt – ein paar Runden im
Schweigen treiben einem solche Flausen aus –, aber ich möchte, dass es die
jungen Leute nett haben. Sind Sie zu Besuch hier?«
    »Ganz recht.«
    »Dann haben Sie eine gute Nase; die meisten Touristen würden diesen
Ort gar nicht finden. Ihrer Freundin scheint es hier auch zu gefallen.«
    »Wen meinen Sie mit meiner Freundin – ach so.«
    Mieli steht im Schatten eines der größeren Roboter, über ihrem Kopf
schwebt ein Leuchtkäfer. »Hallo, Liebling«, sagt sie. Ich halte den Atem an,
warte darauf, in ein Inferno gestürzt zu werden. Aber sie lächelt nur eisig.
    »Hast du dich verlaufen?«, frage ich. »Ich hatte schon Sehnsucht
nach dir.« Ich zwinkere dem Gärtner zu.
    »Ich lasse euch junges Volk dann mal allein. War nett, euch
kennenzulernen«, sagt der Gärtner und verschwimmt, um dann zwischen den
Roboter-Ruinen zu verschwinden.
    »Weißt du noch«, fragt Mieli, »wie du sagtest, wir wollten uns
professionell verhalten?«
    »Lass mich dir erklär…«
    Ich sehe die Faust nicht kommen, sie trifft meine Nase wie aus
heiterem Himmel – ein präzise kalkulierter Schlag, der ein Maximum an Schmerz
auslöst, ohne den Knochen zu brechen – und wirft mich gegen den Roboter. Dann
regnet es Tritte, ich werde gegen die Maschine gepresst, die Luft entweicht aus
meinen Lungen, mein Solarplexus fängt Feuer. Und zu guter Letzt ein
Trommelfeuer mit den Fingerknöcheln gegen meine Wangen und ein Hieb, der mir
fast den Unterkiefer ausrenkt. Mein Körper hält sich streng an seine grausamen
Parameter und lässt mich nach Luft ringen. Ich fühle mich irgendwie losgelöst,
als beobachtete ich Mielis unglaublich schnelle Bewegungen von außen.
    » Das verstehe ich unter professionell«,
zischt sie. »In meinem Koto in Oort haben wir uns nie mit langen Erklärungen
aufgehalten.«
    »Danke«, keuche ich, »dass du nicht den Höllenknopf gedrückt hast.«
    »Nur weil du etwas gefunden hast.« Sie bekommt diesen abwesenden
Blick, der mir sagt, dass sie die Kurzzeiterinnerungen meines Körpers ausliest.
»Zeig her.« Sie streckt die Hand aus. Ich reiche ihr die UHR . Sie wirft sie nachdenklich in die Luft und fängt
sie wieder auf. »Schön. Steh auf. Wir

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