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Queenig und spleenig - Wie die Englaender ticken

Queenig und spleenig - Wie die Englaender ticken

Titel: Queenig und spleenig - Wie die Englaender ticken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Puri
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zu erstehen, und dann vor lauter anderen drängelnden und schlechtgelaunten Touristen sowieso nicht die Bohne von irgendwas zu sehen.
    Überhaupt haben die Tube-Ansager an manchen Tagen einen Clown gefrühstückt. Jüngst kündigte einer an: „Guten Tag, hier spricht Ihr Kapitän. Wir werden in Kürze abfahren. Wir werden eine Höhe von etwa null Fuß erreichen, und unsere geplante Ankunftszeit in Morden ist drei Uhr fünfzehn. Die Temperatur in Morden beträgt fünf Grad Celsius, die gleiche Zeitzone wie Mill Hill East, Sie brauchen also nicht Ihre Uhren umzustellen.“ Mitunter wird es auch sehr persönlich: „Der Typ am Ende von Bahnsteig 2, der beschlossen hat, zu defäkieren, möge bitte zur Kenntnis nehmen, dass alle Passagiere, die auf ihre Züge warten, wissen, dass Sie da sind und auch, dass Sie an diesen vorbei müssen, wenn Sie den Bahnhof verlassen, da es keinen anderen Fluchtweg gibt.“ Eine andere Ansage, die sicher vielen Passagieren auf dem morgendlichen Weg ins Büro große Freude bereitet hat, lautete: „Meine Damen und Herren, wir werden in Kürze in Waterloo ankommen. Ich denke, dann werden wir durch den Ärmelkanal weiterfahren und das Wochenende in Paris verbringen.“
    Ende 2007 wurde die ehemalige Silverlink Line in London Overground umbenannt. Sie soll bis spätestens zu den Olympischen Spielen weiter ausgebaut werden, um Reisenden einzigartige Ausblicke auf die Rückseiten von ein paar Industriehallen und drei, vier Schafe zu bieten. Zumindest kurz. Denn eine erstaunliche Besonderheit dieser Overground ist, dass sie weite Strecken underground fährt. Teils sogar unter der Underground .
    Eine beliebte Alternative zur U-Bahn sind Busse. Wer sich nun aber unter einem englischen Bus einen gemütlich vor sich hintuckernden Doppeldecker vorstellt, auf den man locker bei voller Fahrt hinten durch die offene Türe aufspringt, alsdann beim freundlichen Schaffner ein Ticket erwirbt – der hat eindeutig zu viele Miss-Marple-Filme gesehen. Denn wer heutzutage einen roten Doppeldecker, auf Englisch routemaster, entdeckt, der hat entweder seltenes Glück gehabt, ist (viel wahrscheinlicher) in einer Touristenfalle gelandet – oder gleich in einem ganz anderen Land (erstaunlich viele ausrangierte Doppeldecker kurven zum Beispiel durch Hamburgs Straßen). Trotzdem ist Busfahren in England ein echtes Erlebnis, denn englische Busfahrer brettern in ihren modernen Bussen wie die Henker über alle zur Verfügung stehenden Fahrspuren und Straßenuntergründe hinweg, halten stets ruckartig an und scheren grundsätzlich im technisch steilstmöglichen Winkel aus. Setzen Sie sich niemals in die letzte Reihe, wenn Sie nicht passionierter Achterbahnfan sind und ihre Armmuskulatur möglicherweise nicht kräftig genug, um sich energisch gegen die Wirkung der Fliehkraft zu stemmen.
    Erwarten Sie keine deutsche Pünktlichkeit von englischen Bussen. Der Fahrplan der meisten britischen Buslinien sieht es vor, dass der Bus, auf den Sie warten, genauso viel Verspätung hat, dass er gleichzeitig mit zwei anderen Bussen anrollt und Sie nicht mehr wissen, welcher Ihrer ist. Es kann Ihnen aber auch passieren, dass der lang ersehnte Bus fröhlich an Ihnen vorbeiprescht; dann nämlich, wenn es sich um einen request-busstop , auf Deutsch: eine „Anforderungs-Bushaltestelle“, handelt – und Sie natürlich verschwitzt haben, rechtzeitig die Hand auszustrecken. Andere Haltestellen anzusteuern, ist ebenfalls schwierig, da es keine genauen Pläne gibt, auf denen diese verzeichnet wären. Auch im Bus wird nicht angesagt, welche Haltestelle als nächstes kommt. Steigen Sie einfach aus, wenn Sie Ihrem Bauchgefühl nach am Ziel angekommen sind. Und vergessen Sie keinesfalls, sich beim Busfahrer mit einem „Thanks very much“ für die Fahrt zu bedanken. Anschließend treten Sie den langen Weg zu ihrem ursprünglich angesteuerten Ziel an – am besten zu Fuß.
    Der Unterschied zwischen einem bus und einem coach liegt darin, dass ein bus nur innerstädtisch fährt und ein coach über Land, also ein Langstreckenbus ist. Außerdem hat ein coach in der Regel eine Toilette an Bord und weniger unter die Sitze geklebte Kaugummis. Wie man die Busbahnhöfe findet, an denen die coaches abfahren, ist ein gut gehütetes Geheimnis, da diese weder ausgeschildert noch gekennzeichnet sind. Wenn Sie in der nächsten Touristeninformations-Stelle ganz, ganz lieb nachfragen, wird man Ihnen aber möglicherweise (wenn auch mit sehr weit hochgezogenen

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