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Quasikristalle: Roman (German Edition)

Quasikristalle: Roman (German Edition)

Titel: Quasikristalle: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Menasse
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my own best friend –, fuhr zur Schule und kam gerade rechtzeitig zu einer Doppelstunde Latein, in der sie so lange störte, bis sie ins Klassenbuch eingetragen wurde.
    Am Abend kam Papa und setzte sich zu ihr aufs Bett. Scheinbar genervt zog sie einen der beiden Ohrstöpsel heraus. In Wahrheit freute sie sich, dass er da war, aber irgendwie brachte sie es nicht so gut rüber. Liest du mir heute mal wieder ein Märchen vor?
    Viola, was ist los, fragte Papa, wenn dir etwas Sorgen macht, könnten wir versuchen, darüber zu reden, oder? Viola verdrehte die Augen.
    Ich kann sehr gut verstehen, dass das alles verwirrend für dich ist, fing er an, plötzlich ist deine Mutter wieder da, du willst sie kennenlernen, was ich gut verstehe, aber vielleicht sollte ich dir etwas mehr über damals erzählen, als sie…
    Xane betrügt dich, unterbrach Viola, die sich irgendwelchen Mist über Lisa keine Sekunde länger anhören wollte. Das ging Papa nämlich gar nichts an; ihre Beziehung zu Lisa war ihre eigene Entscheidung, so wie Emmy sich dagegen entschieden hatte, Lisa kennenzulernen. Das würde sie später bestimmt bereuen. Mit fast fünfzehn ist man erwachsen, in anderen Kulturen ist man das längst, das hatte Lisa gesagt, und die musste es wissen. Man sollte tun, was zu einem passt, womit man sich gut fühlt, und oft ist das etwas ganz anderes als das, was diese Elternmemmen für einen ausgesucht haben. Lisa glaubte an die Wahrheit und an die Ehrlichkeit, sie fand, dass zu viel Wert auf Takt und Höflichkeit gelegt werde, das gehe dann eben oft auf Kosten der Wahrheit. Je früher man mit dem Sichverbiegen aufhört, desto besser, hatte Lisa gesagt und Ringe aus Rauch geblasen, und Viola war entschlossen, auf der Stelle damit aufzuhören. Papa sollte wissen, woran er war, so wie sie selbst hatte herausfinden wollen, ob sie ihre sogenannte leibliche Mutter mochte oder nicht. Lisa fand das ja total mutig, nach so langer Zeit. Und sie fand Lisa eben gut, und manchmal dachte sie darüber nach, wie Lisa wohl reagieren würde, wenn sie sie bitten würde, sie mit nach Indien zu nehmen. In den ersten Tagen nach der Sache mit Alex hatte sie ständig daran gedacht, hatte sich Szenen ihrer Abreise ausgemalt, zusammen mit Lisa an Bord eines riesigen Schiffes, und sich vorgestellt, was sie in der Schule dazu sagen würden. Was für ein Abschiedsgeschenk sie kriegen würde. Durch Indien reisen: Das wäre mal etwas anderes als Zoe mit der Seidenmähne, die bestimmt täglich Klavier übte. Das würde Alex dann erkennen, aber es wäre zu spät… .
    Sie beschrieb Papa den Mann in Einzelheiten, schmückte hier und da etwas aus, aber er schüttelte immer nur den Kopf. Doch, Papa, sie hat ihn aber geküsst, sie haben sich umarmt, und er hat ihre Hand geküsst, so in die Mitte hinein, rief sie und bohrte sich mit angeekeltem Ausdruck den Zeigefinger in die Handfläche. Sie schwor, dass es vor einem Hotel gewesen war, obwohl sie da gar nicht mehr sicher war. Vielleicht war es ein anderes Haus gewesen. Jedenfalls Treppen, davor ist eine Treppe, Papa, wenn ich wieder dort vorbeifahre, sage ich dir genau, wie das Hotel heißt.
    Papa wechselte das Thema, fragte nach der Schule, nach Noten und wie sie in letzter Zeit mit den Lehrern zurechtkam. Interessiert es dich nicht, dass dich deine Frau betrügt, fragte Viola.
    Viola, sei mir nicht böse, aber das geht dich nichts an.
    Es geht mich nichts an, fragte Viola, wenn demnächst die dritte sogenannte Mutter hier aufschlägt?
    Viola, sagte Papa, bitte, du übertreibst dermaßen, das muss dir doch klar sein, dass das alles vollkommen irrsinniges Zeug ist, was du da redest. Lass uns damit aufhören, bitte. Sag mir lieber, was dich so bedrückt.
    Das habe ich dir gerade gesagt, zischte Viola und drehte sich zur Wand. Irgendwie hoffte sie, dass Papa sich zu ihr legen würde, wie früher, sie in den Nacken beißen und dazu schnauben. Sie war am Hals so kitzlig gewesen, als Kind, und sie liebte es, wenn er nicht rasiert war. Daran, dass die Matratze sich hob, spürte sie, dass er aufstand.
    Wir haben dich alle sehr lieb, Emmy und Xane und ich, sagte er leise, ich hoffe, dass du das weißt.
    Oma und Lisa ließ er weg, ja, klar, aber das war Viola alles seit Langem gewöhnt. The mask I polish in the evening by the morning looks like shit.
    Theo schlich um sie herum. Sie war ja nicht blöd. Statt zu bleiben, wo er hingehörte und wo sie keinen Blick mehr hinwandte, schlenderte er dauernd heran, besprach sich mit

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