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Quantum

Quantum

Titel: Quantum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannu Rajaniemi
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wahre Leben.«
    Was du nicht sagst , versetzt das Schiff. » Und wie geht es mit der Selbstfindung voran?
    »Das ist privat.«
    Um Mieli zu zitieren …
    »Ja, ja, ich weiß. Raymonde ist mir zu früh auf die Schliche
gekommen. Ich habe nur einzelne Bilder aufgefangen. Die geben nicht allzu viel
her.«
    Bist du sicher?
    »Was willst du damit sagen?«
    Wenn man misstrauisch wäre, könnte man vermuten,
du wüsstest bereits, wo das Gesuchte zu finden ist. Du schlepptest uns nur
durch die Gegend, um dich in deiner schneidigen Diebespersönlichkeit zu
amüsieren.
    »Jetzt bin ich gekränkt. Würdest du mir so etwas wirklich zutrauen?«
Dabei hat das Schiff nicht unrecht. Ich führe schon die ganze Zeit regelrechte
Eiertänze um diese Erinnerungen auf, und ja, es könnte zum Teil daran liegen,
dass mir die Sache trotz allem Spaß macht.
    Ich habe noch eine andere Theorie: Du reißt dir
den Arsch auf, um dieser Raymonde zu imponieren.
    »Das, meine Beste, ist Vergangenheit. Wenn ich mir in meinem Beruf
von solchen Gefühlen das Gehirn vernebeln ließe, wäre das mehr als gefährlich.«
    Ja, ja.
    »Sosehr ich deine Gesellschaft schätze: Je früher ich zu den
Tätigkeiten zurückkehren kann, auf die ich mich wirklich verstehe, desto lieber
ist es mir. Und wenn wir schon dabei sind – ich könnte etwas Ruhe und Frieden
brauchen. Ich lege mir gerade zurecht, wie man ins Reich der Toten einbrechen
könnte.« Ich lehne mich zurück, schließe die Augen und bedecke mein Gesicht
gegen die Sonne und gegen das Schiff mit der Zeitung.
    Siehst du? Genau das meine ich, sagt Perhonen . Du wartest schon den ganzen
Tag darauf, mir das sagen zu können.
    Mieli ist müde. Ihr Körper ist damit beschäftigt, seine Systeme
zu überprüfen und neu zu starten. Sie hat ihre Periode zwar seit Jahren nicht
mehr gehabt, erinnert sich aber schwach, dass sich das ähnlich anfühlte. Nach
der Rückkehr vom Treffen mit den Zaddikkim will sie nur noch in ihr Zimmer
gehen, sich hinlegen und beim leisen Klang oortischer Songs sanft
entschlummern. Aber die Pellegrini wartet schon auf sie. Die Göttin trägt ein
dunkelblaues Abendkleid. Ihr Haar ist aufgesteckt, und ihre Hände sind in
langen schwarzen Seidenhandschuhen verborgen.
    »Liebes Kind«, sagt sie und drückt Mieli einen duftenden Kuss auf
die Wange. »Das war entzückend. Hoch dramatisch.
Spannend. Und dieses leidenschaftliche Engagement, um die Leute in ihren
komischen Kostümen zu überzeugen, dass sie euch brauchen. Eine maßgeschneiderte
Gogol-Persönlichkeit hätte es nicht besser machen können. Es tut mir fast leid,
dass du deine Belohnung schon so bald bekommst.«
    Mieli zwinkert. »Ich dachte, wir wollten den Dieb –«
    »Natürlich, aber alles hat seine Grenzen. Ein paar Wasilews hier und
dort, das ist eine Sache, aber es gibt auf diesem Planeten Aspekte, die wir nur
im Kontext der Großen Gemeinsamen Aufgabe betrachten dürfen. Die Kryptarchen
sind einer davon: Sie sorgen für ein Gleichgewicht, das wir gerade jetzt aus
verschiedenen Gründen nicht stören sollten.«
    »Wir werden sie nicht … vernichten?«
    »Natürlich nicht. Du wirst dich mit ihnen treffen .
Und ihr werdet eure Aktivitäten koordinieren. Du wirst den Zaddikkim gerade so
viel geben wie nötig, damit wir bekommen, was wir brauchen. Und dann – nun,
dann liefern wir sie den Kryptarchen aus. Damit gewinnen beide Seiten.« Die
Pellegrini lächelt.
    »Und nun, mein Kind, will unser Dieb vermutlich seine neuen Ideen
mit dir besprechen. Tu ihm den Gefallen. Ciao.«
    Mieli berührt Sydäns Edelstein, nur um sich zu erinnern, warum sie
das alles tut. Dann legt sie sich hin und wartet, dass es an der Türe klopft.

12   Der Detektiv und die Carpe-Diem-Party
    Am Abend der Carpe-Diem-Party sind alle Geräusche im
Garten so gedämpft wie die Stimme eines Schauspielers, der mit angehaltenem
Atem seinen Text vor sich hin murmelt.
    Man hat in ordentlichen Reihen Tische mit Champagnergläsern und
kleine Pavillons aufgestellt, in denen man exotischeren Fremdweltlastern frönen
kann. Die Foglet-Leuchtkäfer sind noch nicht angezündet. Ein
Schweiger-Orchester stimmt seine Instrumente – Teile der eigenen Körper – und
erzeugt damit eine leise Blech-Kakophonie. Ein Feuerwerker mit einem hohen Hut
bestückt ein Gerät, das aussieht wie eine kleine Pfeifenorgel, mit Raketen in
vielen Farben.
    »Was halten Sie nun davon, M. Detektiv?«, fragt Unruh. Er ist als
Sol Jovis gekleidet, der letzte Wochentag des darischen Kalenders.

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