Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Quantum

Quantum

Titel: Quantum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannu Rajaniemi
Vom Netzwerk:
personalisierte,
fälschungssichere ZEIT -Einheiten speichern,
Quantenzustände, die seine UHR nacheinander an
das Wiedererweckungssystem schickt, während sie seine Lebenszeit als Mensch
rückwärts zählt. Dann schickt die Spinne ein kurzes Signal an Perhonen . Eine, zwei, drei, zehn, sechzig Sekunden ZEIT werden mit Quantenteleportation abgezogen, oben am
Himmel in Quantenzustände transformiert und in Perhonen s
Tragflächen gespeichert. Geschafft.
    Unruh runzelt die Stirn. »Eigentlich wollte ich mir das Feuerwerk
für meinen großen Moment aufsparen«, sagt er.
    Ich lächle. »Sollte nicht jeder Moment ein großer Moment sein?«
    Unruh lacht wieder. »M. Beautrelet, ich weiß nicht, wo Sie so viel
Schlagfertigkeit gefunden haben – auf dem Grund eines Glases oder auf den
Lippen eines hübschen Mädchens –, aber ich bin froh darüber!«
    »M. le Flambeur, nehme ich an?«
    Der Detektiv steht vor mir, flankiert von zwei Wach-Schweigern,
blanken schwarzen Kreaturen, die nur aus Kraft und Bösartigkeit bestehen. Ich
ziehe die Augenbrauen hoch. Das ging schneller als erwartet. Viel schneller.
Ich verneige mich vor ihm, das hat er sich verdient.
    »Zu Ihren Diensten.« Ich nehme mein eigenes Aussehen wieder an und
wende mich grinsend an Unruh. »Sie sind ein großzügiger Gastgeber, aber jetzt
muss ich mich leider verabschieden.«
    »M. Flambeur, ich muss Sie bitten, sich nicht zu bewegen.«
    Ich werfe meine Blume in die Luft, lasse das mentale Bild eines
großen roten Knopfs entstehen, und drücke darauf.
    Prompt zünden alle Feuerwerksraketen auf einmal. Der Himmel ist
voller Leuchtspuren, die sich in Doppel- und Dreifachspiralen umeinander drehen,
Sterne explodieren zu silbernen Wolken, und ein krachender Donnerschlag folgt
auf den anderen. Nach einer violetten Konfettikaskade malen zwei blaue Raketen
das Unendlichkeitszeichen an den Himmel: die gute, alte Möbiusschleife. Es
riecht nach Schießpulver.
    Ringsum kommt die Party zum Stillstand. Die Wach-Schweiger sind
erstarrt. Die Musik verstummt. Unruh lässt sein Glas fallen, bleibt aber selbst
auf den Beinen. Seine Augen sind glasig. Einige Gäste brechen langsam zusammen,
aber die allermeisten bleiben aufrecht und heften ihren Blick auf etwas, das
sehr, sehr weit entfernt ist, obwohl sie nichts sehen, weil über uns die
Feuerwerksraketen aufzischen und wieder verlöschen.
    Ich hatte noch ein anderes Spielzeug aus der Trickkiste der
Gogol-Piraten: ein optogenetisches Virus, das Gehirnzellen hyperempfindlich für
bestimmte Wellenlängen des Lichts macht. Es ließ sich unschwer so verändern,
dass es, anstatt einen Upload auszulösen, eine Periode der Inaktivität erzeugt.
Das Virus in meiner Blume scheint sich schneller verbreitet zu haben, als ich
dachte. Und die Zahl der Feuerwerker in der Wandernden Stadt ist begrenzt: Sie
unter dem Vorwand zu bestechen, ich wollte M. Unruh eine harmlose kleine
Überraschung bereiten, war ganz einfach.
    Ich hülle mich in Gevulot und schleiche an der schweigenden,
benommenen, zu keinem Gedanken fähigen Menge vorbei. Raymonde erwartet mich am
Gartentor, auch sie ist in vollständige Privatsphäre gehüllt.
    »Bist du sicher, dass du den nächsten Tanz nicht noch abwarten
willst?«, frage ich. Dann schließe ich die Augen und warte auf die Ohrfeige.
Sie kommt nicht. Als ich die Augen wieder öffne, sieht sie mich mit
unergründlicher Miene an.
    »Gib es zurück. Sein Gevulot. Auf der Stelle.«
    Gehorsam übertrage ich alle Rechte an den Erinnerungen des
Detektivs, die sie mir überlassen hatte, an sie zurück. Ich spüle ihn förmlich
aus mir heraus, bis ich wieder nur noch Jean le Flambeur bin.
    Sie seufzt. »Gut so. Danke.«
    »Ich gehe davon aus, dass deine Kollegen unsere Spuren hier
verwischen werden?«
    »Keine Sorge«, versetzt sie. »Kümmere du dich nur um den nächsten
Schritt.«
    »Vielleicht fühlst du dich besser«, sage ich, »wenn ich dir sage,
dass ich beim nächsten Schritt sterben werde.«
    Wir stehen im öffentlichen Park. Es ist dunkel. Raymonde verwandelt
sich in den Gentleman und erhebt sich in die Lüfte. Die letzten Lichter des
Feuerwerks spiegeln sich in ihrer Silbermaske. »Deinen Tod wollte ich nie«,
sagt sie. »Mir ging es immer um etwas anderes.«
    »Worum? Um Rache?«
    »Gib mir Bescheid, wenn du es herausgefunden hast«, sagt sie und ist
verschwunden.
    Erstaunlicherweise wird die Party fortgesetzt, nachdem die
gestohlene Zeit abgelaufen ist. Zehn Minuten sind vergangen. Die Kapelle

Weitere Kostenlose Bücher