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Quantum

Quantum

Titel: Quantum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannu Rajaniemi
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Stadt in
einem Club mit Glasboden, und ich tanze mit ihr bis zum Morgen. Bin ich ihr
dort zum ersten Mal begegnet?
    »Sie haben Schwierigkeiten mit der a-cappella -Partie«,
sage ich. Sie zögert. »Wenn Sie mit mir essen gehen, kann ich Ihnen erklären,
wie das Problem zu lösen ist.«
    »Warum sollte ich Ihre Ratschläge annehmen?«, fragt sie und nimmt
mir das Notenblatt aus der Hand.
    »Keine Ratschläge, nur Vorschläge.«
    Sie betrachtet mich lange, und ich schenke ihr mein bestes neues
Lächeln. Ich habe lange vor dem Spiegel geprobt, bis es zu meinem neuen Gesicht
passte.
    Sie schiebt sich eine schwarze Locke hinter ihr helles Ohr. »Na
schön. Sie werden mich überzeugen müssen. Aber ich bestimme, wo wir hingehen.«
Sie gibt mir eine Mit-Erinnerung – ein Lokal nahe beim Revolutionsdenkmal.
»Warten Sie dort auf mich, um sieben.«
    »Abgemacht. Könnten Sie Ihren Namen noch einmal wiederholen?«
    »Den habe ich Ihnen noch gar nicht gesagt.« Sie steht auf und
verlässt den Spielplatz. Ihre Absätze klappern über das Pflaster.
    Während der Dieb in der Stadt auf Liebespfaden wandelt, zwingt
sich Mieli, den Wasilew zu verhören.
    Die Kugel aus der Geisterwaffe – kaum so groß wie ein Stecknadelkopf
– hat gerade genug Rechenleistung für ein Bewusstsein auf Humanstufe. Mieli
wirft sie in der Saphirkapsel, die sie im Ruhezustand hält, in die Luft und
fängt sie wieder auf. Die Schwerkraft ist immer noch ungewohnt für sie. Selbst
dieses winzige Ding hat eine Wucht wie ein Misserfolg; sie lässt es auf ihrer
Hand aufschlagen, wieder und wieder.
    Wir sind im Krieg , ermutigt sie sich. Sie haben angefangen. Was soll ich denn sonst tun?
    Das Hotelzimmer kommt ihr zu klein, zu eng vor. Irgendwann geht sie,
die Kugel immer noch in der Hand, hinaus in die Stadt und schlendert während
der Nachmittagsflaute über die Beständige Allee, die ihr mittlerweile vertraut
ist.
    Vielleicht kommt ihre innere Unruhe über den Biot-Feed des Diebs.
Seit dem Fluchtversuch wagt sie nicht mehr, ihn auszublenden – schon gar nicht
jetzt, nachdem sie ihm widerwillig gestattet hat, sein Aussehen und seine
Bewusstseinsstruktur zu verändern. Deshalb spürt sie seine Erregung wie ein
ständiges Phantomjucken.
    An einem Stand bleibt sie stehen und lässt sich etwas von dem
schweren, würzigen Gericht geben, das hier angeboten wird. Der junge Mann, der
sie bedient, lächelt unentwegt und bombardiert sie so lange mit zweideutigen
Mit-Erinnerungen, bis sie sich in Gevulot hüllt, um in Ruhe essen zu können.
Das Gericht nennt sich cassoulet , und hinterher fühlt
sie sich so voll, als würde sie gleich platzen.
    »Wie läuft es da drin?«, fragt sie Perhonen .
    Er hat sie gerade zu einem ersten Rendezvous
überredet«, meldet das Schiff.
    » Na großartig.«
    Deine Begeisterung hält sich in Grenzen. Nicht
gerade professionell.
    »Ich muss für eine Weile allein sein. Kannst du ihn für mich im Auge
behalten?«
    Natürlich. Aber du solltest ihm selbst folgen. Es
ist recht unterhaltsam.
    Mieli trennt die Verbindung. Unterhaltsam. Sie
versucht, den leichten Schritt der weiß gekleideten Marsianer nachzuahmen, und
wünscht sich, wieder fliegen zu können. Nach einer Weile wird ihr der Himmel zu
weit. Das nächstgelegene Gebäude ist irgendeine Kirche, und dort sucht sie
Schutz.
    Sie weiß nicht, welchen Gott man hier verehrt, und will es auch gar
nicht in Erfahrung bringen. Aber das hohe Deckengewölbe erinnert sie an die
offenen Räume der Ilmatar-Tempel in Oort, die Eishöhlen der Göttin der Luft und
des Weltraums. Deshalb scheint es ihr angemessen, ein leises Gebet zu singen.
    Luftmutter, gewähre mir Weisheit,
    Tochter des Himmels, schenke mir Kraft.
    Hilf der Waise, nach Hause zu finden,
    Geleite den verirrten Vogel ins Land des Südens.
    Vergib dem Kind mit den blutigen Händen,
    dem schlechten Bildner, der dein Werk verdirbt,
    der mit üblen Taten und noch übleren Gedanken,
    mit Wunden und Narben deinen Gesang beschmutzt.
    Als sie die Bitte um Vergebung wiederholt, muss sie an zu Hause
und an Sydän denken, und ihr wird leichter ums Herz. Nachdem sie eine Weile
still dagesessen hat, kehrt sie ins Hotel zurück, verdunkelt die Fenster und
holt die Geisterkugel heraus.
    »Wach auf«, befiehlt sie dem Wasilew-Bewusstsein.
    Wo? Ach so.
    »Hallo, Anne.«
    Du?
    »Ja. Die Dienerin des Gründers.«
    Das Wasilew-Bewusstsein lacht. Mieli gibt ihm eine Stimme, keine
Kinder-, sondern eine männliche Wasilew-Stimme, samtig und leise. Das

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