Quellcode
Vorhänge mit dem Unterarm beiseite und blickte hinunter auf den Sunset. Halb erwartete sie, Alberto hätte die Straße mit toten Berühmtheiten gepflastert, eine weitere Demonstration von Ruhm und Un-glück, aber zumindest war nichts sichtbar.
Sie nahm den Helm ab, ging durch die Abwesenheit der Mohnblumen hindurch zum Tisch und berührte verschiedene Tastfelder auf der Innenseite, bis eine grüne LED-Anzeige erlosch. Als sie den Helm in den Karton zurücklegte, bemerkte sie inmitten der Blisterfolie noch etwas anderes.
Sie zog eine aus Vinyl gegossene Figur der Blue-Ant-Ameise heraus. Sie stellte sie auf der Marmorplatte ab, nahm ihre Abendtasche und ging damit ins Badezimmer. Dann ließ sie auf die tägliche Hotelration Duschgel heißes Wasser in die Wanne laufen, leerte in der Zwischenzeit die Tasche aus und füllte sie wieder mit dem üblichen Inhalt.
Schon ausgezogen prüfte sie die Wassertemperatur und legte sich dann in die Wanne.
Sie wusste nicht mehr, weswegen Jimmy sich in Paris so viel Geld von ihr leihen musste, warum sie damit einverstanden gewesen und wie sie überhaupt an so viel Bares gekommen war.
Sie hatte es ihm in Francs gegeben. Es war so lange her.
Das Wasser war so tief, dass es ihre Wangen bedeckte, als sie ihren Kopf auf den Boden der Wanne legte. Ein Gesicht als Inselchen über dem Wasser. Isla de Hollis.
Odiles Mohnblumen. Sie dachte an Albertos Beschreibung, wie er ein neues Prominentenunglück schuf und mit Haut versah. Sie nahm an, Odiles Mohnblumen waren auch eine Art Haut, aber simpler. Sie konnten alles Mögliche sein.
Sie hob ihren Kopf teilweise aus dem Wasser und verteilte Shampoo in ihrem Haar. »Jimmy«, sagte sie, »die Welt ist schon jetzt verrückter und verblödeter, als du es dir jemals vorstellen konntest.« Dann legte sie ihren eingeschäumten Kopf zurück ins Wasser. Das Badezimmer füllte sich mehr und mehr mit der Abwesenheit ihres toten Freundes, und ehe sie sich die Haare ausspülen konnte, kamen ihr schon die Tränen.
25. SUNSET PARK
Vianca saß im Schneidersitz auf Titos Fußboden, seinen Sony-Plasmabildschirm quer über den Knien. Sie trug ein Einmal-Haarnetz und weiße Baumwollhandschuhe und ging mit einem Armor-All-Tuch über den Sony. Wenn sie ihn vollständig abgewischt hatte, würde sie ihn im Herstellerkarton verstauen und diesen abwischen.
Tito, ebenfalls mit Haarnetz und Handschuhen, saß ihr gegenüber und wischte die Tasten seines Casio-Keyboards ab. Ein Karton mit Reinigungszubehör hatte im Hausflur für sie bereit gestanden, dazu ein neuer, teuer aussehender Staubsauger. Deutsches Fabrikat, hatte Vianca gesagt, da kommt nichts außer Luft hinten raus und es bleiben auch keine herumfliegenden Haare oder andere Spuren zurück. Tito hatte seinem Cousin Eusebio bei exakt derselben Prozedur geholfen, nur dass Eusebio hauptsächlich Bücher besaß, von denen gemäß Protokoll jedes einzelne nach vergessenen Zetteln zwischen den Seiten durchgeblättert werden musste, ehe sie abgewischt wurden. Die Gründe für Eusebios Untertauchen waren Tito nie erläutert worden – auch das Teil des Protokolls.
Er sah zu den symmetrisch verteilten Löchern an der Wand, wo der Bildschirm montiert gewesen war. »Weißt du, wo Eusebio ist?«
Vianca hob den Blick von ihrer Wischarbeit und ihre Augen unter dem weißen Papierband des Haarnetzes wurden zu Schlitzen. »Doctores«, sagte sie. »Im Distrito Federal. Ein Viertel. Vielleicht aber auch nicht.« Sie zuckte die Achseln und wischte weiter.
Tito hoffte, dass er nicht nach Mexiko gehen musste, nach Mexiko City. Er hatte die Vereinigten Staaten nie verlassen, seitdem man ihn hierher gebracht hatte, und hatte auch kein Verlangen danach. In diesen Zeiten wäre es wahrscheinlich noch schwieriger, wieder in die Staaten zurückzukommen. Teile der Familie lebten in Los Angeles. Darauf fiele seine Wahl, wenn er denn eine gehabt hätte. »Wir haben gemeinsam Systema trainiert, Eusebio und ich«, sagte er, drehte den Casio um und wischte die andere Seite.
»Er war mein erster Freund«, sagte Vianca. Tito konnte das kaum glauben, bis er sich klarmachte, dass sie kein Teenager mehr war.
»Du weißt nicht, wo er ist?«
Sie zuckte die Achseln. »Doctores, glaub ich. Besser, nichts Genaues zu wissen.«
»Wie entscheiden sie, wohin man geht?«
Sie legte das Tuch auf die Armor-All-Box und nahm ein Styropor-Verpackungsteil zur Hand. Es passte perfekt über ein Ende des Sony. »Hängt davon ab, was sie meinen, wer nach dir
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