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Quarantaene

Quarantaene

Titel: Quarantaene Kostenlos Bücher Online Lesen
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tun und war verständig genug, sich nicht einzumischen.
    Etwas Schlimmes war passiert, etwas, das sie nicht verstand, etwas, das die Ingenieure zu hektischer Aktivität veranlasste. Sie konzentrierte sich auf den großen Wandbildschirm, die Direktübertragung aus dem Auge, erschreckenderweise noch immer ohne Bild. Es konnte jederzeit zu Ende gehen.
    Ihr Telefon klingelte. Sie achtete nicht darauf. Jetzt tauchte Charlie wieder auf und sie beobachtete ihn, wie er durch den Raum kreiste, die verschiedenen Tätigkeiten koordinierte. Da sie hilflos war – oder jedenfalls nicht in der Lage zu helfen –, entwickelte sie ein Vorgefühl des Verlustes. Verlust der Kommunikation, Verlust der Orientierung, Verlust des Sehens, Verlust des Subjekts, mit dem sie sich quer durch die Wüste bis ins Herz eines Sandsturms gekämpft hatte. Von Zeit zu Zeit explodierten stochastische Farbkaskaden auf dem Bildschirm. Marguerite starrte angestrengt hin, versuchte vergeblich ein Bild auszumachen. Kein Signal, nur Rauschen, nichts als Rauschen.
    Ein paar grüne Lichter mehr, hörte sie jemanden sagen. War das gut? Anscheinend. Da kam Charlie, und er lächelte zwar nicht, aber sein Gesichtausdruck war nicht mehr ganz so ernst wie vorher – wann war das gewesen, vor einer Stunde?
    »Wir kriegen wieder ein bisschen was zu fassen«, sagte er.
    »Ein Bild?«
    »Vielleicht.«
    »Sind wir noch immer auf dem Subjekt drauf?«
    »Warten Sie’s einfach ab, Marguerite.«
    Sie wandte sich wieder dem Bildschirm zu, auf dem neues Licht zu erscheinen begann. Winzige digitale Mosaike, zusammengesetzt in den unergründlichen Tiefen der O/BEK-Zylinder. Weiß ging in ein gelbliches Braun über. Die Wüste! Wir sind wieder da, dachte Marguerite und ein Schauer der Erleichterung lief ihr über den Rücken – aber wo war das Subjekt und was war das da für eine gestaltlose Leere?
    »Sand«, murmelte sie. Feine Silikatkörner, vom Wind unbehelligt. Der Sturm hatte sich offenbar ausgetobt. Aber der Sand war nicht bewegungslos. Der Sand warf Hügel auf und rutschte in diese oder jene Richtung.
    Subjekt wälzte sich unter einem schweren Umhang aus Sand hervor. Es war vom Wind eingeweht und begraben worden, lebte aber noch. Mithilfe seiner Werkzeugarme erhob es sich, stand dann, noch etwas unsicher, im frappierenden Sonnenlicht. Die virtuelle Kamera erhob sich mit ihm. Hinter ihm sah Marguerite den Sandsturm, der zum Horizont weitergewandert war, schwarze Wirbel hinter sich herziehend wie einen üppigen Pferdeschwanz.
    Rings um das Subjekt waren Gebilde aus Stein zu erkennen: alte Säulen, pyramidenförmige Bauwerke, vom Sand halb abgetragene Fundamente. Die Ruinen einer Stadt.

 
DRITTER TEIL
     
Aufstieg des
Unsichtbaren
     
    Auf der Erde konnte der Mensch nicht weitergehen in der Überwindung der ihm durch Atmosphäre, Metalle und Optik gesetzten Schranken. Mit diesem gigantischen Spiegel, Hauptstück eines Teleskops, für dessen Bau sich Dutzende der größten Geister zusammengetan hatten, um in jahrelanger Arbeit ein Instrument von nie dagewesener Genauigkeit, Feinheit und Reichweite hervorzubringen, ausgestattet mit allen Apparaturen, die sich ein Astronom nur vorstellen und wünschen kann, war das Studium des Universums an einen Höhepunkt gelangt.
    DONALD WANDREI,
»Colossus«, 1934

 
Siebzehn
     
     
    Der Februar nahte, und als Marguerite von ihrer samstäglichen Rationszuteilung nach Hause fuhr, wurde ihr deutlich, wie sehr Blind Lake sich verändert hatte.
    Gar nicht mal an der Oberfläche. Wann immer es schneite, kamen nach wie vor die Schneepflüge aus ihren Standorten hinter dem Einkaufszentrum hervor und machten die Straßen befahrbar. Noch immer brannten abends Lichter in den Fenstern. Alle hatten es warm und niemand musste hungern. Doch es hatte sich eine gewisse Schäbigkeit über die Stadt gelegt, etwas gleichsam Ungewaschenes. Es kamen keine Firmen mehr von außerhalb, um Schlaglöcher auszubessern oder die Schindel zu ersetzen, die bei den nachweihnachtlichen Stürmen von so vielen Dächern gerissen worden waren. Der Müll wurde weiter regelmäßig abgeholt und gesammelt, konnte aber nicht mehr abgefahren werden – die Stadtreinigungsleute hatten eine vorläufige Deponie bei den westlichen Ausläufern des Sees eingerichtet, nahe des Begrenzungszauns und möglichst weit entfernt von der Stadt und den geschützten Feuchtgebieten; dennoch wurde der Geruch vom Wind herangetragen, wie ein Vorbote des Verfalls, und an besonders windigen Tagen

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