Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Queenig und spleenig - Wie die Englaender ticken

Queenig und spleenig - Wie die Englaender ticken

Titel: Queenig und spleenig - Wie die Englaender ticken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Puri
Vom Netzwerk:
Hand gezüchtigt werden durften – Odenwald lässt grüßen. Damit ist es heutzutage vorbei. Schülerinnen gibt es auf der reinen Jungen-Schule Eton selbstredend nicht, die weibliche Präsenz beschränkt sich auf eine Handvoll beaks, sogenannte maids, „Mägde“, die die Betten machen und das dreckige Sportzeug waschen, und dames , „Damen“, die Schülern mit Schüttelfrost und 40° Fieber einen Löffel Medizin und einen aufmunternden Klaps auf den Hinterkopf geben. Im frühen 19. Jahrhundert unterhielt das College vorübergehend ein schulinternes Bordell für die Oberstufe, welches in der prüden und sittenstrengen Regierungszeit von Königin Viktoria schleunigst wieder abgeschafft wurde. Seitdem setzt man zum Abbau von überschäumenden Hormonen und unheilsamen sexuellen Energien auf Sport.
    Eine Möglichkeit, leidenschaftliche Berührungen und schmerzliche Körperverletzungen zu verbinden, bietet seit zweihundert Jahren das sogenannte Eton Wall Game : Ein riesiger Knäuel von Schülern klebt an einer Mauer, wobei sich alle um einen in der Mitte des Knäuels befindlichen Ball kabbeln. Eine undefinierbare Hälfte des Pulks versucht, der anderen undefinierbaren Hälfte des Pulks diesen Ball abzuluchsen, um ihn dann in ein Ziel – auf einer Seite ein Gartentor, auf der gegenüber liegenden Seite ein Baum – zu befördern. Nicht nur ist das seit dem Jahr 1909 niemandem gelungen – auf der Homepage des Eton College räumt man auch freimütig ein: Few sports offer less to the spectator – „Wenige Sportarten haben dem Zuschauer so wenig zu bieten.“ Na denn. In Sachen Brandwunden, Quetschungen und Knochenbrüche konnten dafür schon jede Menge Rekorde verbucht werden.
    Wer die englische Sekundarschule bis zur Matura überlebt, geht nach Oxbridge – so lautet die englische Bezeichnung für die beiden rivalisierenden Top-Universitäten Oxford und Cambridge . Dort wird er, nebst dem Genuss von Rudern, Nacktbaden, Pimms-Trinken 34 und ausufernden Studentenpartys, sein bachelor’s , master’s oder doctorate machen – und dann direkt in die englische Führungsschicht einsteigen. Alternativ geht man auf eine stinknormale Uni, macht ohne den ganzen elitären Pillepalle sein bachelor’s , master’s oder doctorate – und geht anschließend direkt zum Arbeitsamt.
    Als Abgänger einer privaten Eliteschule wird man natürlich niemals damit protzen, dass man auf einer privaten Eliteschule war, das verbietet schon die englische Neigung zum bescheidenen Understatement. Ja, selbst beiläufige Formulierungen wie „Ach, wo wir gerade über Fallobst sprechen, also … als ich damals auf der Privatschule war …“ sind tabu. Natürlich gibt es gewiefte Methoden, trotzdem raushängen zu lassen, was für ein toller Hecht man doch ist. Man könnte lässig die alte Schulkrawatte im Bett tragen und auf dem Wandkalender im Büro den 4. April, den Geburtstag des Eton-Patrons King George, rot umkringeln. Oder ganz nebenher auf dem Weg zum Bäcker oder zum Postamt den traditionellen boating song vor sich hinsummen. Als Abgänger einer stinknormalen Schule wird man hingegen sein Bestes tun, um den Eindruck zu erwecken, man habe eine elitäre Ausbildung genossen, was selbstverständlich schon an der nicht korrekten Aussprache der Worte Eton, Oxford oder Cambridge kläglich scheitern wird.

Das Verkehrswesen
    Superkreisel, Marmeladensandwichs im Rückspiegel, die härteste Taxifahrerprüfung der Welt und die falsche Sorte Schnee.

    Wenn Sie als Deutscher auf englischen Straßen unterwegs sind, werden Sie häufig das Gefühl haben, dass außer Ihnen ausschließlich fahrerlose Geisterautos unterwegs sind. Aber lassen Sie sich vom ersten Eindruck nicht verunsichern. Der Typ auf dem Beifahrersitz des entgegen kommenden Wagens ist der Fahrer! Und die Frau neben ihm auf dem Fahrersitz, die telefoniert und sich die Nägel macht, ist die Beifahrerin! Besonders furchteinflößend für nicht an den Linksverkehr gewöhnte Autofahrer sind die fröhlich und offenbar völlig willkürlich nach Lust und Laune aneinander gereihten roundabouts , „Verkehrskreisel“. Keine Bange, das Prinzip ist ganz einfach: Jeder fährt linksherum (!) um den Kreisel, bis er seine gewünschte Ausfahrt anhand der Beschilderung ausfindig macht (das kann ein paar Umdrehungen dauern) und sich dann im mehrspurigen Linksrum-Kreisverkehr nach links (!) durch die anderen kreisenden Autos durchwurstelt, um raketenartig nach links (!) durch eine Lücke hindurch auf die linke

Weitere Kostenlose Bücher