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Quantum

Quantum

Titel: Quantum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannu Rajaniemi
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Hand, von einer
Galerie zur anderen. Ich genieße es; Kunst hat mich schon immer beruhigt, auch
wenn ich bei vielen der neuesten Ausstellungsstücke mit ihren scharfen Kanten
und den explodierenden Farben eine aggressive und gewalttätige Unterströmung
spüre. Mieli indes scheint sich zu langweilen. Sie steht vor einer Serie von
Aquarellen und lässt ein eigenartiges Summen hören.
    »Du bist nicht gerade ein Kunstfreund, wie?«
    Sie lacht leise. »Kunst sollte nicht flach oder tot sein wie das hier«, sagt sie. »Sie sollte gesungen werden.«
    »Ich glaube, das nennt man hier Musik.«
    Sie wirft mir einen strafenden Blick zu, und danach halte ich den
Mund und betrachte lieber die älteren abstrakten Werke und die
Kunststudentinnen.
    Nach einer Weile nehmen wir die ersten Gogol-Piraten wahr.
    Mieli hat von ihrer Auftraggeberin die öffentlichen Schlüssel der
Sobornost-Agenten bekommen und ihnen Mit-Erinnerungen geschickt. Das Museum als
Treffpunkt war meine Idee. Das Gevulot ist hier gut strukturiert, um die
Ausstellungsstücke herum gibt es gerade so viele Agora-Bereiche, dass von
Gewalttaten abgeschreckt wird, aber man findet auch vollkommene Privatsphäre
für vertrauliche Gespräche. Ich hatte allerdings nicht erwartet, dass sie in
solchen Scharen herbeiströmen würden.
    Ein kleines Mädchen, das ein Bild von einer Herde grasender
Grazilelefanten im Nanedi-Tal betrachtet, fasst sich mit genau der gleichen
Bewegung an die Nasenspitze wie ein Händchen haltendes Paar. Und die beiden
haben wiederum den gleichen Gang wie eine hochgewachsene Kunststudentin in
einem freizügigen Top, die meinen Blick wie magisch anzieht. Eine ganze Familie
geht an uns vorbei, der Vater mit dem schütteren roten Haar lacht auffallend
synchron mit seinem Sohn. Und es sind noch viele mehr, überall in der Menge,
auf allen Seiten. Nun öffnen sie uns kleine Bereiche ihres Gevulot, um
aufzuzeigen, wo sie sind. Seltsamerweise ist mir ihr Verhalten aus ferner
Vergangenheit, aus meiner Zeit als Mensch auf der Erde vertraut.
    »Sie drängen uns ab«, flüstert Mieli. »In diese Richtung.«
    Wir landen auf einem großen Balkon, der mit Glastüren vom Hauptteil
des Museums abgetrennt ist. Dort stehen in einem großen, flachen Wasserbecken
drei Skulpturen, die an Totems erinnern. Sie bestehen aus zackigen
Metallelementen und organischen Formen, Teilen von ausgemusterten
Schweigerkörpern, wie ich aus der kleinen Mit-Erinnerung erfahre, die ihnen
anhaftet. An den Nahtstellen tropft Wasser herab: das Plätschern wäre beruhigend,
würde es mich nicht an Blut erinnern.
    Etwa zwanzig Personen drängen nach, der Balkon füllt sich. Eine
Gruppe bezieht Posten vor den Glastüren, um uns den Fluchtweg zu versperren.
    Zu meiner Überraschung scheint Mieli an den Brunnenfiguren Gefallen
zu finden, sie steht so lange davor, bis ich sie am Arm fasse. »Ich glaube, es
ist Zeit.«
    »Meinetwegen«, sagt sie. »Und vergiss nicht, das Reden übernehme
ich.«
    »Lass dich nicht aufhalten.«
    Ein kleines schwarzes Mädchen, etwa sechs Jahre alt, tritt auf uns
zu. Sie trägt ein leuchtend blaues Kleid, ihr Haar ist zu zwei steif
abstehenden Zöpfchen geflochten. Und sie fasst sich auf eine Weise an ihre
Stupsnase, die mir inzwischen sattsam bekannt ist. »Seid ihr Fremdweltler?«,
fragt sie. »Wo kommt ihr her? Ich heiße Anne.«
    »Hallo, Anne«, sagt Mieli. »Wir brauchen uns nichts vorzuspielen.
Wir sind hier unter Freunden.«
    »Man kann nicht vorsichtig genug sein«, sagt die langbeinige
Kunststudentin, die hinter uns steht, ohne von ihrem Skizzenbuch aufzuschauen.
    »Ihr habt«, sagt eine Frau in einem Kaleidoskop-Kleid, die mit einem
jungen Mann Händchen haltend am Balkongeländer lehnt, »eine Minute Zeit, um zu
erklären, wie ihr uns gefunden habt.«
    »Danach holen wir uns die Antwort selbst«, ergänzt Anne.
    »Ihr wollt doch hier wohl keinen Ärger anfangen?«, fragt Mieli. »Das
ganze Gebäude ist voller Agoren.«
    Anne lächelt. »Mit Agoren müssen wir uns ständig herumschlagen«,
sagt sie und winkt ab. »Noch fünfzig Sekunden.«
    »Ich diene jemandem, der deinem Kopievater dient«, sagt Mieli. »Wir
brauchen Hilfe.«
    »Zeigt uns ein Siegel«, verlangt der junge rothaarige Vater, während
er versucht, sein schreiendes Baby zu beruhigen. »Wir sind gern zu Diensten«,
sagt die Kunststudentin. »Aber ihr müsst euch legitimieren.« Auf dem Balkon
wird es plötzlich still. Nur ein paar von den Piraten unterhalten sich noch
weiter und zeigen

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