Queenig und spleenig - Wie die Englaender ticken
GCE A-Level, hat man so etwas wie das deutsche Abitur in der Tasche.
Sowohl die Primarschule als auch die Sekundarschule können staatlich oder privat betrieben sein. Berühmt ist England für seine elitären Privatschulen, die verwirrenderweise public schools, also „öffentliche Schulen“ , heißen, obwohl sie natürlich privat finanziert werden. Sie heißen public schools , weil sie ursprünglich dazu gedacht waren, nicht nur adligen Kindern, sondern auch Kindern aus armen Verhältnissen eine Chance auf Bildung zu geben. Die bekannteste Privatschule der Welt heißt Eton. Das 1440 von King Henry VI gegründete college liegt westlich von London im Schatten des Windsor Castle und sieht exakt so aus, als hätten sich Hogwarts und der Club der toten Dichter zusammengetan – nur größer. Die Liste der ehemaligen Schüler liest sich wie ein Who is Who aller Könige, Prinzen, Premierminister und upper class -Angehörigen der englischen Geschichte, von Winston Churchill über George Orwell bis hin zu Prince William und Prince Harry. Selbst der amtierende Premierminister David Cameron ist ein Etonian, was ihm als volksnahem Politiker natürlich irgendwie schrecklich peinlich ist. Und weshalb er sein Bestes versucht, seinen schicken Akzent wegzunuscheln, Hemden ohne Krawatte trägt, mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt und ostenativ Indie-Musik hört. Kein Wunder: Eton litt lange unter dem Ruf, selbst die blödesten unter den aristokratischen Kindern durch die A-levels zu schleusen und ihnen einen Studienplatz in Oxford oder Cambridge zu sichern. 33 Dabei ist es längst nicht mehr so, dass nur Söhne reicher Eltern , die schon bei der Geburt angemeldet wurden, Zugang zu Eton haben. Mittlerweile zählen ausschließlich die schulischen Leistungen, sodass auch Jugendliche, die in ihrer Freizeit mit hochgeklappten hoodies („Kapuzen“) und fetten Kopfhörern in Tottenhamer Garageneinfahrten abhängen, herzlich willkommen sind. Falls ihre Eltern jährlich etwa £23.000 (ca. 27.000 Euro) auf den Tisch legen können. Oder sie zu den siebzig Glücklichen gehören, die jedes Jahr ein Stipendium bekommen. Die Ausbildung in Eton ist dann tatsächlich vorbildlich – wenn man sie überlebt.
Das erste, was man als Eton-Schüler ausklamüsern muss, sind die seltsamen Bezeichnungen für einfach alles: Semester heißen halfs – „Halbe“, Lehrer sind beaks – „Schnäbel“, „Riesennasen“ oder „Richter“, je nach Belieben. Klassen sind nicht nach Zahlen, sondern nach Blöcken sortiert, will heißen ein Schüler in der neunten Klasse ist in Eton-Sprache in block F. Die Häuser, in denen jeweils fünfzig Jungen zusammen wohnen, haben Namen wie Bekyntron, Hopgarden, Godolphin oder Hawtrey . Der Schuldirektor trägt den Spitznamen Grue – der Sage nach ein gruseliges, im Dunkeln lauerndes Etwas, das in den schwärzesten Grüften der Erde lebt und dessen Fängen bislang niemand entkam. Es wird einleuchtende Gründe für diesen Namen geben … Aber warum heißt das Cricket-Feld sixpenny ? Und wieso trägt der Schulkalender den unheilvollen Namen abracadabra ? Weshalb nennt man den Laternenpfahl vor dem Gebäude burning bush ? Weshalb der Luftschutz-Bunker am Fuß des Gartens nostril – „Nasenloch“ – heißt, bleibt so lange ein Rätsel, bis man entdeckt, dass man dort wunderbar verschwiegen zwischen staubigen, alten Sesseln und Kerzenstummeln zu Reggaeklängen Koks, Grass, Magic Mushrooms, Bier und Wodka zu sich nehmen kann. Länger dauert es bis man versteht, was die Abkürzung GTF bedeutet. So lange, bis am Ende eines Schuljahres die Notendurchschnitte errechnet werden und der Schüler, der am schlechtesten abgeschnitten hat, offiziell und öffentlich mit dem Titel General Total Failure ausgezeichnet wird – als „Allgemeinener, totaler Versager“ also. Lebenswichtig ist die Beachtung bestimmter Regeln: Welche Klassen dürfen den Rasen betreten? Wie grüßt – auf Etonisch: cappt – man einen zufällig vorbeigehenden Lehrer? Wie viele Knöpfe muss man in welcher Anordnung im welchem Schuljahr zuknöpfen oder auflassen? Jaha – als Etonian jeden Tag mit Frack, Weste, Hals-Kragen, Nadelstreifen-Hose und einer weißen Krawatte über das Schulgelände zu spazieren, das will verdient sein!
Zu den obskuren Traditionen englischer Privatschulen gehörte es früher, dass jüngere Schüler älteren Schülern als Diener (fag) zur Verfügung zu stehen hatten und von diesen gelegentlich mit Ruten, Peitschen oder der flachen
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