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Quantum

Quantum

Titel: Quantum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannu Rajaniemi
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will.
    Eigentlich bin ich nicht einmal überrascht. Auf anderen Welten hält
man uns für tiefste Provinz, eine Spielwiese, auf der man sich austoben kann.
Und dieser … Dieb hat aus welchen Gründen auch immer mich zu seinem Spielball
erkoren. Aber wenn ich zur STIMME oder zu den
Zaddikkim ginge, würden sie mir das Gleiche sagen: Jemand spielt Ihnen einen
Streich. Deshalb sind Sie hier, M. Beautrelet.« Unruh lächelt. »Sie sollen mir
helfen. Sie sollen herausfinden, wie der Brief in meine Bibliothek gelangt ist.
Sie sollen in Erfahrung bringen, was dieser Mann vorhat, und ihn daran hindern.
Oder mir, falls er Erfolg hat, mein Eigentum wiederbeschaffen.«
    Isidore holt tief Luft. »Ich glaube, Sie haben eine etwas überzogene
Vorstellung von meinen Fähigkeiten«, sagt er. »Ich bin keineswegs überzeugt
davon, dass es sich hier um den echten le Flambeur handelt. Aber wenn doch, was
bringt Sie darauf, ich könnte einer solchen Kreatur gewachsen sein?«
    »Wie gesagt, ich bin Idealist«, erwidert Unruh. »Ich habe Ihre
Arbeit verfolgt, man könnte sogar sagen, ich bin ein Fan von Ihnen. Und obwohl
mich die Handlungsweise des Diebs in tiefster Seele kränkt, amüsiert mich die
Vorstellung, mein Ableben von einem geistigen Schlagabtausch begleiten zu
lassen. Natürlich werden Sie für Ihre Bemühungen ein angemessenes Entgelt
erhalten, falls Sie sich darüber Gedanken machen. Was meinen Sie?«
    Einen Dieb soll ich fangen , denkt Isidore. Ein geradliniger Auftrag, einfach und sauber. Selbst wenn
sich alles nur als Scherz herausstellt.
    »Einverstanden«, sagt er. »Ich übernehme den Fall.«
    Unruh klatscht in die Hände. »Ausgezeichnet! M. Beautrelet, Sie
werden Ihre Entscheidung nicht bereuen.« Er steht auf. »Lassen Sie uns Odette
suchen, dann sehen wir uns den Schauplatz des Verbrechens an.
    Das Schloss ist so prächtig wie die Monarchie-Simulation in der
Zoku-Kolonie: hohe Räume, Marmorfußböden, mattschwarze Roboterrüstungen zu
beiden Seiten der Korridore, große Landschaftsgemälde vom Mars: rote Felsen,
das Valles Marineris, die Grinsefratze des Königs in Weiß und Gold.
    Odette – die Frau in Weiß – wartet in der Bibliothek. Als die beiden
eintreten, nickt sie Isidore kurz zu.
    »Gut gemacht«, lobt Unruh. »Du hast den jungen M. Beautrelet
offenbar so betört, dass er bereit ist, uns bei unserem kleinen Dilemma
behilflich zu sein.«
    »Das überrascht mich nicht«, erwidert sie. »Ich glaube, der Fall wird
Sie interessieren, M. Beautrelet.«
    Die Bibliothek ist ein hoher, heller Raum mit einem Oberlicht und
großen Fenstern zum Garten hinaus. Bequeme Ledersofas laden zum Sitzen ein. Und
Bücher – in analoger und in Spime-Form – füllen zu Tausenden in ordentlichen
Reihen die dunklen Eichenregale. Als Bibliothekar amtiert eine baumförmige
Biosynth-Drohne. Eine große Planetenmaschine aus Messing – ein Metallgehäuse
mit einem Echtzeitbild des Mars und des ihn umgebenden Weltraums – steht im
Zentrum auf einem weinroten Teppich.
    Unruh hebt eine Hand, die Drohne fährt einen schwarzen Ast aus,
schlängelt ihn zu einem der oberen Fächer hinauf und reicht ihm einen Band.
»Das ist der Lifecast des Grafen von Isidis. Er war einige Jahre vor der
Revolution an einer kleinen Verschwörung beteiligt, die den König absetzen
wollte. Natürlich scheiterte sie. Aber die vorrevolutionären Jahre sind eine
faszinierende Epoche; damals hätte auch alles ganz anders laufen können.
Natürlich hat der Spike überall Lücken gerissen. Sie können sich zweifelsohne
denken, dass ich vor einer Weile eine Phase der Monarchiebegeisterung
durchlaufen habe.« Bei diesen Worten klingt seine Stimme irgendwie hohl.
    »Jedenfalls studierte ich diesen Band, als ich den Brief bemerkte.
Er lag dort drüben.« Der Millenar zeigt auf ein Lesetischchen. »Sorgfältig so
platziert, dass ich ihn von meinem Lieblingssessel aus sehen musste.« Er lässt
das Buch auf dem Tisch liegen, geht zu einem der Sessel und setzt sich. »Nur
ich, meine drei Schweiger-Diener und Odette – und jetzt Sie – haben Gevulot für
diesen Raum.«
    »Sonstige Sicherheitsmaßnahmen?«
    »Bisher nicht, aber ich lasse Ihnen gerne freie Hand, Sie können
alles einbauen, was Sie möchten, Schwarzmarkttechnik eingeschlossen. Um die
Einzelheiten kann Odette sich kümmern, Sie brauchen ihr nur Bescheid zu geben.«
Unruh sieht Isidore an und lächelt. »Sie sollten auch mit ihr auf die
Beständige Allee gehen. Sie brauchen etwas zum Anziehen für die

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