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haben?«, fragte der Alte auf Russisch.
»Ja, das haben sie«, antwortete Tito auf Englisch.
»Sehr gut«, sagte der Alte auf Russisch. »Sehr gut.«
43. DIE SACHE STINKT
Die Lobbybar war wieder voll.
Sie fand ihn an dem langen Alabastertisch. Er aß von einem rechteckigen Teller Snacks, die wie Sushis aus rohem Fleisch aussahen. »Wer hat das Bild gemacht?«, fragte sie, als sie nahe genug war, um die Frage leise stellen zu können und doch gehört zu werden.
»Pamela. Sie ist eine ausgezeichnete Fotografin.«
»Ist sie mir gefolgt?«
»Nein. Sie hat Chombo beobachtet. Wie er alles eingepackt hat und ausgezogen ist.«
»Sind Sie sicher, dass er freiwillig ausgezogen ist? Hat ihn nicht die Heimatschutzbehörde verhaftet?«
»Ich glaube nicht, dass er im Weg stehen und rauchen hätte dürfen, während die DHS-Leute Beweise sichern.«
»Das möchte ich persönlich gar nicht herausfinden, ehrlich gesagt. Sie vielleicht?«
»Natürlich nicht. Wollen Sie etwas trinken?«
»Jetzt nicht, danke. Aber ich möchte gerne etwas von Ihnen wissen: Wenn das, was Sie mir bisher erzählt haben, wahr ist, warum macht Ihnen Bobbys Verschwinden dann keine Sorgen? Mir würde es Sorgen machen. Nein, es macht mir Sorgen. Wenn Sie in geheimen Regierungsprogrammen herumschnüffeln, die dazu dienen, geschmuggelte Waffen aufzuspüren, könnten Sie leicht selbst in Schwierigkeiten geraten. Anders gefragt: Wenn das, was Sie mir erzählt haben, wahr ist, warum sind Sie dann noch nicht in Schwierigkeiten?« Damit war sie deutlicher geworden, als sie eigentlich wollte, aber wahrscheinlich musste das so sein.
»Bitte«, sagte Bigend, »setzen Sie sich!«
Die Stühle waren absichtlich zusammengewürfelt. Neben Bigend stand einer, der sie an diese lang gezogenen Figuren von Massaikriegern erinnerte, geschnitzt aus Eisenholz, aber ohne die gefährlichen Stacheln. Bigends Stuhl war aus poliertem Aluminium und ließ an Henry Moore denken. »Nein, danke.«
»Ich weiß nicht, was in diesem komischen Container sein könnte, Hollis. Glauben Sie mir das?«
Sie dachte nach. »Vielleicht. Kommt darauf an.«
»Worauf genau?«
»Darauf, was Sie mir als Nächstes erzählen werden.«
Er lächelte. »Wohin das alles auch führen mag, ich werde Ihnen niemals sagen können, wie ich in diese Sache hineingeraten bin. Können Sie das akzeptieren?«
Wieder dachte Hollis nach. »Ja.« Es hatte auch nicht so geklungen, als gäbe es hier etwas zu verhandeln.
»Und Sie müssen sich auf mein Vorhaben ganz ernsthaft einlassen, wenn wir diese Unterhaltung weiterführen sollen. Ich muss wissen, dass ich mit Ihnen rechnen kann, bevor ich Ihnen mehr erzähle. Und es muss Ihnen klar sein, dass Sie tiefer in diese Sache hineingezogen werden, wenn ich Ihnen mehr erzähle. In dieser Angelegenheit ist der Besitz von Informationen gleichbedeutend mit einer Beteiligung daran. Verstehen Sie?« Er nahm ein scharlachrotes Fleisch-Maki, betrachtete es nachdenklich und steckte es sich dann in den Mund.
Worin auch immer Bigend verwickelt war, dachte Hollis, es war etwas Ernstes. Etwas Ernstes und möglicherweise Bedeutendes. Wenn ihr auch jetzt noch nicht klar war, auf welche Art bedeutend. Sie dachte an den weißen Truck, der um die Ecke verschwunden war, und ihr wurde bewusst, dass sie wirklich wissen wollte, wohin er gefahren war, und warum. Wenn sie sich vorstellte, sie würde es nicht herausbekommen, tauchte Albertos toter River Phoenix vor ihren Augen auf, bäuchlings auf dem Beton vor dem Viper Room . Auch ein Ende.
Bigend tupfte seine Lippen mit einer Cocktailserviette ab und hob fragend die Braue.
»Ja«, sagte Hollis. »Aber wenn ich jemals herausfinde, dass Sie mich anlügen oder mir auch nur etwas verschweigen, dann ist es vorbei. Jegliche Verpflichtung von meiner Seite. Aus und vorbei. Verstanden?«
»Voll und ganz.« Er rundete seinen Mund zu einem Lächeln und winkte den Kellner herbei.
»Ein Drink?«
»Doppelter Scotch«, sagte Hollis. »Ein Eiswürfel.«
Sie blickte nach unten auf den schimmernden Alabaster. All die Kerzen. Drinks. Die Handgelenke der Frauen. Was hatte sie gerade getan?
»Zufällig«, sagte er und blickte dem knackigen Hintern des entschwindenden Kellners mit demselben Ausdruck nach, mit dem er sein Maki betrachtet hatte, »zufällig habe ich heute Morgen etwas erfahren. Etwas, das Bobby betrifft.«
»Ich denke nicht, dass ›zufällig‹ ein zuverlässiger Begriff ist, in solchen Fällen.« Sie probierte den Massaistuhl aus und
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