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Quantum

Quantum

Titel: Quantum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannu Rajaniemi
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Vergrößerungsglas und Wus Kamera aus der Tasche und
sieht sich den Film an. Das Zoku-Instrument übersetzt den körnigen Film ohne
Mühe in farbige Bilder. Isidore klopft auf die Glasscheibe und lässt sie
durchlaufen. Frauen der Gesellschaft. Künstler. Und da – Unruh. Ein Bild, dem
Zeitstempel nach erst vor wenigen Minuten aufgenommen. Es zeigt den Millenar
lachend inmitten einer Gruppe von Freunden, darunter eine vertraute Gestalt in
Schwarz und Silber mit zerzaustem Haar –
    Isidore lässt die Kamera fallen und rennt los.
    Es dauert nur einen Moment, die äußere Erscheinung des Detektivs
zu duplizieren. Dazu ziehe ich mich in einen der Pavillons zurück, die unser Gastgeber
freundlicherweise für geschlechtliche und sonstige nicht-öffentliche
Aktivitäten seiner Gäste mit voller Privatsphäre versehen hat; dort präge ich
sein dreidimensionales Bild meinem eigenen Körper auf und programmiere meine
Kleidung so um, dass sie der seinen gleicht. Es braucht kein komplettes
Ebenbild zu entstehen: Mit Gevulot lässt sich eine Menge verbergen.
    Zerstreut betrachte ich den Ring, den ich ihm gestohlen habe:
Zoku-Technik, keine Frage. Ich verschiebe eine genauere Untersuchung auf später
und stecke ihn in die Tasche.
    Das eigentliche Problem ist seine Identitätssignatur, und dafür
brauche ich das Gevulot, das mir Raymonde überlassen hat. Und ich brauche auch Perhonens Quantenrechenleistung, um den Quantenzustand zu
approximieren, mit dem seine UHR sich
authentifiziert.
    Ich dachte, ein Dieb zu sein wäre ganz einfach ,
sagt das Schiff, als wir die Informationen hin und her schieben. Aber das ist Schwerarbeit.
    »Warten und blankes Entsetzen, wie ich bereits sagte.« Um mein
Versprechen an Raymonde zu halten, bemühe ich mich, die Erinnerungen zu
ignorieren, die an meinem geistigen Auge vorüberhuschen, während das Schiff und
die Software zum Identitätsdiebstahl daran arbeiten. Ich sehe leere Gesichter,
an eine Wand modelliert, und ein Mädchen mit einem Zoku-Stein an der Kehle.
Alles wirkt seltsam unschuldig, und ich frage mich kurz, wie dieser Junge dazu
kommt, Gogol-Piraten und Verbrecher wie mich zu jagen.
    Ich schiebe die Bilder beiseite: schließlich will ich nicht die
Vergangenheit des Detektivs stehlen, sondern ZEIT .
Die Gogol-Software meldet mit einem Klingelzeichen ihren Erfolg. Sie ist in
Kontakt mit meiner gehackten UHR und vermittelt
aller Welt den Eindruck, ich wäre Isidore Beautrelet. In wenigen Augenblicken wird
seine UHR ihre Identitätssignatur für das Gevulot
in der Umgebung erneuern, ich darf also keine Zeit verlieren. Ich kontrolliere
den Rest meiner Ausrüstung – die Q-Spinne und den Auslöser in meinem Kopf – und
beschließe, dass der Moment gekommen ist, das Hauptereignis dieses Abends in
Szene zu setzen.
    Ich nähere mich der Gruppe um Unruh – das geborgte Gevulot gestattet
mir nun, sie zu sehen – und imitiere den zerstreuten, mäandernden Gang des
Detektivs. Mein Zielobjekt redet mit einer großen Frau in eisigem Weiß und
scheint selig betrunken zu sein.
    »M. Beautrelet«, ruft er, als er meiner ansichtig wird. »Wie läuft
die Schurkenjagd?«
    »Die Auswahl ist zu groß«, antworte ich. Unruh bricht in Gelächter
aus, aber die Frau in Weiß sieht mich merkwürdig an. Ich sollte mich lieber
beeilen.
    »Wie ich sehe, sind Sie in Feierlaune«, konstatiert Unruh. »Das
freut mich für Sie! Trinken wir darauf!« Er leert sein Glas.
    Ich hole mir von einem vorübergehenden Schweiger-Kellner ein neues
und reiche es ihm. Als er zugreift, gebe ich der Q-Spinne eine kurze Anweisung.
Sie läuft an meinem Arm hinunter, springt auf seine Handfläche und verschwindet
in seinem gasriesenfarbenen Ärmel. Dann macht sie sich auf die Suche nach
seiner UHR .
    Drei Tage brauchte ich, um die Spinne zu züchten, und erst nach
einem weiteren längeren Streit mit Mieli konnte ich sie dazu bewegen, mit dem
Sobornost-Körper zusammenzuarbeiten. Perhonen und ich
hatten den Bauplan entwickelt. Der kleine Klumpen mit den vielen Beinen wuchs
in meiner Armbeuge und speicherte dabei einige der EPR-Zustände, die sowohl
Mieli als auch ich für unsere superdichte Kommunikationsverbindung mit dem
Schiff benützen. Ich lächle Unruh zu und steuere währenddessen die Spinne mit
meinem Geist.
    »Warum auch nicht?«, versetze ich. »Schließlich fängt gleich das
Feuerwerk an.«
    Da. Die Spinne setzt sich auf seine UHR , kriecht ins Innere und klebt dünne
Quantenpunkt-Fäden an die Ionenfallen, die Unruhs

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