Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Quarantäne

Quarantäne

Titel: Quarantäne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
Vom Netzwerk:
eher niedergeschlagen.
    Dr. Tse sagt: »Meinen Glückwunsch!«
    Sie nickt und flüstert mit ihrer heiseren Stimme: »Danke.« Wie fröstelnd preßt sie die Arme um ihren Leib, aber dann hellt sich ihre Miene mit einem Mal auf. Sie dreht sich zu mir: »Ich hab’ es, stimmt’s?«
    Ich nicke.
    »Na schön, dann steht nicht einfach so herum! Wo bleibt der Champagner?!«
    Die improvisierte kleine Feier dauert höchstens eine Stunde; vier Leute (und ein Zombie-Aufpasser als Zaungast), das reicht nicht so recht für eine Party. Ich weiß, daß es noch zwölf andere Wissenschaftler gibt, dazu neun Versuchspersonen, die alle an diesem Projekt arbeiten, doch scheint Dr. Leung keineswegs erpicht darauf zu sein, die großartige Neuigkeit mit den übrigen Arbeitsgruppen zu teilen.
    Die Wissenschaftler plaudern ganz ungeniert über ihre Arbeit, diskutieren den Plan, mit Positronen-Emissionstomographie bestimmte Aspekte des >Effekts< im Kopf der Versuchsperson sichtbar zu machen – aber nichts, was sie sagen, gibt mir den geringsten Hinweis, wie dieser >Effekt< überhaupt zustande kommt. Po-kwai sitzt dabei, müde und glücklich, und schaltet sich hin und wieder in das Gespräch ein. Was sie sagt, klingt noch eine Spur technischer und unverständlicher als alles übrige.
    Im Fahrstuhl sagt sie dann: »Na also, wenigstens weiß ich jetzt, daß ich es habe.«
    »Wie bitte?«
    »Das echte, nicht das Placebo. Wußten Sie nicht Bescheid? Heute morgen hat eine andere Versuchsperson genau dasselbe Experiment absolviert – hat Ionen gezählt, mit derselben Stern-Gerlach-Maschine. Es war ein Doppelblindversuch; das echte Modul und ein Placebo… und nur die Computer wußten, wer was hat – bis eben. Das arme Kind. Hätte ich die ganze Plackerei für nichts und wieder nichts durchmachen müssen, ich glaube, ich wäre ziemlich sauer.« Sie lacht. »Vielleicht ist es das, was den Ausschlag gegeben hat, vielleicht bin ich aus genau diesem Grund nicht die Kontrollperson.« Verwundert mustere ich sie, aus ihrem Lächeln geht eindeutig hervor, daß das ein Scherz sein soll. Aber wo hier die Pointe liegt, ist mir ein Rätsel.
    Wir haben den dreißigsten Stock erreicht; Po-kwai meint, daß sie zum Essen viel zu müde sei. Methodisch und gründlich wie immer durchsuche ich das Apartment. Sie seufzt. »Eines wüßte ich gern: Selbst wenn ein neidischer Konkurrent von ASR von dem Projekt erfahren hätte – und sogar wüßte, welche der Versuchspersonen mit dem richtigen Modul herumspazieren… Glauben Sie im Ernst, daß er sich die Mühe machen würde, eine davon zu entführen?«
    BDI hatte eine Menge Mühe darauf verwandt, Laura zu entführen – und das genau des Talents wegen, über das nun auch Po-kwai verfügt. Doch darf ich über BDI nicht reden, und Po-kwai weiß nichts von Laura – so viel weiß ich aus ihren Äußerungen, denn sie hält das Modul für ein reines Laborprodukt, eine völlige Neukonstruktion bis in die kleinste Schraube sozusagen. Mag sein, daß man da etwas nachgeholfen hat.
    Ich zucke mit den Achseln. »Ich glaube auch, daß sie sich eher an die Konstruktionspläne halten würden, aber…«
    »Genau! Das ginge tausendmal schneller, als sich jemanden zu schnappen und sein ganzes Gehirn aufzudröseln…«
    »…aber sicher ist auch an die Pläne nicht gerade leicht heranzukommen, und nur ein Verrückter würde es zulassen, daß die einzige Alternative verlockender scheint. Ich denke nicht, daß Sie sich Sorgen machen müssen – aber glauben Sie nicht, daß der Sicherheitsaufwand unnütz ist. Schwer zu sagen, wie weit die Konkurrenz zu gehen bereit ist. Ich habe keine Ahnung, was für Summen man mit diesem Ding auf lange Sicht verdienen kann… aber stellen Sie sich bloß mal vor, was man an einem einzigen Abend im Spielcasino damit machen könnte.«
    Sie lacht. »Wissen Sie, aus wie vielen Atomen schon ein einziger Würfel besteht? Ihr Vorschlag bedeutet nichts weiter, als das Experiment etwas auszuweiten, sagen wir um bescheidene dreiundzwanzig Größenordnungen.«
    »Dann eben Mikrochips statt Würfel… Pokermaschinen?«
    Sie schüttelt den Kopf so viel Ahnungslosigkeit amüsiert sie. »Nicht in einer Million Jahre!«
    Und wie wäre es mit dem Öffnen von Schlössern? Vielleicht ist das so gut wie ausgeschlossen, vielleicht hat Laura die ganzen dreißig Jahre gebraucht, um dieses Kunststück zu lernen. Möglich, daß der Modul-Prototyp nur die Grundvoraussetzungen dafür schafft; Lauras Erfahrung bei der Anwendung

Weitere Kostenlose Bücher