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Titel: Quellcode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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wir könnten als ein schwarzes Loch operieren, als etwas Nichtexistentes, aber dahin führt kein Weg.« Sie fuhren vom Freeway herunter. »Brauchen Sie irgendetwas?«
    »Wie bitte?«
    »Hubertus möchte, dass Sie alles bekommen, was Sie benötigen. Das ist übrigens wörtlich zu verstehen: Sie arbeiten an einem seiner Lieblingsprojekte.«
    »Lieblingsprojekt?«
    »Kein Warum und Wozu, keine Budgetdeckelung, absolute Priorität in allem. Er beschreibt es als eine Art des Träumens, das geschäftliche Äquivalent zum REM-Schlaf. Er hält es für unabdingbar.« Sie zog aus einem kleinen Fach in der Sonnenblende des VWs eine Visitenkarte und gab sie Hollis. »Also wirklich alles. Einfach anrufen. Haben Sie ein Auto?«
    »Nein.«
    »Wollen Sie das hier haben? Ich kann es Ihnen dalassen.«
    »Nein danke.«
    »Bargeld?«
    »Ich werde Quittungen vorlegen.«
    Pamela Mainwaring zuckte die Achseln.
    Sie fuhren hinein, an den Türskulpturen vorbei. Hollis hatte ihre Tür schon offen, ehe der Wagen zum Stehen gekommen war. »Danke fürs Heimfahren, Pamela. War nett, Sie kennen zu lernen. Gute Nacht.«
    »Gute Nacht.«
    Hollis schloss die Autotür. Der silberne Sedan fuhr schwungvoll nach draußen, auf den Sunset und die Spiegelung der Hotellampen auf seiner Karosserie wurde immer kleiner.
    Ein Security-Mann für die Nacht hielt ihr die Tür auf, eine Art Dichtungshülse als Schmuck im Ohrläppchen. »Miss Henry?«
    »Ja?«
    »Nachricht für Sie an der Rezeption«, sagte er und wies ihr den Weg. An einem sonderbar kreuzförmigen Couchgebilde in jungfräulich weißem Leder vorbei ging Hollis zur Rezeption.
    »Hier, bitte!«, sagte das Hemdenmodel an der Rezeption, als sie ihren Namen genannt hatte. Sie wollte ihn fragen, was er für seine Augenbrauen benutzte, unterließ es aber lieber. Er hatte einen quadratischen braunen Karton hervorgeholt, dessen Seiten etwa 50 Zentimeter lang waren, und ließ sie das dazugehörige Formular mit Durchschlägen unterschreiben.
    »Danke«, sagte Hollis. Der Karton war nicht sehr schwer. Sie drehte sich um und ging Richtung Aufzug.
    Und sah Laura Hyde, genannt Heidi, einst Drummerin von The Curfew, die neben der Kreuzcouch auf sie wartete. Dass Heidi jetzt hier war, machte es wahrscheinlich, dass sie tatsächlich früher am Abend im Auto bei Virgin Records vorbeigefahren war, kombinierte Hollis. »Heidi?« Obwohl eigentlich kein Zweifel daran bestehen konnte.
    »Laura«, verbesserte ihr Gegenüber. Sie trug eine Art Bladerunner-Fußballmutter-Outfit, wahrscheinlich von Girbaud, das in dieser Lobby weit weniger deplatziert wirkte als manches andere. Der Schnitt ihrer dunklen Haare schien irgendwie dazuzupassen, obwohl Hollis Mühe gehabt hätte, das zu erklären.
    »Wie geht's dir, Laura?«
    »Man hat mich aufgespürt. Inchmale hat meine Handynummer von einem Freund in New York bekommen. Einem ehemaligen Freund.« Als ob das Herausrücken der Nummer die Freundschaft beendet hätte. »Er rief an, um mir zu sagen, dass du hier bist.«
    »Das tut mir leid …«
    »Oh, es liegt nicht an dir. Wirklich. Laurence schaut sich zwei Blocks von hier die Aufnahmen des heutigen Drehtags an. Wenn ich nicht hier wäre, wäre ich dort.«
    »Er produziert?«
    »Führt Regie.«
    »Gratulation. Das habe ich nicht gewusst.«
    »Ich auch nicht.«
    Hollis zögerte.
    »Nicht das, worauf ich mich eingelassen habe.« Ihr breiter Mund mit den vollen Lippen wurde zu einem perfekt geraden Strich, nie ein gutes Zeichen bei ihr. »Andererseits geht das vielleicht nicht mehr lange so.«
    Meinte sie damit die Regietätigkeit ihres Ehemanns oder ihre Ehe? Hollis war aus der Drummerin nie ganz schlau geworden. Die anderen auch nicht. Inchmale behauptete immer, deswegen habe sie ja das Trommeln nötig, eine Kommunikationsform der Primaten, die ganz offensichtlich immer funktionierte.
    »Möchtest du was trinken, oder …?« Hollis drehte sich um, den Karton an die Brust gedrückt, ihre improvisierte Handtasche in der Linken. Die weihevollen Kerzen und Kandelaber waren aus der Lobbybar verschwunden, die für ein japanisches Frühstück umgestaltet worden war, oder zumindest ein Frühstück mit schwarzen Essstäbchen, das erst noch serviert werden sollte. Da sie Heidi auf keinen Fall in ihr Zimmer einladen wollte, ging sie weiter in Richtung des endlos lang gezogenen Marmortischs.
    »Nichts zu trinken«, klärte Heidi diese Frage. »Was zum Teufel soll das da sein?« Sie zeigte auf die Rückseite des Raums, vorbei an der ge- und

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