Quantum
beschlossen wir, uns darum zu kümmern.
Inzwischen gibt es Hunderte von uns, überall in den Städten, und weitere werden
ausgebildet. Wir haben Förderer – die natürlich eigene Interessen verfolgen.
Aber diese laufen mit denen der Oubliette parallel.
Wir konnten Gutes tun. Aber sooft wir ein Muster entdeckten, eine
Möglichkeit für eine dauerhafte Lösung sahen – die Abschaltung eines
Piratensender, der gestohlene Uploads übertrug, oder die operative Entfernung
eines verseuchten Gevulot-Netzes –, pflegten diese Dinge einfach zu
verschwinden. Die Piraten wissen sich ihre Ziele zu wählen, und sie kommen auch
an sie heran. Sie verstehen ihr Handwerk, aber es steht auch fest, dass sie
Hilfe haben.
Von den Eingriffen in den Exospeicher wissen wir schon seit einiger
Zeit. Er wird von einer Instanz, einer oder mehreren Personen, manipuliert. In
welchem Ausmaß, wie oder warum das geschieht, wissen wir nicht. Wir nennen
diese Instanz die Kryptarchen. Die heimlichen Herrscher. Oder, wie der Futurist
es ausdrückt, die verdammten Dreckskerle.
Wir glauben an die Ziele der Revolution. An einen humanen Mars.
Einen Ort, wo wir eine neue Erde ohne Probleme schaffen können. Wo jeder Herr
über sein eigenes Bewusstsein ist, wo wir selbst über uns bestimmen. Und das
ist nicht möglich, wenn jemand hinter dem Vorhang steht und die Fäden zieht.«
Raymonde sieht mich an. »Das ist unser Preis. Du zeigst uns einen
Weg, um die Kryptarchen ausfindig zu machen, und wir geben dir, was dein ist.«
»Natürlich«, schränkt der Bischof ein, »nur unter der Voraussetzung,
dass die hohe Meinung des Gentleman von dir auch nur annähernd gerechtfertigt
ist.«
»M. Reverte.« Ich schenke ihm mein schönstes Haigrinsen. »Zwei Tage
habe ich gebraucht, um herauszufinden, wer du bist. Diese Kryptarchen – sie kennen euch. Ich glaube sogar, ihr kommt ihnen gelegen. Ihr
passt in das System, das sie geschaffen haben. Ihr haltet es stabil. Und genau
das ist es, was sie wollen.«
Ich leere mein Glas und lehne mich zurück. »Ihr spielt niemals
falsch. Ihr seid nichts anderes als bessere Polizisten, dabei solltet ihr
Revolutionäre sein. Verbrecher. Und dabei kann ich
euch helfen. Ist von dem Wein noch etwas übrig?«
»Offen gestanden«, sagt der Futurist, »sollten wir genau dagegen
ankämpfen. Gegen Fremdweltler, die glauben, sie wären besser als wir.« Sie
sieht sich um. »Ich bin dafür, sie von unserem Planeten zu jagen und uns wieder
um unsere eigentlichen Aufgaben zu kümmern. Und der Gentleman sollte für ihr
Verhalten gerügt werden.«
Am Tisch wird genickt, und ich verfluche mich selbst, weil ich sie
falsch eingeschätzt habe; ich komme mit dem Gevulot immer noch nicht so zurecht
wie ein geborener Marsianer, trotz der Gogol-Piraten-Software. Das geht nicht gut aus.
Doch jetzt ergreift Mieli das Wort.
»Wir sind nicht eure Feinde«, sagt sie schlicht.
Sie steht auf und sieht die Zaddikkim an. »Ich komme von weit her.
Ich glaube an andere Dinge als ihr. Aber Folgendes kann ich euch versichern:
Was euch der Dieb verspricht, was wir hier vereinbaren, das wird auch
eingehalten, dafür werde ich sorgen. Ich bin Mieli vom Hiljainen-Koto, die
Tochter des Karhu. Und ich lüge nicht.«
Seltsamerweise sind ihr die Leute in diesem Raum aus irgendeinem
Grund vertrauter als alles, was sie bisher auf dieser Welt gesehen hat. Aus
ihren maskierten Gesichtern strahlt ein Traum, etwas, das größer ist als sie
selbst. Genau dieses Strahlen hat sie bei den jungen Kriegern ihres Koto
gesehen. Der Dieb wird es nie verstehen: Er spricht eine andere Sprache, er
kommt aus der Welt der Spiele und der Täuschungen.
»Schaut in meine Gedanken.« Sie öffnet ihnen ihr Gevulot so weit und
vollständig, wie sie nur kann. Nun können sie ihre Oberflächengedanken auslesen
und alle ihre bisherigen Erinnerungen an diese Welt sehen. Es ist, als würde
sie einen schweren Mantel abwerfen, und plötzlich fühlt sie sich federleicht.
»Wenn ihr hier eine Unwahrheit findet, dann könnt ihr uns auf der
Stelle verbannen. Wollt ihr unsere Hilfe annehmen?«
Am Tisch ist es völlig still geworden. Dann spricht die Stille ein
einziges Wort:
»Ja«, sagt er.
Raymonde führt uns durch Montgolfiersville, vorbei an den
kleinen, umzäunten Gärten, wo die Wohnballons festgemacht sind. Das
Sonnenlicht, das durch die verschiedenfarbigen Gassäcke sickert, und der
Schwindel, den das Gevulot auslöst – wir dürfen uns nicht erinnern, wo der
Treffpunkt war –,
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